Enthauptung: Unterschied zwischen den Versionen
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Christa Mörhing schreibt in ihrer Doktorarbeit „Die Geschichte des Blitzableiters“ (Berlin 2005) von der Hinrichtung von Charlotte Corday, dass ihr Kopf unmittelbar nach der Enthauptung vom Henkersknecht Legros aus dem Korb geholt und geohrfeigt worden sei. Hierauf sei ihr Kopf vor Scham und Ärger errötet. "Noch lange zeigte ihr Kopf den ''Ausdruck unmißverständlicher Entrüstung''".<ref>Jean Joseph Sue: Über den Schmerz, der nach der Enthauptung fortdauert. (1797). Zitiert nach Martschukat (2000), 125. Zitiert nach: Christa Mörhing: Die Geschichte des Blitzableiters. Berlin 2005, 304. Zitiert nach: http://e-pub.uni-weimar.de/opus4/files/1374/Dissertation_Moehring.pdf (8.3.14)</ref> Legros soll für seine inakzeptable Verletzung zu drei Monaten Gefängnis bestraft worden sein.<ref>Siehe: Christian Bolte, Klaus Dimmler: Schwarze Witwen und eiserne Jungfrauen, 126. Nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_Corday (22.1.16)</ref> Sollte diese Reaktion tatsächlich erfolgt sein, so geschah es noch innerhalb der ersten Sekunden nach der Enthauptung und kann somit noch als reflexartige Reaktion angesehen werden. Auch dies ist ein Beispiel von intermediären Leben. | Christa Mörhing schreibt in ihrer Doktorarbeit „Die Geschichte des Blitzableiters“ (Berlin 2005) von der Hinrichtung von [[Charlotte Corday]], dass ihr Kopf unmittelbar nach der Enthauptung vom Henkersknecht Legros aus dem Korb geholt und geohrfeigt worden sei. Hierauf sei ihr Kopf vor Scham und Ärger errötet. "Noch lange zeigte ihr Kopf den ''Ausdruck unmißverständlicher Entrüstung''".<ref>Jean Joseph Sue: Über den Schmerz, der nach der Enthauptung fortdauert. (1797). Zitiert nach Martschukat (2000), 125. Zitiert nach: Christa Mörhing: Die Geschichte des Blitzableiters. Berlin 2005, 304. Zitiert nach: http://e-pub.uni-weimar.de/opus4/files/1374/Dissertation_Moehring.pdf (8.3.14)</ref> Legros soll für seine inakzeptable Verletzung zu drei Monaten Gefängnis bestraft worden sein.<ref>Siehe: Christian Bolte, Klaus Dimmler: Schwarze Witwen und eiserne Jungfrauen, 126. Nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_Corday (22.1.16)</ref> Sollte diese Reaktion tatsächlich erfolgt sein, so geschah es noch innerhalb der ersten Sekunden nach der Enthauptung und kann somit noch als reflexartige Reaktion angesehen werden. Auch dies ist ein Beispiel von intermediären Leben. | ||
Stefan Zweig schreibt in seinem Buch "Maria Stuart" auf Seite 328 über ihre Hinrichtung, dass noch eine Viertelstunde lang ihre Lippen zuckten und die Zähne gegeneinander schlugen. Der [[Gerichtsmediziner]] [[E. Trube-Becker]] schrieb hierzu: | Stefan Zweig schreibt in seinem Buch "Maria Stuart" auf Seite 328 über ihre Hinrichtung, dass noch eine Viertelstunde lang ihre Lippen zuckten und die Zähne gegeneinander schlugen. Der [[Gerichtsmediziner]] [[E. Trube-Becker]] schrieb hierzu: | ||
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Stefanie Förderreuther, Privatdozentin an der Uniklinik München, beschreibt den Hirntod als innere Enthauptung.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=41427 Zugriff am 20.5.2015</ref> Diese Formulierung wurde bereits im Plenarprotokoll 13/183 vom 25.6.1997 als „wissenschaftliche Behauptung“ verwendet.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=41427 Zugriff am 20.5.2015.</ref> Auch der Münchner Neurologe Heinz Angstwurm sah den Hirntod als "innere Enthauptung" an: "Der Tod seines Gehirns bedeutet für das höherentwickelte Lebewesen und damit auch für den Menschen eine innere Enthauptung. Sie unterscheidet sich von der äußerlich sichtbaren blutigen Enthauptung dadurch, dass der Kopf nicht sichtbar vom Rumpf getrennt wird, und dadurch, dass Rumpf und Kopfweichteile intensivmedizinisch weiter behandelt werden."<ref>Heinz Angstwurm: Stellungnahme zum Transplantationsgesetz (TPG). In: Deutscher Bundestag,. Ausschuss für Gesundheit. Ausschuss-Drucksache 14/114, S. 6. Zitiert nach: Stefan Rehder: Grauzone Hirntod, 72.</ref> | Stefanie Förderreuther, Privatdozentin an der Uniklinik München, beschreibt den Hirntod als innere Enthauptung.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=41427 Zugriff am 20.5.2015</ref> Diese Formulierung wurde bereits im Plenarprotokoll 13/183 vom 25.6.1997 als „wissenschaftliche Behauptung“ verwendet.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=41427 Zugriff am 20.5.2015.</ref> Auch der Münchner Neurologe Heinz Angstwurm sah den Hirntod als "innere Enthauptung" an: "Der Tod seines Gehirns bedeutet für das höherentwickelte Lebewesen und damit auch für den Menschen eine innere Enthauptung. Sie unterscheidet sich von der äußerlich sichtbaren blutigen Enthauptung dadurch, dass der Kopf nicht sichtbar vom Rumpf getrennt wird, und dadurch, dass Rumpf und Kopfweichteile intensivmedizinisch weiter behandelt werden."<ref>Heinz Angstwurm: Stellungnahme zum Transplantationsgesetz (TPG). In: Deutscher Bundestag,. Ausschuss für Gesundheit. Ausschuss-Drucksache 14/114, S. 6. Zitiert nach: Stefan Rehder: Grauzone Hirntod, 72.</ref> | ||
Erste Überlegungen zur inneren Enthauptung kamen wohl dem jüdischen Arzt und Philosophen [ | Erste Überlegungen zur inneren Enthauptung kamen wohl dem jüdischen Arzt und Philosophen [[Moses Maimonides]] (~1136-1204). Er vertrat die Auffassung, dass die Zuckungen der Enthaupteten nichts mit dem Leben zu tun hat.<ref>Michael de Ridder: wie wollen wir sterben? Ein ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin. München 2011.<br> | ||
Hans Förstl: Theory of Mind. Neurobiologie und Psychologie sozialen Verhaltens. Berlin 2012, 404: "Erste Gedanken zu diesem Thema sind zurückzuverfolgen sogar bis zu Moses Maimonides, einen Rabbiner und Arzt im 13. Jahrhundert, der in den Muskelzuckungen der Enthaupteten keine Zeichen des Lebens sah (Soloveichik 1979)."</ref> | Hans Förstl: Theory of Mind. Neurobiologie und Psychologie sozialen Verhaltens. Berlin 2012, 404: "Erste Gedanken zu diesem Thema sind zurückzuverfolgen sogar bis zu [[Moses Maimonides]], einen Rabbiner und Arzt im 13. Jahrhundert, der in den Muskelzuckungen der Enthaupteten keine Zeichen des Lebens sah (Soloveichik 1979)."</ref> | ||
Der Neurologe Dag Moskopp schreibt hierzu: | Der Neurologe [[Dag Moskopp]] schreibt hierzu: | ||
{{Zitat|Begonnen sie aber zunächst mit dem jüdischen Gelehrten, Moses Maimonides (...). Auch wenn er vor 8 Jahrhunderten lebe und sein Denken nur schwer mit Themen der heitigen modernen Intensivmedizin in Zusammenhang gebracht werden kann, so lässt sich doch näherungsweise und vorsichtig formulieren, dass er dem Wesen nach bereits im 12.Jh. im Zusammenhang mit Hinrichtungen Detailaspekte der heutigen Problematik ansprach und damit im Grunde bereits diejenigen Kritikpunkte entkräftete, die sich um spinale Relfexe ranken.<br>Auch wenn der Vergleich mit einer Dekapitation für Angehörige von Intensivpatienten emotional schwierig sein dürfte, so ist doch letztlich die Tatsache, dass ein real Enthaupteter nie wieder ins Leben zurückkehrt, eine jahrtausendealte Binsenweisheit. Denn nach diesem Prinzip werden seit Menschengedenken Hinrichtungen inszeniert. Mit der Enthauptung ist definitiv ein Punkt der Unumkehrbarkeit ('point of no return') überschritten. Auch nach den Darlegungen in der Mishna ist ein Tier nach der Enthauptung sicher tot, die Bewegungen des Restkörpers stehen dieser Ansicht nicht im Wege.<br>Im Wesentlichen geht es bei den Erwägungen zum Hirntod-Konzept genau um diese einfache Überlegung in Analogie: nämlich ob man in einem intensivmedizinischen Bett einen - vom Nervensystem her betrachtet - funktionell Enthaupteten vor sich hat, der im Gegensatz zu einer realen Enthauptungssituation aber nicht ausgeblutet ist, sondern gut versorgt mit Flüssigkeit und Nährstoffen sowie Sauerstoff vom Beatmungsgerät."<ref>Dag Moskopp: Hirntod. Konzept - Kommunikation - Verantwortung. Stuttgart 2015.</ref>}} | {{Zitat|Begonnen sie aber zunächst mit dem jüdischen Gelehrten, [[Moses Maimonides]] (...). Auch wenn er vor 8 Jahrhunderten lebe und sein Denken nur schwer mit Themen der heitigen modernen Intensivmedizin in Zusammenhang gebracht werden kann, so lässt sich doch näherungsweise und vorsichtig formulieren, dass er dem Wesen nach bereits im 12.Jh. im Zusammenhang mit Hinrichtungen Detailaspekte der heutigen Problematik ansprach und damit im Grunde bereits diejenigen Kritikpunkte entkräftete, die sich um spinale Relfexe ranken.<br>Auch wenn der Vergleich mit einer Dekapitation für Angehörige von Intensivpatienten emotional schwierig sein dürfte, so ist doch letztlich die Tatsache, dass ein real Enthaupteter nie wieder ins Leben zurückkehrt, eine jahrtausendealte Binsenweisheit. Denn nach diesem Prinzip werden seit Menschengedenken Hinrichtungen inszeniert. Mit der Enthauptung ist definitiv ein Punkt der Unumkehrbarkeit ('point of no return') überschritten. Auch nach den Darlegungen in der Mishna ist ein Tier nach der Enthauptung sicher tot, die Bewegungen des Restkörpers stehen dieser Ansicht nicht im Wege.<br>Im Wesentlichen geht es bei den Erwägungen zum Hirntod-Konzept genau um diese einfache Überlegung in Analogie: nämlich ob man in einem intensivmedizinischen Bett einen - vom Nervensystem her betrachtet - funktionell Enthaupteten vor sich hat, der im Gegensatz zu einer realen Enthauptungssituation aber nicht ausgeblutet ist, sondern gut versorgt mit Flüssigkeit und Nährstoffen sowie Sauerstoff vom Beatmungsgerät."<ref>[[Dag Moskopp]]: Hirntod. Konzept - Kommunikation - Verantwortung. Stuttgart 2015.</ref>}} | ||
In einem neurologischen Handbuch schrieb Dag Moskopp: "Gar nicht berücksichtigt wurde 1974 bei der Erstellung der GCS ein Phänomen, über das schon vor fast eintausend Jahren von Maimonides (zitert nach Wijdicks 2001) berichtet wurde, der Spontanbewegungen bei Enthaupteten beobachtet hatte."<ref>Dag Moskopp, Hansdetlef Wassmann: Neurochirurgie. Handbuch für die Weiterbildung und interdiszipliniäres Nachschlagwerk. Stuttgart 2014, 49.</ref> | In einem neurologischen Handbuch schrieb [[Dag Moskopp]]: "Gar nicht berücksichtigt wurde 1974 bei der Erstellung der GCS ein Phänomen, über das schon vor fast eintausend Jahren von [[Maimonides]] (zitert nach Wijdicks 2001) berichtet wurde, der Spontanbewegungen bei Enthaupteten beobachtet hatte."<ref>[[Dag Moskopp]], Hansdetlef Wassmann: Neurochirurgie. Handbuch für die Weiterbildung und interdiszipliniäres Nachschlagwerk. Stuttgart 2014, 49.</ref> | ||
==== Enthauptungen in den Legenden ==== | ==== Enthauptungen in den Legenden ==== |
Aktuelle Version vom 28. November 2022, 13:50 Uhr
Enthauptung ist bezeichnet die gewaltmäßige Abtrennung des Kopfes vom Rumpf. Dies kann durch einen Unfall erfolgen, aber auch als zielgerichtete Handlung zum Zwecke der Hinrichtung.
Enthauptung von Menschen
Enthauptungen
Christa Mörhing schreibt in ihrer Doktorarbeit „Die Geschichte des Blitzableiters“ (Berlin 2005) von der Hinrichtung von Charlotte Corday, dass ihr Kopf unmittelbar nach der Enthauptung vom Henkersknecht Legros aus dem Korb geholt und geohrfeigt worden sei. Hierauf sei ihr Kopf vor Scham und Ärger errötet. "Noch lange zeigte ihr Kopf den Ausdruck unmißverständlicher Entrüstung".[1] Legros soll für seine inakzeptable Verletzung zu drei Monaten Gefängnis bestraft worden sein.[2] Sollte diese Reaktion tatsächlich erfolgt sein, so geschah es noch innerhalb der ersten Sekunden nach der Enthauptung und kann somit noch als reflexartige Reaktion angesehen werden. Auch dies ist ein Beispiel von intermediären Leben.
Stefan Zweig schreibt in seinem Buch "Maria Stuart" auf Seite 328 über ihre Hinrichtung, dass noch eine Viertelstunde lang ihre Lippen zuckten und die Zähne gegeneinander schlugen. Der Gerichtsmediziner E. Trube-Becker schrieb hierzu:
Durch Abtrennen des Kopfes vom Nacken mittels der Guillotine oder durch Beilhiebe werden Hinrichtungen vollzogen. Schon beim Schlag auf den Nacken kommt es zur Reizung des verlängerten Marks und sogleich zu einer Bewußtlosigkeit (Loye), Strassmann) . Als Folge der Durchtrennung der meisten Halsgefäße kommt es sehr rasch zr Verblutung des Rumpfes und des Kopfes. Die am abgetrennten Kopf noch beobachtbaren Bewegungen und Zuckungen stellen terminale Atembewegungen dar. Sie sind Folge plötzlich eintretender, rasch ablaufender Erstickungsvorgänge. Sie beweisen nicht, daß der abgetrennte Kopf noch bei Bewußtsein ist. Dies soll mit Sicherheit auszuschließen sein; denn mimische Gesichtsbewegungen, die ein bewußtes Empfinden beweisen könnten, sind bisher nicht beobachtet worden. Die schnappenden Atembewegungen bzw. Zuckungen der Lippen erstrecken sich auf einen Zeitraum, der höchstens einen Bruchteil einer Minute erfaßt, keinesfalls jedoch eine Viertelstunde; konvulsivisches Zucken der Lippen und Gegeneinanderschlagen der Zähne bis eine Viertelstunde nach der Dekapitation zu beobachten, ist anatomisch und physiologisch unmöglich.[3] |
Eine Enthauptung besonderer Art ist das traumatisierte Kriegserlebnis meines Vaters (*1925), das er an der Ostfront erlebte:
Die russische Armee brach mit Panzern des Typs T-34 und Infantrieunterstüzung durch. Die deutsche Stellungen wurden überrannt, die Soldaten versprengt. Mein Vater (1925-2006) floh, sich an seinen erfahrenen Gruppenführer haltend. Hinter einer einfachen Hütte verschnauften die beiden kurz, dann sagte der Gruppenführer: "Auf, Schäfer, wir müssen weiter!" Damit rannte der Gruppenführer los, mein Vater hinterher. Da schoss einer der Panzer auf diese Hütte. Die Granate durchschlug mit Leichtigkeit die Bretter der Hütte, flog am Kopf meines Vaters vorbei, traf den vorauslaufenden Gruppenführer am Hals oder Kopf und explodierte in der Ferne. Mein Vater sah nur, dass der Gruppenführer plötzlich keinen Kopf mehr hatte, Blut aus dem Hals quellend ein paar Schritte machte, stürzte, wieder aufstand, nochmals ein paar Schritte machte, um dann für immer liegen zu bleiben. Mein Vater war von diesem Erlebnis so mitgenommen, dass er zwei Wochen nicht fronttauglich war.[Anm. 1] |
Innere Enthauptung
Stefanie Förderreuther, Privatdozentin an der Uniklinik München, beschreibt den Hirntod als innere Enthauptung.[4] Diese Formulierung wurde bereits im Plenarprotokoll 13/183 vom 25.6.1997 als „wissenschaftliche Behauptung“ verwendet.[5] Auch der Münchner Neurologe Heinz Angstwurm sah den Hirntod als "innere Enthauptung" an: "Der Tod seines Gehirns bedeutet für das höherentwickelte Lebewesen und damit auch für den Menschen eine innere Enthauptung. Sie unterscheidet sich von der äußerlich sichtbaren blutigen Enthauptung dadurch, dass der Kopf nicht sichtbar vom Rumpf getrennt wird, und dadurch, dass Rumpf und Kopfweichteile intensivmedizinisch weiter behandelt werden."[6]
Erste Überlegungen zur inneren Enthauptung kamen wohl dem jüdischen Arzt und Philosophen Moses Maimonides (~1136-1204). Er vertrat die Auffassung, dass die Zuckungen der Enthaupteten nichts mit dem Leben zu tun hat.[7] Der Neurologe Dag Moskopp schreibt hierzu:
Begonnen sie aber zunächst mit dem jüdischen Gelehrten, Moses Maimonides (...). Auch wenn er vor 8 Jahrhunderten lebe und sein Denken nur schwer mit Themen der heitigen modernen Intensivmedizin in Zusammenhang gebracht werden kann, so lässt sich doch näherungsweise und vorsichtig formulieren, dass er dem Wesen nach bereits im 12.Jh. im Zusammenhang mit Hinrichtungen Detailaspekte der heutigen Problematik ansprach und damit im Grunde bereits diejenigen Kritikpunkte entkräftete, die sich um spinale Relfexe ranken. Auch wenn der Vergleich mit einer Dekapitation für Angehörige von Intensivpatienten emotional schwierig sein dürfte, so ist doch letztlich die Tatsache, dass ein real Enthaupteter nie wieder ins Leben zurückkehrt, eine jahrtausendealte Binsenweisheit. Denn nach diesem Prinzip werden seit Menschengedenken Hinrichtungen inszeniert. Mit der Enthauptung ist definitiv ein Punkt der Unumkehrbarkeit ('point of no return') überschritten. Auch nach den Darlegungen in der Mishna ist ein Tier nach der Enthauptung sicher tot, die Bewegungen des Restkörpers stehen dieser Ansicht nicht im Wege. Im Wesentlichen geht es bei den Erwägungen zum Hirntod-Konzept genau um diese einfache Überlegung in Analogie: nämlich ob man in einem intensivmedizinischen Bett einen - vom Nervensystem her betrachtet - funktionell Enthaupteten vor sich hat, der im Gegensatz zu einer realen Enthauptungssituation aber nicht ausgeblutet ist, sondern gut versorgt mit Flüssigkeit und Nährstoffen sowie Sauerstoff vom Beatmungsgerät."[8] |
In einem neurologischen Handbuch schrieb Dag Moskopp: "Gar nicht berücksichtigt wurde 1974 bei der Erstellung der GCS ein Phänomen, über das schon vor fast eintausend Jahren von Maimonides (zitert nach Wijdicks 2001) berichtet wurde, der Spontanbewegungen bei Enthaupteten beobachtet hatte."[9]
Enthauptungen in den Legenden
Zu den Legenden hingegen gehören diese Erzählungen, die chronologisch sortiert sind:
- 3. Jh. = Dionysius von Paris
Dionysius soll um das Jahr 250 der erste Bischof von Paris gewesen sein. Auf dem Montmartre soll er enthauptet worden sein, sein abgeschlagenes Haupt in einer nahegelegenen Quelle gewaschen und in seine Händen haltend 6 km bis zur heutigen Basilika Saint-Denis getragen haben. - 1401 = Klaus Störtebeker
Der Freibeuterkapitän Klaus Störtebeker wurde 1401 vor Helgoland gefangen genommen und in Hamburg mit 72 Gefährten enthauptet. Klaus Störtebeker soll darum gebeten worden sein, den Gefährten das Leben zu schenken, an denen er kopflos vorbeischreitet. Als der enthauptete Klaus Störtebeker am 11. Gefährten vorbeigeschritten sei, soll ihm ein Bein gestellt worden sein. Dennoch wurden alle enthauptet.
http://www.welt.de/vermischtes/article116000472/Der-Mann-der-Tote-zum-Leben-erwecken-kann.html
Enthauptung von Tieren
Enthauptung von Kakalaken
Wenn man bei diesem Thema auf die Tierwelt ausweicht, gehört die kopflose Kakerlake mit zu den rekordhaltern. Sie kann kopflos bis zu 9 Tage weiterleben. Dies ist ihr möglich, weil sie nicht ein Gehirn besitzt, sondern mehrere im Körper verteilte Gehirnsegmente.[Anm. 2] Daher verhungert und verdurstet eine kopflose Kakerlake.[10]
Enthauptung von Hühnern
Es gehört zum Allgemeinwissen, dass enthauptete Hühner noch einige Minuten herumlaufen und/oder auch flattern. Menschen wollen dieses Phänomen verstehen und suchen nach Antworten.[11]
Der fünfeinhalb Monate alte Hahn Mike ging jedoch in die Geschichte ein: Sein Besitzer Lloyd Olsen aus Fruita (Colorado) wollte ihn für die Schwiegermutter in den Kochtopf. Das Enthaupten am 10.9.1945 gelang nicht wie sonst. Es bedurfte eines "Nachschlags". Zum Erstaunen von Lloyd Olsen starb Mike nicht. Eine Woche später brachte er seinen immer noch lebenden Hahn zur Abklärung in die 400 km entfernte University of Utah in Salt Lake City. Es wurde festgestellt, dass das Stammhirn, das die lebenswichtigen Funktionen wie Atmung steuert, noch funktioniert. Der Hahn konnte noch unsicher laufen und sich auf einer Stange halten. Olsen sorgte daher für Mike´s Wohlergehen. Er fütterte ihn mit einer Mischung aus Milch und Wasser direkt in die Speiseröhre. Olsen stellte seinen lebenden enthaupteten Hahn für 25 Cent zur Schau. In Spitzenzeiten verdiente Olsen damit monatlich 4.500 US-$ (heute etwa 50.000 $). Mike wurde auf etwa 10.000$ geschätzt. März 1957 verstarb Mike und wurde untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Axt die Halsschlagader verfehlte und sich dadurch ein Blutgerinsel gebildet hatte, die Mike vor dem Verbluten bewahrt hatte. Von seinen insgesamt 23 Monaten verbrachte Mike 18 kopflos.
Tierversuche
Albert Camus (1913-1960) zitierte im Jahr 1956 eine Mitteilung an die Akademie der Medizin von einem Tierversuch an Ratten. Clemantina van Rijn und ihr Team enthauptete 9 wache und 8 anästhesierte Ratten. Die Köpfe hatten noch 3 bis 4 Sekunden Bewusstsein. Der Hirntod sei nach 17 Sekunden eingetreten.[12][Anm. 3]
Anhang
Anmerkungen
- ↑ Es gab für meinen Vater keinen Grund, sich dies auszudenken oder zu übertreiben. Dazu war er nicht der Mensch. Dieser Krieg hat ihn zu sehr geprägt. Es gibt für mich daher keinen Hauch an Grund, meinem Vater dies nicht zu glauben.
Was Menschen in den letzten Sekunden ihres Lebens vermögen, schilderte die Bibel an einem grausamen Beispiel in 2.Mak 14,46: "Fast schon verblutet, riss er sich die Eingeweide aus dem Leib, packte sie mit beiden Händen und schleuderte sie auf die Leute hinunter; dabei rief er den Herrn über Leben und Tod an, er möge sie ihm wiedergeben. So starb er." - ↑ Im Brustbereich ist ein Segment, das die Bewegung von Beinen und Flügeln steuert, im Hinterleib steuert ein Segment die Verdauung. Diese Gehirnsegmente sind vom Segment im Kopf weitestgehend unabhängig. Siehe: http://www.schaben-spinnen.de/Content/content.php?cont=anatomie // http://www.schaben-spinnen.de/Content/content.php?cont=anatomie http://www.spektrum.de/quiz/welches-tier-kann-am-laengsten-ohne-kopf-ueberleben/1063674 // http://www.unnuetzes.com/wissen/7459/kakerlake/ (21.1.2016)
- ↑ Es darf davon ausgegangen werden, dass nach 17 Sekunden kein Hirntod festgestellt wurde, sondern dass nach 17 Sekunden keinerlei Hirnaktivitäten feststellbar waren.
Einzelnachweise
- ↑ Jean Joseph Sue: Über den Schmerz, der nach der Enthauptung fortdauert. (1797). Zitiert nach Martschukat (2000), 125. Zitiert nach: Christa Mörhing: Die Geschichte des Blitzableiters. Berlin 2005, 304. Zitiert nach: http://e-pub.uni-weimar.de/opus4/files/1374/Dissertation_Moehring.pdf (8.3.14)
- ↑ Siehe: Christian Bolte, Klaus Dimmler: Schwarze Witwen und eiserne Jungfrauen, 126. Nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_Corday (22.1.16)
- ↑ E. Trube-Becker: Wie sind Bewegungen der Gesichtsmuskulatur nach Dekapitation zu deuten? In: Med. Klinik 56.1 (1961), 374.
- ↑ http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=41427 Zugriff am 20.5.2015
- ↑ http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=41427 Zugriff am 20.5.2015.
- ↑ Heinz Angstwurm: Stellungnahme zum Transplantationsgesetz (TPG). In: Deutscher Bundestag,. Ausschuss für Gesundheit. Ausschuss-Drucksache 14/114, S. 6. Zitiert nach: Stefan Rehder: Grauzone Hirntod, 72.
- ↑ Michael de Ridder: wie wollen wir sterben? Ein ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin. München 2011.
Hans Förstl: Theory of Mind. Neurobiologie und Psychologie sozialen Verhaltens. Berlin 2012, 404: "Erste Gedanken zu diesem Thema sind zurückzuverfolgen sogar bis zu Moses Maimonides, einen Rabbiner und Arzt im 13. Jahrhundert, der in den Muskelzuckungen der Enthaupteten keine Zeichen des Lebens sah (Soloveichik 1979)." - ↑ Dag Moskopp: Hirntod. Konzept - Kommunikation - Verantwortung. Stuttgart 2015.
- ↑ Dag Moskopp, Hansdetlef Wassmann: Neurochirurgie. Handbuch für die Weiterbildung und interdiszipliniäres Nachschlagwerk. Stuttgart 2014, 49.
- ↑ http://www.focus.de/wissen/experten/ludwig/einfach-nicht-umzubringen-kakerlaken-ueberleben-neun-tage-ohne-kopf_id_3620181.html (21.1.2016)
- ↑ www.gutefrage.net/frage/warum-laufen-huehner-immer-noch-weiter-wenn-sie-enthauptet-werden
- ↑ Marie Gloris Bardiaux-Vaiente: Histoire de l’abolition de la peine de mort dans les six pays fondateurs de l’Union europ ́eenne. Bordeaux 2015, 265. Nach: https://tel.archives-ouvertes.fr/tel-01246549/document Zugriff am 18.12.2017.