Autolyse

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Autolyse (Selbstauflösung) ist der Abbau von Organprotein durch frei gewordene Zellenzyme. (Pschyrembel, 159) Cathepsine und andere Peptidasen sind daran wesentlich beteiligt.

Die 3 Phasen der Selbstauflösung des Gehirns

Liegt ein Hirntoter mehrere Tage auf der Intensivstation, löst sich sein Gehirn auf. Dies geschieht in 3 Phasen, wobei die einzelnen Übergänge fließend sind. D.h. während sich die einen Gehirnzellen noch in der einen Phase befinden, sind andere Gehirnzellen bereits in der nächsten Phase:

Absterben der Gehirnzellen

Durch den Sauerstoffmangel sterben die Gehirnzellen ab. D.h. sie besitzen keinen Stoffwechsel.
So wenig, wie ein Toter mit sicheren Todeszeichen nicht reanimiert werden kann, so wenig können die abgestorbenen Gehirnzellen reanimiert werden.[Anm. 1] (siehe auch: Reanimation von Hirntoten)

Vollsaugen mit Flüssigkeit

Abgestorbene Gehirnzellen saugen sich mit Flüssigkeit voll. Das ist kein Zeichen von Stoffwechsel, sondern ist ein rein physikalischer Vorgang von toten Zellen. Wie Zeitungspapier das auf sie gefallenen Wassertropfen aufsaugt, so saugen die abgestorbenen Gehirnzellen Flüssigkeit auf und werden richtig prall.
Da dies nicht nur eine Gehirnzelle macht, sondern alle abgestorbenen Gehirnzellen, steigt der Druck im Kopf, "Hirndruck" genannt. Der Anstieg des Hirndrucks beschleunigt das Absterben der noch lebenden Gehirnzellen, damit steigt der Hirndruck weiter an.
Der das Gehirn schützende Schädelknochen gibt dem Druck nicht nach. Der einzige Ausweg der Ausdehnung ist zum Rückenmark hin. Somit wird der Hirnstamm in den Kanal des Rückenmark gepresst, was die Überlebenschance der Gehirnzellen im Hirnstamm weiter mindert.
So setzt sich das Sterben der Gehirnzellen weiter fort.

Platzen der Gehirnzellen

Die Zellmembran der Gehirnzellen hält nicht über viele Tage diesen Zustand des Prallseins aus. Die Zellmembran platzt nach wenigen Tagen auf. So ist nach einigen Tagen bei Aufnahmen mit einem MRT keine Gehirnstruktur mehr feststellbar.

Dieser Prozess[Anm. 2] der Gehirnzellen läuft bei jedem Hirntoten ab. Vielfache Obduktionen haben bewiesen, was bildgebende Diagnostik (z.B. MRT) aufgezeigt hat: Nach Tagen des Hirntods hat sich das Gehirn aufgelöst. Die Gehirnzellen sind nicht nur tot, sondern zerplatzt. Wo einst das Gehirn als geistiges Wunderwerk der Natur war, ist jetzt nur ein Gemisch aus Blut, Zellmembran, Zellkern und Zellflüssigkeit.

Dag Moskopp schreibt in seinem Buch "Hirntod" auf Seite 73 hierzu: "Jeder, der bereit ist, eine Viertelstunde lang den Gestank der Fäulnis bei der Teilnahme an einer solchen Obduktion zu ertragen, kann sich unter Umständen langweilige theoretisierende Lektüre ersparen. ... Es ist aus vielen Gründen (Weltanschauung, Ressourcen, Infektiologie) geradezu geboten, derartige Zustände auf Intensivstationen angemessen rasch zu erkennen, den Hirntod festzustellen und die Behandlung zu beenden oder ggf. dem Gebot der Organspende - gemäß des mutmaßlichen oder dokumentierten Willens des Hirntoten - nachzugehen."

Geschichte der Feststellung der Selbstauflösung des Gehirns

Die Geschichte der Feststellung der Selbstauflösung des Gehirns beginnt mit der Einführung der künstlichen Beatmung:

  • 1953 berichteten die dänischen Neurochirurgen John Riishede und Sven Ethelberg von 5 Fällen fehlender, nicht behebbarer Füllung von Arterien, die von der A. carotis interna abhängen.[1]
  • 1956 publizierten die Schweden Stig Löfstedt und Gösta von Reis ähnliche Befunde. [1][Anm. 3]
  • 1950er versuchte Pierre Wertheimer und sein Team bei der HTD Elektroden für das EEG in das Gehirn zu schieben. In den Berichten heißt es, dass Gehirnmasse wie Schleim aus den Bohrlöchern tropfte.[1]
  • 1959 beschrieben Pierre Mollaret (1898-1987) und Maurice Goulon (1919-2008) erstmals den Begriff "Coma depassé", den sie an 23 Hirntoten durch Obduktionen festgestellt hatten.[2]
  • Suzuki u.a. stellten an 12 hirntoten Kindern fest, dass die Feststellung des Hirntodes mit den Autopsie-Daten (Nekrose des Gehirns) im Einklang stehen.[3]

Anhang

Anmerkungen

  1. Bei jedem Schlaganfall und jedem Hirninfarkt sterben Gehirnzellen ab, aber nur einige Tausend bzw. einige Millionen. Daher können die benachbarten Gehirnzellen, die dies überlebt haben, die Funktion der abgestorbenen Gehirnzellen übernehmen. Dies wird durch Erlernen der verlorengegangener Fähigkeit erreicht. Stehen jedoch in dieser Region zu wenig noch funkionierende Gehirnzellen für die Übernahme der verlorengegangener Funktion zur Verfügung, bleibt der Schaden dauerhaft bestehen, bleibt z.B. der Patient dauerhaft halbseitig gelähmt.
    Da beim Hirntod das ganze Gehirn betroffen ist, stehen keine lebenden Gehirnzellen zur Verfügung, die die Funktionen der abgestorbenen Gehirnzellen übernehmen könnten. Im ganzen Gehirn ist wahrlich das Licht ausgegangen.
  2. In der med. Fachsprache Autolyse genannt.
  3. Dag Moskopp beschreibt dies auf Seite 75 näher: "Die klinischen Befunde werden alle ähnlich beschrieben: plötzlich erlöschender Atemantrieb, tiefes Koma, Reflexlosigkeit, Poyurie, dekompensierende arterielle Hypotension, Hypothermie, Tracheotomie, Beatmung. Bei allen Angiographien brach das Kontrastmittel beider Carotides internae an der Schädelbasis ab. Eine Asystolie erfolgte bei den jeweiligen Patienten nach 2 bis 26 Tagen. Bei der Obduktion fanden sich keine Obstruktionen der Hirnschlagadern, bei allen Verstorbenen kamen Subarachnoibalblutungen unterschiedlicher Genese zur Darstellung sowie intravitale Hirnautolysezeichen."

Einzelnachweise

  1. a b c Dag Moskopp: Hirntod, 74f.
  2. Heinz Angstwurm: Hirntod – Bedingung von Organspenden nach dem Tod. In: In: Arnd T. May, Hartmut Kreß, Tosten Verrel, Till Wagner (Hg.): Patientenverfügungen. Handbuch für Berater, Ärzte und Betreuer. Heidelberg 2015, 283.
    S. Robert Snodgrass: The Evolution of Brain Death. In: Pediatric Neurology 51 (2014), 478.
  3. S. Robert Snodgrass: The Evolution of Brain Death. In: Pediatric Neurology 51 (2014), 478.