Schmerz

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Schmerzreaktion und Schmerzwahrnehmung

Unterschied: Schmerzreaktion und Schmerzwahrnehmung

Es ist zwischen Schmerzreaktion und Schmerzwahrnehmung (Schmerz) zu unterscheiden. Was zunächst im Körper abläuft, ist eine Schmerzreaktion. Die Schmerzwahrnehmung erfolgt nach der ersten Schmerzreaktion. - Dies soll am Beispiel der heißen Herdplatte deutlich gemacht werden:[1]

  1. Schmerzrezeptoren in der Handfläche nehmen die große Hitze wahr.
  2. Nervenfasern leiten diese Schmerzinformation an das Rückenmark weiter.
  3. Im Rückenmark teilt sich diese Information für Nebenniere und Gehirn.
  4. Informationsweg Nebenniere
    1. Über eine schnelle Nervenfaser gelangt die Schmerzinformation zur Nebenniere.
    2. Das Nebennierenmark schüttet Stresshormone aus (u.a. Adrenalin) und stellt damit im Körper alle Energiereserven für Kampf oder Flucht zur Verfügung.[2]
    3. Die Ausschüttung der Stresshormone lässt Puls und Blutdruck nach oben schnellen, d.h. wir erschrecken.
    4. Vom Rückenmark geht ein Handlungsimpuls an den Arm (Reflexverschaltung), die Hand aus die Gefahrenzone zu ziehen.
    5. Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Gehirn noch keinen Schmerz wahrgenommen.[Anm. 1]
  5. Informationsweg Gehirn
    1. Über eine langsame Nervenfaser gelangt die Schmerzinformation über verschiedene Zwischenstationen zur Großhirnrinde.
    2. Im wird der Schmerz bewusst wahrgenommen.
    3. Im limbischen System[Anm. 2] wird die Schmerzinformation emotional bewertet.[Anm. 3]
    4. Beurteilt das limbische System den Schmerz als relevant, gibt es diese Information an das Großhirn weiter. Damit ist der Schmerz bewusst gemacht.

Damit ist der Unterschied zwischen Schmerzreaktion und Schmerzempfinden klar:

  • Schmerzreaktionen erfolgen über das Rückenmark. Das Gehirn spielt dabei keine Rolle.
  • Schmerzempfinden erfolgt zeitlich verzögert, wird im limbischen System bewertet und kommt, wenn die Information als relevant eingestuft wurde, dann erst als Information im Großhirn an und ist ab dann bewusst.

Damit ist klar aufgezeigt:

Hirntote können zwar Schmerzreaktionen haben, aber in D/A/CH[Anm. 4] kein Schmerzempfinden.


Anästhesie

Anästhesie ist in der Medizin ein Zustand der Empfindungslosigkeit. Pschyrembel teilt sie ein in:[3]

  1. Balancierte Anästhesie
    1. kurz wirksame Injektionsnarkotika (z.B. Barbiturate
    2. Analgetika (Opiate, z.B. Fentanyl)
    3. peripheren Muskelrelaxanzien
    4. Inhalationsnarkotika (z.B. Lachgas, Isofluran)
  2. Rückenmarknahe Anästhesie
    1. Kaudalanästhesie (wird vor allem bei Kindern durchgeführt)
    2. Spinalanästhesie (durchdringt die Hirnhaut)
    3. Periduralanästhesie (PDA) (durchdringt nicht die Hirnhaut)

Schmerzreaktion bei Hirntoten

Ablauf: Puls und Blutdruck steigt

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Hierbei beteiligten Körperteile: Von den Schmerzreptoren wird ein großer Schmerz wahrgenommen (z.B. Öffnung des Oberkörpers). Diese Information wird an das Rückenmark weitergeleitet. Vom Rückenmark geht ein Impuls über eine schnelle Nervenleitung zu den Nebennieren und löst die Ausschüttung von Stresshormonen aus, u.a. Adrenalin. Dadurch steigen Blutdruck und Puls.[Anm. 5] Vom Rückenmark geht ein Impuls über eine langsame Nervenleitung zum Gehirn. Da dieses beim Hirntoten abgestorben ist, dann dieser Impuls nicht als Schmerz wahrgenommen werden.

Schmerzempfinden von Hirntoten

Die "Feststellung des Todes mit Bezug auf Organtransplantationen" (Stand 24.5.2011), herausgegeben von der "Schweizer Akademie der Medizinischen Wissenschaften" (SAMW) enthält einen indirekten Hinweis auf Schmerzreize und Schmerzempfinden von Hirntoten: Im Anhang heißt es auf Seite 21 unter "Klinische Zeichen des Todes", Punkt 5: [[Zitat|Fehlen jeglicher Reaktion auf starken Schmerzreiz: Die Reaktion auf Schmerzreize muss durch Druck auf die Austrittsstelle eines Trigeminusastes am Orbitarand geprüft werden.}} Was eine Reizung des Trigeminus-Nervs für Gesunde bedeutet, ist hier nachzulesen{{[4]

Bei der Trigeminusneuralgie können heftigste Schmerzen im Trigeminusgebiet auftreten. Diese werden als mitunter stärkste bekannte Schmerzen beschrieben.

Mit anderen Worten: Wenn der Hirntote bei der Reizung des Trigeminus-Nervs keine motorischen Reaktionen zeigt, kann er auch bei der Öffnung des Oberkörpers zum Zweck der Organentnahme keine Schmerzen bewusst wahrnehmen.

In D/A/CH können Hirntote keine Schmerzen empfinden,
sie haben nur unbewusste Schmerzreaktionen.

Regelungen in den Ländern

Deutschland

Ärzteblatt 2001; 98. 1417

Schweiz

Immer wieder wird behauptet, dass in der Schweiz für die Organentnahme eine Vollnarkose vorgeschrieben sei, um evtl. Schmerzen der Organspender zu vermeiden. - Dieser Aussage muss entschieden widersprochen werden, denn die SAMW brachte im Jahre 2012 oder 2013[Anm. 6] eine 4-seitige Schrift "Fakten und Argumente"[5] heraus, in der es auf Seite 2 heißt:

Naturwissenschaftlich gesehen gibt es keine exakte zeitliche Zäsur zwischen Leben und Tod; das Sterben des Organismus als Ganzes, der Organe und der verschiedenen Zellen ist ein Prozess. Auch nach dem Funktionsausfall des Gehirns sind bestimmte unwillkürliche Reaktionen (z.B. Muskelreflexe) noch möglich. Solche Reflexe sind der Grund dafür, dass Organspender bei der Organentnahme eine Narkose erhalten.

In der von Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) und Swisstransplant herausgebrachten Schrift "Organspende und Transplantation" (Januiar 2013) heißt es auf Seite 31:

Es wird empfohlen eine Narkose einzuleiten um spinalen Reflexen und Muskelkontraktionen vorzubeugen. (s. SAMW Richtlinien Seite 19)

In einem vorliegenden Schreiben von Dr. Katharina Plüss, Stv. Sektionsleiterin Eidgenössisches Departement des Innern EDI, Bundesamt für Gesundheit BAG, heißt es:

Richtlinien zur Organentnahme in der Schweiz

Die SAMW (Schweizerische Akademie für Medizinische Wissenschaften) Richtlinien halten folgendes fest:
"Bei der Organentnahme hat man es mit dem Körper eines Toten zu tun. Dieser besitzt jedoch nach wie vor ein weitgehend funktionstüchtiges spinales und autonomes Nervensystem. Der tote Körper kann deshalb auf Reize reagieren und motorische Reaktionen zeigen. Mit der Verabreichung von Anästhetika können solche Reaktionen weitestgehend verhindert werden. Dies trägt zur Entlastung der bei einer Organentnahme involvierten Personen bei. Da die Verabreichung von Anästhetika bis zu einem gewissen Grade ischämieprotektiv wirkt und einer Verletzung der zu entnehmenden Organe vorbeugt, ist sie auch im Interesse des Empfängers. Aus diesen Gründen wird die Verabreichung von Inhalationsanästhetika empfohlen".
In der Schweiz wird nach diesen SAMW-Richtlinien vorgegangen. Das heisst:
- es wird in der Regel keine Vollnarkose durchgeführt. Es werden z.B. keine Sedativa verwendet, was für eine Vollnarkose zwingend erforderlich wäre.
- es werden Substanzen verwendet, welche die spinalen Reflexe und die kardiozirkulatorischen Reaktionen unterdrücken (Fentanyl und Muskelrelaxantien)
- es werden in der Regel volatile Anästhetika eingesetzt, da diese eine organprotektive Wirkung haben. Diese Massnahme wird jedoch (noch?) nicht bei allen Organentnahmen angewandt, da kontrollierte Studien und Untersuchungsergebnisse, die diese Wirkung eindeutig belegen, bisher fehlen.

Anhang

Quellen

Anmerkungen

  1. Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Schmerz#Schmerzleitung heißt es hierzu (Zugriff am 3.3.2014):
    Im Rückenmark kommt es einerseits zu Reflexverschaltungen, die eine Fluchtbewegung auslösen. Dabei ist der Schmerz noch nicht bewusst geworden (zum Beispiel reflexhaftes Zurückziehen der Hand, noch bevor die Berührung der heißen Herdplatte als schmerzhaft empfunden wurde).
  2. Das limbische System (Funktionseinheit des Gehirns) verarbeitet Emotionen und schafft Triebverhalten.
  3. Befindet sich z.B. der Mensch lebensbedrohlich auf der Flucht, nimmt er keinen Kratzer und Wunden wahr. Es geht um sein Überleben. Da spielen die Kratzer und Wunden keine Rolle. Ist er endlich in Sicherheit, fährt das limbische System die Schmerzgrenze wieder nach unten und nimmt zunächst die Wunden und später auch die Kratzer wahr. - Hierzu regt das limbische System über {http://de.wikipedia.org/wiki/Hypophyse Hypophyse] und Hypothalamus die Ausschüttung von körpereigenen Opiate (Endorphine) an. Die ausgeschütteten Endorphine können zwar gemessen werden, aber die genaue Wirkungsweise zum Anheben der Schmerzgrenze ist noch nicht geklärt (siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Endorphin#Physiologie).
  4. In D/A/CH gilt der Gesamthirntod als Hirntod, d.h. Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm müssen abgestorben sein. Schmerzwahrnehmung erfolgt jedoch im Großhirn. Dieses ist in D/A/CH tot. Damit ist Schmerzwahrnehmung unmöglich. - In den Ländern mit Hirnstammtod (z.B. USA, Großbritannien, Polen) muss für Hirntod nur der Hirnstamm abgestorben sein. Damit können dort Hirntote noch teilweise funktionierendes Großhirn besitzen. Dieses kann Schmerzen wahrnehmen. Aus diesem Grunde fordern die Ärzte in diesen Ländern für sich, wie auch für alle Organspender, dass man ihnen bei der Organentnahme eine Vollnarkose gibt.
  5. Hierzu ein Zitat aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Adrenalin#Wirkungen Zugriff am 3.3.2014.
    Adrenalin ist ein Stresshormon und schafft als solches die Voraussetzungen für die rasche Bereitstellung von Energiereserven, die in gefährlichen Situationen das Überleben sichern sollen (Kampf oder Flucht).
  6. Die Schrift trägt kein Datum, aber auf Seite 3 den Hinweis "Das Universitätsspital Genf (HUG) hat seit Januar 2012 ein Programm ...". Somit muss diese Schrift nach Januar 2012 erstellt worden sein.

Einzelnachweise