Islam

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Version vom 17. Dezember 2014, 13:33 Uhr von Klaus (Diskussion | Beiträge) (Textersetzung - „BÄK“ durch „BÄK“)
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Der Gehirntod

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland schrieb in seiner "Stellungnahme bei der Anhörung vor dem Gesundheitsausschuß des Deutschen Bundestages am 28.06.1995 zu den Themen Hirntod und Organverpflanzung" über den Hirntod: [1]

1. Die Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirates der BÄK vom 9. April 1982 und die darin enthaltenen Kriterien zur Feststellung des Todes stimmen im Grundsatz mit der o.g. Definition des Todes überein, die auch von uns vertreten wird.

Unserer Einsicht nach sollten beide o.g. Kriterien, nämlich der vollständige irreversible Herz- und Atemstillstand und der irreversible Ausfall der Hirnfunktion, in einem Transplantationsgesetz als Todeskriterien zugrunde gelegt werden.
Nach islamischem Grundsatz soll die Feststellung des Todes nicht über Gebühr hinausgezögert werden. Ein Hinauszögern der Feststellung des Todes, wenn schon die vitalen Funktionen und die Hirnaktivität irreversibel erloschen sind, steht aus islamischer Sicht im Widerspruch zur Würde des Menschen und zu seinem Recht auf würdevolle Behandlung, sowohl im Leben als auch im Tod. Das Hinauszögern der Feststellung des Todes entwürdigt den Menschen zu einer künstlich aufrechterhaltenen biologischen Masse. Das ist aus islamischer Sicht nicht vertretbar.
2. Wir erwarten, daß man sich bei der Feststellung des Hirntodes der sichersten und vor allem schnellsten Methoden bedient, damit durch eine sichere und schnelle Entscheidung die Würde des Verstorbenen bewahrt wird. Die Entscheidungshilfen zur Feststellung des Hirntodes, wie sie von der BÄK empfohlen werden, erscheinen uns ausreichend. Diese Frage kann jedoch von den anderen wissenschaftlichen Sachverständigen besser beantwortet werden.
...
6. Theologisch gesehen gilt der Mensch erst dann als tot, wenn seine Seele den Körper verlassen hat. Auch wenn man vom Todeskampf als Prozeß sprechen kann, so ist das endgültige Verlassen der Seele ein Vorgang, der zu einem bestimmten Zeitpunkt geschieht. Da dieser Vorgang primär weder beobachtet, noch auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert werden kann, sind wir auf sekundäre Merkmale angewiesen, die diesen Vorgang andeuten.
Ausgehend vom islamischen Grundsatz
” Gott fordert von niemandem mehr, als er vermag”,
sind wir islamisch gesehen nicht verpflichtet, den Beweis zu erbringen, zu welchem genauen Zeitpunkt die Seele den Körper verläßt. Die sekundären Merkmale, wie der irreversible Herz- und Atemstillstand, sowie der irreversible Ausfall der Hirnfunktion, reichen islamisch gesehen vollkommen aus, um den Zeitpunkt des Todes nach menschlichem Ermessen festzulegen.

Warum sich die Stellungnahme des Jahres 1995 auf die "Kriterien des Hirntods" des Jahres 1982 beziehen und nicht auf die des Jahres 1986 oder gar 1991, ist unklar. Inhaltlich hat sich zur Feststellung des Hirntods in diesen Jahren kaum was verändert.

Die Organspende

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland schrieb in seiner "Stellungnahme bei der Anhörung vor dem Gesundheitsausschuß des Deutschen Bundestages am 28.06.1995 zu den Themen Hirntod und Organverpflanzung" über Organspende: [2]

1. Die Entnahme eines Organs aus dem Körper eines Menschen und seine Verpflanzung in den Körper eines anderen Menschen ist eine erlaubte lobenswerte Handlung und wohltätige Hilfeleistung, die unter Berücksichtigung folgender Einzelheiten den islamischen Vorschriften und der Menschenwürde nicht widerspricht.

2. Die Organverpflanzung muß die einzig mögliche medizinische Behandlungsmaßnahme für den Empfänger sein.
3. Der Erfolg bei beiden Operationen, sowohl der Entnahme als auch der Einpflanzung, muß für gewöhnlich oder in den meisten Fällen gesichert sein.
4. Die Organentnahme darf beim Spender nicht zu einer Schädigung führen, die den normalen Lebensablauf stört, da der islamische Grundsatz lautet:
"Ein Schaden darf nicht durch einen anderen Schaden
gleichen oder größeren Ausmaßes behoben werden."
Der Spender würde sich in diesem Fall sonst selbst ins Verderben stürzen, was islamisch nicht erlaubt ist.
5. Sollte der Schaden beim Empfänger durch eine Organspende von einem Verstorbenen bzw. durch tierisches Material oder technische Mittel zu beheben sein, ist die Organspende von einem lebenden Menschen nicht erlaubt.
6. Die Abgabe des Organs muß vom Spender freiwillig und nicht unter Zwang erfolgen. Bei Kindern und entmündigten Personen genügt die Zustimmung der Erziehungsberechtigten bzw. des Vormundes nicht, da dies zu einer Entwürdigung und Schädigung der beaufsichtigten Person führt.
7. Kauf und Verkauf von menschlichen Organen sowie sonstiger Organhandel widerspricht der Menschenwürde und ist verboten. Materielle Zuwendungen und sonstige freiwillige nicht auf kommerzieller Basis beruhende Entschädigungen sind erlaubt.
8. Da jedem Menschen von Gott Ehre erwiesen und Würde verliehen wurde, können islamisch gesehen Muslime, Anhänger anderer Offenbarungsreligionen und Nichtgläubige unabhängig von ihrer weltanschaulichen Überzeugung sowohl als Organspender als auch als -empfänger akzeptiert werden.
Lediglich rechtskräftig zum Tode verurteilte Personen kommen als Organempfänger nicht in Frage.
9. Die Entnahme von Organen von einem toten Menschen darf nur nach seiner zu Lebzeiten und bei voller geistigen Kraft erfolgten ausdrücklichen Zustimmung erfolgen. Eine Erlaubnis kann von den Angehörigen erteilt werden, unter den Bedingungen, daß vom Verstorbenen keine ausdrückliche Verweigerung zu Lebzeiten ausgesprochen wurde und daß die sonstigen o.g. Vorschriften beachtet werden.

Abweichend von den o.g. Vorschriften wird in der schi´itischen Rechtsschule folgende Meinung vertreten:

1. Eine Organentnahme von einem toten Muslim ist verboten. Sie darf nur erfolgen, wenn sie für die Lebenserhaltung eines anderen Muslims notwendig ist.

2. Dem Muslim ist der Empfang von Organspenden von anderen muslimischen oder nicht-muslimischen Spendern, sowie die Verwendung von tierischem und technischem Material als Implantate erlaubt.

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise