Beschleunigtes Vermittlungsverfahren: Unterschied zwischen den Versionen

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Das beschleunigte Vermittlungsverfahren soll dazu dienen, dass möglichst viele Organe vermittelt werden können, auch die Organe, bei denen es nicht planmäßig abläuft.
Das beschleunigte Vermittlungsverfahren soll dazu dienen, dass möglichst viele Organe vermittelt werden können, auch die Organe, bei denen über das [[Standardverfahren]] oder [[modifiziertes Vermittlungsverfahren]] ein Verlust des Organs droht.


=== Der "Skandal" ===
=== Der "Skandal" ===
==== Die Anfrage ====
==== Die Anfrage ====
Am 5.6.2012 beantworte das Bundesgesundheitsministerium eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. [https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Terpe Harald Terpe].<ref group="Anm.">Harald Terpe wird Wochen später in verschiedenen großen Zeitungen namentlich genannt, dass es ihm aufgefallen sei, wie sehr Zahl der Organe zugenommen haben, die über das beschleunigte Vermittlungsverfahren vermittelt wurden.</ref> Darin heißt es:<ref>http://www.harald-terpe.de/fileadmin/user_upload/terpe/pdf/schriftliche_frage_terpe_organspende.pdf Zugriff am 14.2.2015.</ref>
Am 5.6.2012 beantworte das Bundesgesundheitsministerium eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. [https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Terpe Harald Terpe]. Darin heißt es:<ref>http://www.harald-terpe.de/fileadmin/user_upload/terpe/pdf/schriftliche_frage_terpe_organspende.pdf Zugriff am 14.2.2015.</ref>
{{Zitat|Im Ergebnis ist festzuhalten, dass sowohl das Standardvermittlungsverfahren als auch das beschleunigte Vermittlungsverfahren "übliche Vermittlungsverfahren" darstellen; beide folgen den Regeln der Bundesärztekammer nach § 16 Absatz 1 Nr. 5 TPG, so dass eine "Umgehung" der üblichen Allokationsregeln darin '''nicht''' zu sehen ist.}}
{{Zitat|Im Ergebnis ist festzuhalten, dass sowohl das Standardvermittlungsverfahren als auch das beschleunigte Vermittlungsverfahren "übliche Vermittlungsverfahren" darstellen; beide folgen den Regeln der Bundesärztekammer nach § 16 Absatz 1 Nr. 5 TPG, so dass eine "Umgehung" der üblichen Allokationsregeln darin '''nicht''' zu sehen ist.}}
In der Anlage wurden die realen wie auch die Prozentzahlen der Vermittlungen für Herz, Lunge, Niere, Leber und Pankreas der Jahre 2002 bis 2012 mitgegeben. Hieraus werden in der nachfolgenden Tabelle nur die Prozentzahlen gelistet:
In der Anlage wurden die realen wie auch die Prozentzahlen der Vermittlungen für Herz, Lunge, Niere, Leber und Pankreas der Jahre 2002 bis 2012 mitgegeben. Hieraus werden in der nachfolgenden Tabelle nur die Prozentzahlen gelistet:
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Harald Terpe wird Wochen später in verschiedenen großen Zeitungen namentlich genannt, dass es ihm aufgefallen sei, wie sehr Zahl der Organe zugenommen haben, die über das beschleunigte Vermittlungsverfahren vermittelt wurden. Es deutet somit alles darauf hin, dass Harald Terpe der Verursacher dieses Medienrummels war, der den Eindruck erweckte, dass auch hier ein Skandal dahinter stecke.


==== Pressemeldungen ====
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Am 7.8.2012 veröffentlichte die Ärztin Heike Le Ker beim Spiegel den Artikel "Schwächen des Warteliste-Verfahrens: Trickserei mit rettenden Organen". Darin heißt es: "... Jetzt wird der Verdacht laut, dass bei der Organvergabe in zunehmender Zahl das sogenannte beschleunigte Vermittlungsverfahren angewendet wird, bei dem Krankenhäuser die Organe direkt an selbst ausgesuchte Patienten verteilt haben sollen. Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery sagte zu SPIEGEL ONLINE: 'Diese Entwicklung beobachten wir kritisch, eine solche Vergabe darf nicht Überhand nehmen.'" - Und weiter:<br>
Am 7.8.2012 veröffentlichte die Ärztin Heike Le Ker beim Spiegel den Artikel "Schwächen des Warteliste-Verfahrens: Trickserei mit rettenden Organen". Darin heißt es: "... Jetzt wird der Verdacht laut, dass bei der Organvergabe in zunehmender Zahl das sogenannte beschleunigte Vermittlungsverfahren angewendet wird, bei dem Krankenhäuser die Organe direkt an selbst ausgesuchte Patienten verteilt haben sollen. Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery sagte zu SPIEGEL ONLINE: 'Diese Entwicklung beobachten wir kritisch, eine solche Vergabe darf nicht Überhand nehmen.'" - Und weiter:<br>
"Lehnen drei Zentren das Organ ab, so kann die Klinik die entnommenen Organe an Ort und Stelle an selbst ausgewählte Patienten vermitteln - so wurden in Deutschland 2010 40 Prozent aller Lebern vergeben." - Und weiter:<br>
"Lehnen drei Zentren das Organ ab, so kann die Klinik die entnommenen Organe an Ort und Stelle an selbst ausgewählte Patienten vermitteln - so wurden in Deutschland 2010 40 Prozent aller Lebern vergeben." - Und weiter:<br>
"Auf der anderen Seite lässt diese Regelung Spielraum für Manipulationen, denn das beschleunigte Vermittlungsverfahren kommt auch dann zum Einsatz, wenn ein Organ als "eingeschränkt vermittelbar" eingeschätzt wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Spender alt war - was in der Tat immer häufiger der Fall ist - und bestimmte Grundkrankheiten hatte. Aufgrund der Häufungen in den vergangenen Jahren besteht der Verdacht, dass Organe jedoch häufiger als notwendig mit dem Stempel 'eingeschränkt vermittelbar' versehen worden sein könnten."
"Auf der anderen Seite lässt diese Regelung Spielraum für Manipulationen, denn das beschleunigte Vermittlungsverfahren kommt auch dann zum Einsatz, wenn ein Organ als 'eingeschränkt vermittelbar' eingeschätzt wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Spender alt war - was in der Tat immer häufiger der Fall ist - und bestimmte Grundkrankheiten hatte. Aufgrund der Häufungen in den vergangenen Jahren besteht der Verdacht, dass Organe jedoch häufiger als notwendig mit dem Stempel 'eingeschränkt vermittelbar' versehen worden sein könnten."


'''7.8.2012: Frankfurter Rundschau'''
'''7.8.2012: Frankfurter Rundschau'''

Version vom 5. August 2015, 18:17 Uhr

Das beschleunigte Vermittlungsverfahren soll dazu dienen, dass möglichst viele Organe vermittelt werden können, auch die Organe, bei denen über das Standardverfahren oder modifiziertes Vermittlungsverfahren ein Verlust des Organs droht.

Der "Skandal"

Die Anfrage

Am 5.6.2012 beantworte das Bundesgesundheitsministerium eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. Harald Terpe. Darin heißt es:[1]

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass sowohl das Standardvermittlungsverfahren als auch das beschleunigte Vermittlungsverfahren "übliche Vermittlungsverfahren" darstellen; beide folgen den Regeln der Bundesärztekammer nach § 16 Absatz 1 Nr. 5 TPG, so dass eine "Umgehung" der üblichen Allokationsregeln darin nicht zu sehen ist.

In der Anlage wurden die realen wie auch die Prozentzahlen der Vermittlungen für Herz, Lunge, Niere, Leber und Pankreas der Jahre 2002 bis 2012 mitgegeben. Hieraus werden in der nachfolgenden Tabelle nur die Prozentzahlen gelistet:

Organ 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Herz 8,4 10,7 9,8 14,9 19,7 22,6 20,5 20,4 17,6 22,1 25,8
Lunge 10,6 15,3 18,4 21,6 28,5 30,8 20,0 20,9 23,2 28,7 30,3
Leber 9,1 11,3 20,6 31,8 29,6 27,0 28,2 30,7 36,1 38,5 37,1
Niere 4,0 4,5 4,6 6,5 7,5 6,9 6,4 6,3 7,1 10,2 9,6
Pankreas 6,3 4,0 3,6 7,0 9,9 12,1 13,7 11,1 22,3 47,4 43,7

Harald Terpe wird Wochen später in verschiedenen großen Zeitungen namentlich genannt, dass es ihm aufgefallen sei, wie sehr Zahl der Organe zugenommen haben, die über das beschleunigte Vermittlungsverfahren vermittelt wurden. Es deutet somit alles darauf hin, dass Harald Terpe der Verursacher dieses Medienrummels war, der den Eindruck erweckte, dass auch hier ein Skandal dahinter stecke.

Pressemeldungen

7.8.2012: Der Spiegel Am 7.8.2012 veröffentlichte die Ärztin Heike Le Ker beim Spiegel den Artikel "Schwächen des Warteliste-Verfahrens: Trickserei mit rettenden Organen". Darin heißt es: "... Jetzt wird der Verdacht laut, dass bei der Organvergabe in zunehmender Zahl das sogenannte beschleunigte Vermittlungsverfahren angewendet wird, bei dem Krankenhäuser die Organe direkt an selbst ausgesuchte Patienten verteilt haben sollen. Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery sagte zu SPIEGEL ONLINE: 'Diese Entwicklung beobachten wir kritisch, eine solche Vergabe darf nicht Überhand nehmen.'" - Und weiter:
"Lehnen drei Zentren das Organ ab, so kann die Klinik die entnommenen Organe an Ort und Stelle an selbst ausgewählte Patienten vermitteln - so wurden in Deutschland 2010 40 Prozent aller Lebern vergeben." - Und weiter:
"Auf der anderen Seite lässt diese Regelung Spielraum für Manipulationen, denn das beschleunigte Vermittlungsverfahren kommt auch dann zum Einsatz, wenn ein Organ als 'eingeschränkt vermittelbar' eingeschätzt wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Spender alt war - was in der Tat immer häufiger der Fall ist - und bestimmte Grundkrankheiten hatte. Aufgrund der Häufungen in den vergangenen Jahren besteht der Verdacht, dass Organe jedoch häufiger als notwendig mit dem Stempel 'eingeschränkt vermittelbar' versehen worden sein könnten."

7.8.2012: Frankfurter Rundschau Am 7.8.2012 veröffentlichte Timot Szent-Ivanyi in der Frankfurter Rundschau den Artikel: "Organspende: An der Warteliste vorbei". Darin heißt es: "Immer mehr Spenderorgane werden im sogenannten beschleunigten Verfahren an Patienten vermittelt. Davon gibt es aber mittlerweile so viele, dass der Verdacht der Manipulation besteht." - Und weiter:
"Wenn der Spender zu alt war und/oder an einer Virus- oder Tumorerkrankung litt, findet sich eventuell kein geeigneter Empfänger. Lehnen drei Kliniken (bei Niere: fünf) das Angebot aus medizinischen Gründen ab, gilt das sogenannte 'beschleunigte Vermittlungsverfahren' oder 'Zentrumsangebot'.
Die entsprechenden Organe können dann von der Klinik, in der sich der Spender befindet, selbst zugeteilt werden. Damit soll verhindert werden, dass das gespendete Organe verloren geht. Dieses Verfahren macht Sinn, wenn es sich um Einzelfälle handelt. Doch dies ist nicht der Fall. Das zeigen Zahlen, die der Grünen-Gesundheitsexperte Harald Terpe von der Bundesregierung verlangt und mittlerweile auch bekommen hat." - Und weiter:
"Auch der Grünen-Politiker Terpe wundert sich und fordert eine genaue Untersuchung. 'Der enorme Anstieg dieser Transplantationen ist erklärungsbedürftig', sagte er der Berliner Zeitung. Die Praxis der beschleunigten Vermittlung sollte transparent gemacht und von einer unabhängigen Einrichtung evaluiert werden, verlangte Terpe. 'Nach den Ereignissen in Göttingen und Regensburg müssen wir alles tun, um sicherzugehen, dass nicht auch an anderer Stelle manipuliert wird.'"

Es brach im Jahr 2012 in Deutschland eine wahre Phobie aus, dass man den Verdacht hatte, dass hinter allen auffälligen Zahlen Manipulation stehe. Weil man offensichtlich zu wenig vom Ablauf der Zuweisung beim beschleunigten Vermittlungsverfahren wusste und nur auf die Zahlen sah, witterte man auch hier Verdacht auf Manipulation.
Die Prüfungskommission der BÄK beschäftigte sich daher auch mit diesem Verdacht und schrieb im Jahr 2013 im Kurzstatement ihres Abschlussberichtes: "Auch ergeben sich keine Bedenken gegen das beschleunigte Vermittlungsverfahren als solches. Insbesondere haben sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen mit Hilfe dieses Verfahrens ergeben."[2]

Die BÄK

Am 7.8.2012 trat die BÄK mit einer Presseerklärung zum beschleunigten Vermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit. Darin wurde eine Grafik der Entwicklung von 2007 bis 2012 abgebildet. Sie entspricht den Zahlen vom Bundesgesundheitsministerium.
In dieser Presseerklärung wurde klar darauf hingewiesen, dass die Richtlinien der BÄK für die Zuteilung der Organe 3 Vermittlungsverfahren gibt, die allesamt über ET laufen:

  1. Standardverfahren
    Hierbei werden die transplantierbaren Organe an ET gemeldet. ET ermittelt aus den eingegebenen Daten die Empfänger für diese Organe und verständigt die entsprechenden TXZ, in denen diese Patienten gelistet sind. Diese verständigen die Patienten. Wenn das Organ angenommen wird, erfolgt diese Rückmeldung des TXZ an ET. Wenn alle transplantierbare Organe eines Hirntoten vermittelt sind, wird dies an den Koordinator der DSO gemeldet. Damit kann dort mit der Organentnahme begonnen werden.
  2. Modifiziertes Vermittlungsverfahren
    Organe mit Funktionseinschränkungen oder Organe von Spendern mit bestimmten Vorerkrankungen können nicht über das Standardverfahren vermittelt werden. Für diese "schwer vermittelbare Organe", so bezeichnet sie die BÄK, gibt es eigene Richtlinien, die erfüllt sein müssen, dass ein Organ zu dieser Gruppe gehört. Die Vermittlung erfolgt wie beim Standardverfahren über ET.
  3. Beschleunigtes Vermittlungsverfahren
    "Gelingt eine Organallokation nach einem der beiden patientengerichteten Vermittlungsverfahren (Standard- oder modifiziertes Vermittlungsverfahren) nicht oder droht aus anderen im folgenden ausgeführten Gründen der Verlust eines Spenderorgans, kann Eurotransplant zum sogenannten beschleunigten Vermittlungsverfahren wechseln. Da es um die Vermeidung eines Verlustes des Spenderorganes geht, wird dieses Vermittlungsverfahren auch "Rettungsallokation" oder englisch "rescue allocation" genannt: Nach den Richtlinien zur Organtransplantation der Bundesärztekamme ist Eurotransplant zu diesem Verfahren berechtigt, 'wenn:
    - eine Kreislaufinstabilität des Spenders eintritt oder
    - aus logistischen oder organisatorischen Gründen ein Organverlust droht oder
    - aus spender- oder aus organbedingten Gründen drei Zentren das Angebot eines

Herzens, von Lungen, eines Pankreas oder einer Leber oder fünf Zentren das Angebot einer Niere abgelehnt haben. Im beschleunigten Vermittlungsverfahren gilt für jedes Organangebot eine Erklärungsfrist von maximal 30 Minuten. Wenn sie überschritten wird, gilt das Angebot aus organisatorischen Gründen als abgelehnt. Um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten, werden Organe im beschleunigten Vermittlungsverfahren primär innerhalb einer Region angeboten.'"

Damit stellt die BÄK deutlich heraus,

  • dass die Wahl des Vermittlungsverfahrens an konkreten Fakten gebunden ist und nicht der Beliebigkeit von Ärzten unterliegt
  • dass in allen drei Vermittlungsverfahren die Vermittlung immer über ET erfolgt
  • dass mit dem beschleunigten Vermittlungsverfahren kein Organ an ET vorbei vermittelt wird.


Im August 2012 war im Ärzteblatt zu lesen:[3]

Nach den Richtlinien zur Organtransplantation der Bundesärztekamme ist Eurotransplant zu diesem Verfahren berechtigt, "wenn:
  • eine Kreislaufinstabilität des Spenders eintritt oder
  • aus logistischen oder organisatorischen Gründen ein Organverlust droht oder
  • aus spender- oder aus organbedingten Gründen drei Zentren das Angebot eines Herzens, von Lungen, eines Pankreas oder einer Leber oder fünf Zentren das Angebot einer Niere abgelehnt haben.

Im beschleunigten Vermittlungsverfahren gilt für jedes Organangebot eine Erklärungsfrist von maximal 30 Minuten. Wenn sie überschritten wird, gilt das Angebot aus organisatorischen Gründen als abgelehnt.

Um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten, werden Organe im beschleunigten Vermittlungsverfahren primär innerhalb einer Region angeboten. Die Vermittlungsstelle stellt dabei dem Zentrum oder den Zentren eine Liste von potenziellen Empfängern zur Verfügung, nach der das Zentrum oder die Zentren den gegenwärtig am besten geeigneten Empfänger in der Reihenfolge der Auflistung auswählen. Wenn Patienten aus mehr als einem Zentrum in Betracht kommen, wird das Organ dem Patienten zugeteilt, für den die Akzeptanzerklärung des zuständigen Zentrums als erste bei der Vermittlungsstelle eingegangen ist. Die Zentren müssen die Gründe für ihre Auswahlentscheidung gegenüber der Vermittlungsstelle dokumentieren."

Am 9.12.2013 traten neue Richtlinien für die Vermittlung der Organe in Kraft, somit auch für das modifizierte und beschleunigte Vermittlungsverfahren .[4]

Die seither geltenden Richtlinien der Allkokation sind (Stand 9.12.2013):

Voraus ging im August eine Richtlinie für die Leber.

Beispiel: Richtlinie der BÄK zur Leber
In de Richtlinie der BÄK für die Vergabe der Leber steht zum beschleunigten Vermittlungsverfahren:[5]

Die Vermittlungsstelle entscheidet über die Einleitung des beschleunigten Vermittlungsverfahrens auf der Grundlage aller vorhandenen Informationen. Dieses Verfahren wird insbesondere durchgeführt, wenn

- durch eine Kreislaufinstabilität des Spenders oder
- aus logistischen oder organisatorischen Gründen oder
- aus spender- oder aus organbedingten Gründen
ein Organverlust droht.

Dabei ist das folgende abgestufte Vorgehen zu beachten:

1. Um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten, wird ein Organ im beschleunigten Vermittlungsverfahren allen Zentren einer Region der Koordinierungsstelle, in der sich das Organ zum Zeitpunkt des Angebotes befindet, sowie anderen nahegelegenen Zentren angeboten. Die Zentren wählen aus ihrer Warteliste bis zu zwei geeignete Empfänger aus und melden diese an die Vermittlungsstelle. Die Vermittlungsstelle vermittelt dann das Organ innerhalb der Gruppe der so gemeldeten Patienten entsprechend der Reihenfolge, wie sie sich aus den im besonderen Teil der Richtlinie beschriebenen Verteilungsregeln ergibt. Für jedes Organangebot gilt eine Erklärungsfrist von maximal 30 Minuten. Wenn sie überschritten wird, gilt das Angebot als abgelehnt.

2. Gelingt eine Vermittlung nach diesem Verfahren nicht, kann die Vermittlungsstelle das Organ auch weiteren Zentren anbieten. Die Zentren teilen ggf. der Vermittlungsstelle den gegenwärtig am besten geeigneten Empfänger mit. Wenn Patienten aus mehr als einem Zentrum in Betracht kommen, wird das Organ dem Patienten zugeteilt, für den die Akzeptanzerklärung des zuständigen Zentrums als erste bei der Vermittlungsstelle eingegangen ist.

Die Zentren müssen die Gründe für ihre Auswahlentscheidung dokumentieren.

3. Gelingt eine Vermittlung des Organs innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Vermittlungsstelle nicht, kann diese das Organ auch anderen Organaustauschorganisationen anbieten, um den Verlust des Organs möglichst zu vermeiden.

Chronologie

2004

Im Ärzteblatt vom Mai 2004


http://www.aerzteblatt.de/archiv/41870/Bekanntmachungen-Richtlinien-zur-Organtransplantation-gemaess-16-TPG Zugriff am 5.8.2015.</ref>

Tätigkeitsberichte der BÄK

2004

Im Tätigkeitsbericht 2004 der BÄK heißt es auf Seite 569:[6]

Bisher existieren nur für die Lebertransplantation spezifizierte erweiterte Spenderkriterien.

Dies sind alternativ:
– Alter des Spenders > 65 Jahre,
– Intensivtherapie einschließlich Beatmung des Spenders > 7 Tage,
– Adipositas des Spenders mit BMI > 30,
– Fettleber (histologisch gesichert) > 40 %,
– S-Natrium > 165 mmol/l (letzter Wert vor der Spendermeldung),
– SGOT oder SGPT > 3 x normal (letzter Wert vor der Spendermeldung) oder
– S-Bilirubin > 3 mg/dl (letzter Wert vor der Spendermeldung)

Auf Seit 570 wird bei den Vermittlungsregeln nach den geltenden Regeln auf den Unterschied zwischen dem modifizierten und dem beschleunigtem Vermittlungsverfahren hingewiesen:

Je nach Problemlage ist zu unterscheiden zwischen einem gegenüber den geltenden Regeln modifizierten oder einem beschleunigten Vermittlungsverfahren.

[lfd. Nr.].3.1. Modifiziertes Vermittlungsverfahren
Unter den zuvor beschriebenen Voraussetzungen sollen schwer vermittelbare Organe in einem modifizierten Vermittlungsverfahren nur solchen Transplantationszentren angeboten werden, die gegenüber der Vermittlungsstelle ihre Bereitschaft zur Akzeptanz dieser Organe entsprechend den zuvor mitgeteilten Zentren- und Patientenprofilen erklärt haben. Die Vermittlung durch die Vermittlungsstelle erfolgt hierbei nach den allgemeinen Regeln für die jeweiligen Organe, wobei aber nur diejenigen Patienten der Warteliste berücksichtigt werden, für die die Zentren im Vorfeld anhand der Patientenprofile die grundsätzliche Bereitschaft zur Akzeptanz des schwer vermittelbaren Organs erklärt haben. Hierzu gehören auch Organe, die aus einem Domino-Transplantationsverfahren[Anm. 1] gewonnen werden.

[lfd. Nr.].3.2. Beschleunigtes Vermittlungsverfahren
Die Vermittlungsstelle ist zu einer beschleunigten Vermittlung dann berechtigt, wenn eine Kreislaufinstabilität des Spenders eintritt oder drei verschiedene Zentren aus spender(organ)bedingten medizinischen Kriterien das Angebot einer Leber, eines Herzens oder einer Lunge abgelehnt haben und zugleich die Vermittlungsangebote für sämtliche geeignete Patienten der höchsten Dringlichkeitsstufe der jeweiligen Warteliste zurückgewiesen wurden. Für Nieren darf ein beschleunigtes Vermittlungsverfahren erst nach Ablehnung eines Organangebots aus medizinischen Gründen durch fünf verschiedene Zentren einsetzen. Pankreata werden nach Ablehnung durch drei verschiedene Zentren für die Inseltransplantation freigegeben.
Ferner ist die Vermittlungsstelle zu einer beschleunigten Vermittlung dann berechtigt, wenn ein Spenderorganverlust aus logistischen oder aus organisatorischen Schwierigkeiten droht.

Für jedes Organangebot gilt im beschleunigten Verfahren jeweils eine Erklärungsfrist von maximal 30 Minuten; wird diese Frist überschritten, gilt ein Angebot (aus organisatorischen Gründen) als abgelehnt.
Da die beschleunigte Vermittlung von Organen häufig nur innerhalb einer Region möglich ist, sollen in diesem Fall vorrangig die Organisationsstrukturen der Region genutzt werden. Die Vermittlungsstelle stellt dabei dem Zentrum / den Zentren eine Liste von potentiellen Empfängern zur Verfügung, nach der das Zentrum den am besten geeigneten Empfänger in der Reihenfolge der Auflistung auswählt. Wenn Zentren konkurrieren, erhält derjenige Patient die Organzuteilung, für den die Akzeptanzerklärung des betreuenden Zentrums bei der Vermittlungsstelle zuerst eingegangen ist.

2006

Im Tätigkeitsbericht 2006 der BÄK heißt es auf den Seiten 648f zu den "Kriterien für die Einschränkung der Vermittelbarkeit":[7]

Organe von Spendern mit schwerwiegenden vorausgehenden Grunderkrankungen (z.B. mit Tumorleiden in der Anamnese) oder sich aus der Grunderkrankung ergebenden Komplikationen erfordern ein besonderes Vermittlungsverfahren.

Es liegen beispielsweise dann erweiterte Spenderkriterien vor, wenn der Spender unter einer der nachfolgend genannten Krankheiten gelitten hat:
– Virushepatitis (jeweils alternativ HBS Ag+, anti-HBC+ oder anti-HCV+),
– Sepsis mit positiver Blutkultur,
– Meningitis,
– maligner Tumor in der Anamnese,
– Drogenabhängigkeit.

Bisher existieren nur für die Lebertransplantation spezifizierte erweiterte Spenderkriterien.
Dies sind alternativ:
– Alter des Spenders > 65 Jahre,
– Intensivtherapie einschließlich Beatmung des Spenders > 7 Tage,
– Adipositas des Spenders mit BMI > 30,
– Fettleber (histologisch gesichert) > 40 %,
– S-Natrium > 165 mmol/l (letzter Wert vor der Spendermeldung),
– SGOT oder SGPT > 3 x normal (letzter Wert vor der Spendermeldung) oder
– S-Bilirubin > 3 mg/dl (letzter Wert vor der Spendermeldung).

Im Einzelfall muss es der Einschätzung der an der Organentnahme beteiligten Ärzte überlassen bleiben, ob erweiterte Spenderkriterien vorliegen. Dies gilt insbesondere auch, wenn im Laufe des Vermittlungsverfahrens oder des Organspendeprozesses gravierende Beeinträchtigungen, zum Beispiel der Kreislaufstabilität des Spenders, auftreten, die eine beschleunigte Organentnahme, Allokation und Transplantation notwendig machen.

Auf Seit 649 werden die Unterschiede zwischen modifiziertem und beschleunigtem Vermittlungsverfahren hingewiesen.

Anhang

Quellen


Anmerkungen

  1. Dominotransplantate sind Organe, die Patienten im Rahmen einer Transplantation aus medizinischen Gründen entnommen werden und grundsätzlich auf andere Patienten übertragbar sind.

Einzelnachweise