Wundheilung

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Mit Wundheilung bezeichnet man den Verschluss einer Wunde durch Wiederherstellung des beschädigten Körpergewebes. Es handelt sich um einen natürlichen Prozess, der therapeutisch unterstützt werden kann.

Verlauf

Die Wundheilung ist ein natürlicher biologischer Prozess und beginnt bereits Minuten nach der Wundsetzung, wie mit enzymhistochemischen Verfahren nachgewiesen werden konnte. Die Blutplättchen treten an die geschädigte Stelle und versuchen sie zu verschließen. In seltenen Fällen entsteht über Exsudation (Flüssigkeitsabsonderung) eine Schorfbildung, was auch den oft mit der Wundheilung einhergehenden Juckreiz auslöst.

Dem Arzt obliegt es lediglich, durch Optimierung der Bedingungen Beschwerden (Wundschmerz) zu lindern, einer Komplikation oder Infektion vorzubeugen, eine Verzögerung zu verhindern und das kosmetische Resultat so optimal wie möglich zu gestalten. Eine echte Wundheilungsbeschleunigung gibt es noch nicht, allerdings ist das je nach Wundtyp trockene oder feuchte Wundmilieu von Vorteil. Das Ziel der Heilung ist eine völlige Wiederherstellung (restitutio ad integrum), funktionell wie kosmetisch, die aber in vollem Umfang selten zu erreichen ist. Da ein Wundstarrkrampf (Tetanus) und eine Blutvergiftung (Sepsis) entstehen könnte, sind spezielle Vorsorge-Impfungen unerlässlich. Fehlen diese, sollten sie unmittelbar gesetzt werden. Eine aufgrund eines Unfalls entstandene Wunde sollte per Antisepsis (Desinfektion) von Keimen befreit werden, zudem sind Fremdkörper für die Heilung hinderlich. Große offene Wunden müssen entweder geklammert, genäht oder geklebt werden. Oft bleibt eine sichtbare Narbe zurück.

Beim frühestens acht Stunden nach der Erstaufbringung erforderlichen bzw. empfohlenen Verbandwechsel beobachten Ärzte bzw. Pflegepersonen den Heilungsfortschritt, reinigen die Wundumgebung und bedarfsweise das Wundgebiet und schützen die Wunde durch eine erneute künstliche Abdeckung. Sind Wunden reizlos und physikalisch geschlossen, können sie durch die Sauerstoffzufuhr beschleunigt offen komplett ausheilen.

Es werden drei bis fünf Phasen der Wundheilung, die zeitlich überlappend nacheinander auftreten, unterschieden. Diese Einteilung ist nicht einheitlich und unwidersprochen; sie basiert auf klassischen lichtmikroskopischen Untersuchungen und ist für das bloße Auge bei sekundär heilenden Wunden sichtbar:

  • (sogenannte Ruhe- oder Latenzphase)
  • Exsudationsphase
  • Granulations- bzw. Proliferationsphase
  • Regenerationsphase
  • (Reifungs- oder Maturationsphase)


4 Phasen der Wundheilung

Kleine, oberflächliche Wunden schließen sich nach einigen Tagen. Sie heilen spontan (sekundär) oder nach chirurgischer Versorgung (primär). Der Wundheilungsvorgang ist im Prinzip identisch, in den zeitlichen Abläufen aber unterschiedlich. Die Sekundärheilung dauert länger.
Die 4 Phasen der Wundheilung sind:[1]

  1. Exsudative Phase
    Sie dauert bis zu 48 Stunden nach der Verletzung. - In den ersten Minuten kommt es zur Ansammlung von Blut, extra- und intrazellulärer Flüssigkeit, vereinzelten Schmutzpartikeln und Bakterien. Blut gerinnt. Es sammeln sich Fibrinkoagel. Proteolytische Fermente treten aus den verletzten Zellen aus. Es entstehen Paraproteine, welche am Wundrand zum Teil resorbiert und in das Immunsystem transportiert werden. Es erfolgt so die zentrale Registrierung einer Verletzung und die Auslösung von Abwehrmaßnahmen. Die Blutgefäße der Umgebung werden weit gestellt, neutrophile polymorphkernige Leukozyten wandern in das Wundsekret. Der Stoffwechsel reagiert mit Katabolismus, Proteinabbau und Glykolyse. Das Gewebe wird durch Laktatazidose angesäuert. Wundränder und Wundsekret sind hypoxisch.
  2. Profiferative Phase
    Es dringen vom Wundrand Kapillaren in das Wundbett ein. Makrophagen und Fibroblasten sammeln sich vor allem traubenförmig um die Kapillarsprossen. Fibroblasten, die "chemischen Fabriken der Wundheilung", synthetisieren Protein. Die Kollagensyntheseführt zu einer Verspannung der Wunde mit Fasern. Daneben findet eine Zellproliferation statt. Die katabole Stoffwechsellage schlägt in die Anabolie um.
  3. Reparative Phase
    Die kollagenen Fasern beginnen zu schrumpfen. Die Wundränder werden einander genähert. Die Wunde wird zellarm. Die Blutgefäße haben wieder normale Durchmesser. Die Wunde wird von regenerierendem Epithel verschlossen. Das Epithel beginnt schon etwa 48 Stunden nach der Verletzung von den Wundrändern aus durch Hypertrophie und Zellteilung über die Wundfläche. Diese Epithelwanderung stagniert, sobald die Wunde überbrückt ist. Dies wird bei chirurgisch versorgten primär heilenden Wunden nach 3-5 Tagen erreicht, bei Sekundärheilung nach etwa 8 Tagen. Die kollagenen Fasern schrumpfen auch nach der Epihtelisierung noch wochenlang bis zur definitiven Vernarbung weiter.
  4. Vernarbung und Epithelisierung abgeschlossen
    In den späteren Stadien der Vernarbung werden auch elastische Fasern, welche während der Wundheilung fehlen, im Narbengewebe regeneriert und führen eine Steigerung der Elastizität herbei.

Chemische Mediatoren

An der Wundheilung sind chemische Mediatoren beteiligt: Histamin (Vasodilatation), Serotonin, [Kinine]], Prostaglandine (Kapilläre Stase und Permeabilitätssteigerung), chemotaktische Stoffe (Leukozytenmigration), Kallikrein (Leukozytenmigration), Fibronectin (Kollagenvernetzung, Fibroblastenvermehrung). - Die Funktionen der an der Wundheilung beteiligten Zellen sind:[2]

Zellen Funktionen
Blutblättchen Initialzündung der Wundheilung, Chemotaxis (Eicosatetraensäure)
Neutrophile Leukozyten Kollagenasen, proteolytische Enzyme
Monozyten Phagozytose, intrazellulärer, hydrolytischer, enzymatischer Abbau
Makrophagen Phagozytose, Endothelsprossung der Gefäße
Mastzellen ungeklärt
Fibroblasten biochemische Synthesen

Wundheilung bei Hirntoten

Bei den schweren Intoxikationen und Schädelhirntraumen ist aber die Wundheilung in charakteristischer Weise gestört. Wunden, z.B. Tracheostomen, zeigen eine stark verzögerte Heilungstendenz, die die Gefahr von Blutungen heraufbeschwört.[3]

Sonstiges

"Vermutlich dient die Neuropeptidsekretion der Gewebeerhaltung und -protektion. Ausgangspunkt dieser Hypothese ist die Beobachtung, daß bereits niedrige Aktionspotentialfrequenzen (Impulse) von C-Fasern eine meßbare Durchblutungszunahme in der Haut induzieren können (Lynn u. Shakhanbeh 1988). Bei derartig schwacher Aktivierung von C-Nozizeptoren kommt es in der Regel nicht zu Empfindungen (...). Möglicherweise haben capsaicinempfindliche Nozizeptoren daher 2 Arbeitsbereiche: einen, in dem sie auf geringfügige Reize eine Durchblutungszunahme herbeiführen und dadurch gewebeprotektiv wirken, und einen zweiten, in dem sie außerdem noch Schmerz induzieren."[4]
"Unterstützt wird diese Hypothese durch den Nachweis eines über NKl-Rezeptoren vermittelten trophischen Effektes von Tachykininen auf die Proliferation von menschlichen Fibroblasten in vitro (Ziche et al. 1990). Nachgewiesen wurde auch eine fördernde Wirkung auf die Angiogenese und eine verbesserte Wundheilung in vivo unter Einwirkung von Substanz P (Ziche 1996)."[5]
Da Wundheilung in vitro erfolgen kann, also losgelöst vom Körper, wird kaum jemand sagen können, dass dieser Mensch lebt, dessen Haut in vitro einen Heilungsprozess durchläuft.

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 410f.
  2. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 411.
  3. G. Neuhaus: Pathophysiologie und Klinik von Erkrankungen bei Patienten unter den Bedingungen der Vita reducta. In: 29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin (1963), 28.
  4. H. O. Handwerker: Einführung in die Pathophysiologie des Schmerzes. Berlin 1999, 49.
  5. H. O. Handwerker: Einführung in die Pathophysiologie des Schmerzes. Berlin 1999, 49f.