Thomas Fischer
Thomas Fischer, Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, veröffentlichte am 09.11.2018 eine Kolumne im Spiegel mit der Überschrift "Spahns Organspende-Konzept. Sterben und sterben lassen"[1]
Die geplante Einführung der Widerspruchsregelung sei "absurd, totalitär-paternalistisch und dazu unehrlich." |
Leben die Millionen Menschen, die seit Jahren und Jahrzehnten in einem Land mit Widerspruchsregelung in einem totalitär-paternalistisch und dazu unehrlichen System?
Es soll dazu dienen, die Zahl der Spender zu erhöhen, die infolge des "Transplantationsskandals" (2011/12) stark zurückgegangen ist, weil die meisten Bürger wenig Vertrauen in das System haben. |
Diese Aussage stimmt zwar mit den Aussagen der meisten Medien überein, aber nicht mit den Fakten der Realität. Der Anteil der Organverweigerer lag nach den Jahresberichten der DSOin den Jahren 2006 bis 2013 bei 25,7 bis 29,9%. Der Höchstwert war im Jahr 2009. Von 2013 (29,3% Nein-Anteil) bis 2016 sank der Anteil der Organverweigerer auf 23,8%, d.h. die Spendebereitschaft in Deutschland stieg im gleichen Zeitraum von 70,7% auf 75,2%.
Als ein Mensch, der sich für den Fall seines Hirntodes eine Organspende ausdrücklich wünscht, verwehre ich mich gegen Bezeichnungen wie "Biomaterial". Ob eine solche Wortwahl einem vorsitzenden Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofes würdig ist, mögen andere entscheiden. Sachlich ist es keinesfalls.
"Alle acht Stunden stirbt ein Mensch, weil kein passendes Organ zur Verfügung steht", lautet der Überschriften-Text auf der Homepage des BMG. Wir rechnen: Das sind drei am Tag, 1000 pro Jahr. Genauso viele Menschen töten sich jährlich selbst durch Sich-Überfahrenlassen von Zügen. Sich Erhängen ist viermal häufiger, Springen aus großen Höhen vielleicht halb so häufig. Insgesamt sterben in Deutschland in jedem Jahr 800.000 Menschen, also "alle 40 Sekunden" einer. Etwas mehr als ein Prozent davon - 10.000 Menschen - töten sich selbst, mindestens 110.000 versuchen es (Dunkelziffer vermutlich hoch). |
Wie reagiert Richter Fischer, wenn bei unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge, Totschlag oder gar Mord die Verteidigung die gleiche Aufzählung präsentiert? Ist in diesem Fall Richter Fischer dazu bereit, dies ungestraft als Bagatelldelikt durchgehen zu lassen?
Könnte man, zu Ende gedacht, sagen: Es sterben jährlich 798.000 Menschen in Deutschland, weil kein passender Ersatzkörper für ihre Seele zur Verfügung steht? |
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ http://www.spiegel.de/panorama/justiz/organspende-sterben-und-sterben-lassen-a-1237676.html Zugriff am 23.11.2018.