Todesdefinition
Hirntod als Tod des Menschen
Deutschland
In Deutschland ist in keinem Gesetzeswerk der Tod definiert. Im Transplantationsgesetz (TPG) ist der Tod des Menschen indirekt mit dem Hirntod verknüpft:[1]
- In § 3 Abs. 1 TPG heißt es, dass eine Organentnahme nur zulässig ist, wenn "der Tod des Organ- oder Gewebespenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist".
- In § 3 Abs. 2 TPG heißt es, dass eine Organentnahme unzulässig ist, wenn "nicht vor der Entnahme bei dem Organ- oder Gewebespender der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist."
- In § 3 Abs. 4 TPG heißt es: "Die Anfrage darf erst nach der Feststellung des Todes gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 erfolgen."
Am 06.06.2015 trat die am 30.03.2015 vom Bundesministerium für Gesundheit erschienene "Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TPG für die Regeln zur Feststellung des Todes nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TPG und die Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG" in Kraft. Darin sind einige Bezüge zum Tod des Menschen enthalten:
- Seite 2: "Mit der Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt."
- Seite 3: "Die Ursache und die Schwere der zum Tod führenden Hirnschädigung müssen zweifelsfrei belegt sein."
- Seite 23 und 25: "Damit ist der Tod des Patienten festgestellt am ... um ... Uhr." (Protokollbogen, den der untersuchende Arzt zu unterschreiben hat.
Österreich
In Österreich hat der Oberster Sanitätsrat im Jahr 2013 eine Empfehlung zur Todesfeststellung herausgebracht. Darin ist auf Seite 3 die "Definition des Todes":[2]
Der Mensch ist tot, wenn die Funktion des gesamten Gehirns (= Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm) irreversibel ausgefallen ist. Dies führt durch den Ausfall der zentralen Steuerfunktionen zum Absterben aller Organe, Gewebe und Zellen.
Ursächlich kann der Tod eintreten durch
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Schweiz
In der Schweiz ist der Tod in Artikel 9 Transplantationsgesetz definiert:[3]
1 Der Mensch ist tot, wenn die Funktionen seines Hirns einschliesslich des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind.
2 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Feststellung des Todes. Er legt insbesondere fest: |
Am 9.8.2011 brachte die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) einen Kommentar zu den zentralen Revisionspunkten der Richtlinien "Feststellung des Todes mit Bezug auf Organtransplantationen" unter dem Titel "Es gibt nur einen Tod" heraus. Darin heißt es:[4]
Grundsätzlich gibt es nur «einen Tod». Hingegen gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Tod festzustellen. Die «klassische Methode» ist jene, bei welcher der Arzt die Todeszeichen (Totenflecken, Totenstarre) feststellt; da die Todeszeichen jedoch erst nach einer gewissen Latenz (20-60 Min.) auftreten, kommen sie in der Transplantationsmedizin nicht in Frage, da die Organe nach dieser Zeit nicht mehr funktionstüchtig wären. Entsprechend gilt in der Transplantationsmedizin der totale und irreversible Funktionsausfall des Gehirns (der sogenannte «Hirntod») als sicheres Zeichen dafür, dass ein Mensch tot ist. Diese Nachweismethode hat sich weltweit etabliert. ... Der einzige Grund, der in der Vergangenheit für einen zweiten Zeitpunkt der Hirntoddiagnostik sprach, war psychologischer Natur. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die 6-stündige Wartephase für die Angehörigen eher belastend als erleichternd war. Die vorgeschlagene Neuregelung hat den Vorteil, dass die Frage "Wann ist (der Mensch?)man tot?" klarer als bisher beantwortet wird. |
Definition: Tod des Menschen
Sterben ist ein Prozess. Der Tod ist in diesem Prozess eine Definition. (siehe: Sterbeprozess)
Um den Tod eines Menschen zu definieren, müssen zunächst "Tod" und "Mensch" definiert werden.
religiöse Definitionen des Todes
Die verschiedenen medizinischen Definitionen von Tod sind dort beschrieben: Sterbeprozess
Im Katechismus der katholischen Kirche (KKK) ist der Tod theologisch wie folgt definiert:
KKK 624 ... Totsein, den Zustand der Trennung zwischen seiner Seele und seinem Leib ...
KKK 650 Die Kirchenväter betrachten die Auferstehung von der göttlichen Person Christi her. Diese war mit seiner Seele und seinem Leib, die durch den Tod voneinander getrennt worden waren, vereint geblieben: „Kraft der Einheit der göttlichen Natur, die in beiden Wesensteilen des Menschen zugegen bleibt, vereinigen sich diese aufs neue. So kommt der Tod durch die Trennung des menschlichen Gefüges zustande und die Auferstehung durch die Vereinigung der beiden getrennten Teile“ (Gregor v. Nyssa, res. 1) [Vgl. auch DS325; 359; 369; 539].
KKK 997 Im Tod, bei der Trennung der Seele vom Leib, fällt der Leib des Menschen der Verwesung anheim.
Der Tod des Menschen definiert die katholische Kirche somit als Trennung von Leib und Seele. Hierbei stellt sich die Frage, wie diese Trennung festzustellen ist. Hierzu folgende Überlegungen:
Der Sitz der Seele kann nicht in Herz, Lunge, Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse oder Dünndarm sein, denn sonst würde bei jeder TX die Seele mit transplantiert werden. Auch ist ein Mensch mit einem Kunstherzen kein seelenloser Mensch. Somit muss die Seele ihren Sitz an anderer Stelle im Körper haben.
Die Seele geht mit allen unseren Erinnerungen über unser Leben ins Jenseits und steht dafür vor Gott ein. Diese Erinnerungen sind zweifelsfrei in unserem Gehirn gespeichert. Mit dem Hirntod ist das Gehirn abgestorben. Damit sind nicht nur unsere Wahrnehmungen, unser Bewusstsein, Wissen und Können, sondern auch alle unsere Erinnerungen erloschen. Die "Datenbank", von der die Seele noch etwas abrufen könnte, ist mit dem Hirntod zerstört. Daher muss mit Eintritt des Hirntods die Trennung von Leib und Seele vollzogen sein. Damit ist der Hirntod der Tod des Menschen.
medizinische Definition: Mensch Der Mensch ist eine psychosomatische Einheit. Dies wird an den psychosomatischen wie auch den somapsychischen Erkrankungen deutlich: Die Psyche beeinflusst den Körper.[Anm. 1] Der Körper beeinflusst jedoch auch die Psyche.[Anm. 2]
Wir haben Ärzte für den Körper. Wir haben Ärzte für die Psyche. Auf den Intensivstationen arbeiten ausschließlich Ärzte für den Körper. Sie haben im Blick, dass der Blutkreislauf funktioniert und die wichtigsten Parameter der Homöostase (Körpertemperatur, Wasserhaushalt, ...) im Normbereich liegen.[Anm. 3]
Die Ärzte für die Psyche arbeiten auf keiner Intensivstation. Damit ist für sie der Tod des Gehirns (Hirntod) kein Thema. Ihre Stimme fehlt völlig in der Diskussion um den Hirntod. - Ihnen nahestehend sind die Neurologen und Neurochirurgen. Sie haben jedoch ihren Schwerpunkt beim Körper des Menschen, weniger bei dessen Psyche.
Aus diesem Grunde ist es nicht verwunderlich, dass in der ganzen Diskussion um den Hirntod so sehr auf den Körper geblickt wird und nicht auf die psychosomatische Einheit des Menschen.
religiöse Definition: Mensch
Im Katechismus der katholischen Kirche (KKK) ist der Mensch theologische wie folgt definiert:
KKK 382 Der Mensch ist "in Leib und Seele einer"(GS 14,1).
Den lebenden Menschen definiert die katholische Kirche somit als Einheit zwischen Körper und Geist, zwischen Leib und Seele.
Hirntod, der Tod des Menschen
Mit dem Hirntod ist der Menschen tot. Mit dem Herzstillstand ist der Körper tot. |
Um dies zu verdeutlichen sei auf die Kopf-TX verwiesen: Der italienische Neurochirurg Sergio Canavero möchte im Dezember 2017 den Kopf des Russen Waleri Spiridonow (*1985), der seit seiner Kindheit an spinale Muskelatrophie leidet und deswegen an den Rollstuhl gefesselt ist, auf den Körper eines Hirntoten transplantieren. Vorausgesetzt, die Kopf-TX gelingt, wer wird aus der Narkose erwachen, der Hirntote, von dem der Körper ist, oder Waleri Spiridonow, von dem der Kopf ist? Nach übereinstimmender Meinung aller Mediziner - auch aller Kritiker dieser Operation - wird Waleri Spiridonow aus der Narkose erwachen. Damit ist erwiesen, dass mit dem Hirntod der Mensch tot ist, auch wenn sein Körper noch "lebt".
Sonstiges
Zitate
Horst Seehofer: "Es ist nicht Aufgabe der Politik oder des Gesetzgebers, den Tod zu definieren."[5]
G. Settergren im Jahr 2003 über die Grenzziehung zwischen Leben und Tod:
Der beste Ort, um in solchen Fällen die Todeslinie zu ziehen, ist..... die irreversible Einstellung der neokortikalen Funktion. Unsere Fähigkeit, körperliche Prozesse über den Punkt hinaus aufrechtzuerhalten, an dem sie von jedem erdenklichen persönlichen Nutzen sind, hat zu einem dringenden Bedürfnis geführt, zwischen biologischem und menschlichem Leben zu unterscheiden.[6] |
Anhang
Anmerkungen
- ↑ Sehr deutliche Beispiele sind starke Gefühlsregungen wie Trauer und Freude: Bei Trauer ist der Mensch kraftlos und müde. Bei Freude ist der Mensch voller Tatendrang.
- ↑ Ständige starke körperliche Schmerzen können uns alle Lebensfreude rauben. Wir haben nur noch einem Wunsch: Die Schmerzen mögen bald aufhören oder zumindest erträglich werden.
- ↑ Daher haben Ärzte wie Paolo Bavastro Schwierigkeiten, Hirntote als Tote anzusehen. Sie sehen nur den Körper und seine Funktionen. Damit meinen sie, solange der Körper funktioniert, sei der Mensch lebendig. Sie haben dabei die pychosomatische bzw. somapsychische Einheit des Menschen völlig aus dem Blick verloren.
Einzelnachweise
- ↑ http://www.gesetze-im-internet.de/tpg/__3.html Zugriff am 23.12.2018.
- ↑ http://www.austrotransplant.at/download/Empfehlungen_Todesfeststellung_Kreislaufstillstand.pdf Zugriff am 23.12.2018.
- ↑ https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20010918/index.html Zugriff am 23.12.2018.
- ↑ http://www.samw.ch/dms/de/Publikationen/Stellungsnahmen/d_Kommentar_RL_Tod.pdf Zugriff am 11.4.2014.
- ↑ Horst Seehofer: Transplantationsgesetz und gesundheitspolitische Aspekte der Organtransplantation. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 14.
- ↑ G. Settergren: Brain death: an important paradigm shift in the 20th century. In: Acta Anaesthesiologica Scandinavica Volume 47, Issue 9. Nach: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1034/j.1399-6576.2003.00227.x Zugriff am 22.07.2019.