Schweigen = Zustimmung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 1. April 2023, 09:14 Uhr
In der Diskussion um die Einführung der Widerspruchsregelung wird behauptet, dass es gegen das Recht und/oder die Moral verstoße, dass Schweigen einer Zustimmung entspricht.
Die gelebte Praxis der Medizin kennt zumindest drei Beispiele, bei denen weder mit dem Patienten noch mit seinen Angehörigen ein Aufklärungsgespräch geführt wird noch ein Behandlungsvertrag geschlossen wird, und dennoch Ärzte tätig werden:
- schwere Unfälle
Wenn nach einem schweren Unfall der Verunglückte nicht ansprechbar ist, wird umgehend Erste Hilfe geleistet. - Atem- und Herzstillstand
Wird jemand ohne Atmung und ohne schlagendem Herzen aufgefunden und es sind noch keine sichere Todeszeichen erkennbar, wird umgehend Erste Hilfe geleistet. - misslungener Suizidversuch
Begeht jemand einen Suizidversuch, äußert er durch seine Tat, dass seine Todessehnsucht größer ist als sein Lebenswille. Wird der Suizidale in einem Zustand aufgefunden, in dem noch die Rettung seines Lebens möglich ist, werden entsprechende Rettungsmaßnahmen unternommen.
In allen diesen Beispielen handeln die Ärzte nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, beim Suizidversuch sogar eindeutig gegen den (augenblicklichen) Willen des Patienten.
Das Recht kennt dazu die Geschäftsführung ohne Auftrag (Negotiorum gestio). Es ist juristisch in den §§ 677–687 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt.
Auch sonst regelt der Staat, was der einzelne Bürger nicht regelt:
- Wer kein Testament verfasst, bei dem tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
- Eine Mitteilung des Amtsgerichts über eine Erbschaft an den/die Erben gilt als angenommen, wenn nicht innerhalb von 6 Wochen widersprochen wird.
- Wer keine Patientenverfügung verfasst hat, für den setzt im Bedarfsfall ein Amtsrichter einen Bevollmächtigten ein.
- Wenn Eltern für Ihren vorübergehenden (z.B. komatös auf der Intensivstation) oder dauerhaften (z.B. Tod) Ausfall für ihre Kinder rechtlich nicht vorgesorgt haben, kümmert sich das Jugendamt um diese Kinder.
Bei allen diesen Punkten muss man sagen: "Nichts sagen ist Zustimmung" bzw. "Schweigen ist Zustimmung".
Die Kritiker, die das bestreiten, führen dann immer § 416 Absatz 1 BGB – Umschreibung beim Grunderwerb – oder § 362 HGB, wo geregelt ist, dass Verträge auch durch Schweigen zustande kommen, oder das Testament an.
Daher widersprechen diese Worte als Argument gegen die WSR dem deutschen Rechtssystem in diesen Punkten.
Wer sich (noch) nicht entscheiden kann oder nicht entscheiden will, kann der Organentnahme widersprechen, denn im Falle seines Hirntodes hat er der Organentnahme nicht zugesagt. Wenn er seine Meinung ändert, kann er seinen Widerspruch zurück nehmen. Es liegt damit eine klare, von ihm getroffene Entscheidung vor. |
Anhang
Anmerkungen