Intoxikation: Unterschied zwischen den Versionen

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* tödliche Intoxikation als Ursache des Hirntodes
* tödliche Intoxikation als Ursache des Hirntodes


=== Nicht tödliche Intoxikation als Ausschlusskriterium bei der [[HTD]] ===
=== Intoxikation als Ausschlusskriterium bei der [[HTD]] ===
{{Zitat2|Im  Untersuchungszeitraum  dürfen  die  klinischen  Symptome des  Hirnfunktionsausfalls  nicht  durch  reversible  Einflüsse überlagert sein. Dazu gehören u. a. Intoxikationen, dämpfende  Medikamente,  neuromuskuläre  lockade,  reversible  Erkrankungen des Hirnstamms oder des peripheren Nervensystems,  primäre  oder  therapeutische  Hypothermie,  Kreislaufschock, Koma bei endokriner, metabolischer oder entzündlicher Erkrankung.<ref>[[BÄK]]: Richtlinie für die Regeln zur Feststellung des Todes. (2015), Seite 3.</ref>}}
{{Zitat2|Im  Untersuchungszeitraum  dürfen  die  klinischen  Symptome des  Hirnfunktionsausfalls  nicht  durch  reversible  Einflüsse überlagert sein. Dazu gehören u. a. Intoxikationen, dämpfende  Medikamente,  neuromuskuläre  lockade,  reversible  Erkrankungen des Hirnstamms oder des peripheren Nervensystems,  primäre  oder  therapeutische  Hypothermie,  Kreislaufschock, Koma bei endokriner, metabolischer oder entzündlicher Erkrankung.<ref>[[BÄK]]: Richtlinie für die Regeln zur Feststellung des Todes. (2015), Seite 3.</ref>}}
Bei der [[HTD]] gehört die nicht tödliche Intoxikation bei den [[Voraussetzungen]] zu den Ausschlusskritierien, d.h. sie muss ausgeschlossen sein, bevor mit der [[HTD]] begonnen wird.
Bei der [[HTD]] gehört die Intoxikation bei den [[Voraussetzungen]] zu den Ausschlusskritierien, d.h. sie muss ausgeschlossen sein, bevor mit der [[HTD]] begonnen wird.


{{Zitat2|Beispiel:<br>
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* http://www.shortnews.de/id/1037962/new-york-bei-organ-entnahme-hirntote-wachte-ploetzlich-wieder-auf?offset=51704923 </ref>}}
* http://www.shortnews.de/id/1037962/new-york-bei-organ-entnahme-hirntote-wachte-ploetzlich-wieder-auf?offset=51704923 </ref>}}


=== Tödliche Intoxikation als Ursache des Hirntodes ===
=== Intoxikation als Ursache des Hirntodes ===
Die tödliche Intoxikation (z.B. vom Kugelfisch, von Medikamenten oder Gase) können über einen Sauerstoffmangel zur Hirnschwellung führen, die in der Folge so stark ansteigt, dass der Hirndruck den mittleren arteriellen Druck übertrifft. Damit stoppt die Durchblutung des Gehirns und der Hirntod tritt ein. Damit gehört die tödliche Intoxikation zur sekundären Hirnschädigung.
Intoxikation (z.B. vom Kugelfisch, von Medikamenten oder Gase) kann über einen Sauerstoffmangel zur Hirnschwellung führen, die in der Folge so stark ansteigt, dass der Hirndruck den mittleren arteriellen Druck übertrifft. Damit stoppt die Durchblutung des Gehirns und der Hirntod tritt ein. Damit gehört die tödliche Intoxikation zur sekundären Hirnschädigung.
 
Wenn als irreversible Langzeitfolge der Intoxikation eine schwere hypoxische Hirnschädigung auftritt und aufgrund der vorliegenden Befunde klar ist, dass es sich um eine in den Richtlinien der BÄK benannte schwere und irreversible "sekundäre Hirnschädigung" handelt, kann nach Abklingen der Intoxikation eine [[HTD]] durchgeführt werden.
 
=== Zitate ===
Auf der  XI.  gemeinsamen  Tagung  der  Österreichischen,  Schweizerischen  und  Deutschen  Gesellschaften  für  Anaesthesiologie  und  Wiederbelebung vom  03.  bis  06.  September  1969  in  Saarbrücken sagte Kubicki:<ref>Kubicki: Podiumsgespräch. In: K.  Hutschenreuter,  K.  Wiemers (Hg.): Intensivbehandlung und  ihre  Grenzen. Berlin 1971, 123.</ref>
{{Zitat|Es  ist  nicht  nötig  festzustellen,  welches  Medikament in  welcher  Menge  genommen  wurde-  Sie  müssen  nur  in  Erfahrung  bringen, ob  überhaupt  mit  einer  Intoxikation  gerechnet  werden  muß.  Diese  Antwort können  Sie  in  spätestens  6  Stunden  haben.  Inzwischen  leiten  wir  das  EEG für  jeweils  1/,  Stunde  ab.  Selbst  kleine  Potentialaufbrüche  kommen  selten in  größeren  Abständen  als  10  min  vor,  so  daß  wir  sie  mit  einer  Y,stündigen Ableitung  überwiegend  erfassen.  Aus  praktischen  Gründen  kann  man andererseits  auf  einer  Intensivstation  doch  nicht  länger  störungsfrei,  d.h. in  Ruhe  arbeiten,  Schließlich  sollte  man  nach  3-4  Stunden  ein  cerebrales Arteriogramm  machen,  und  zwar  nicht  nur  bei  den  schweren  Schädel-Hirn-Verletzungen.  KÄUFER  und  PENIN haben  erst  kürzlich  berichtet, daß  es  bei  jeder  Form  cerebraler  Anoxie  über  die  Azidose  zu  einer  schweren Steigerung  des  Schädelinnendrucks  kommen  kann,  die  bis  zur  Unterbrechung  der  intrakraniellen  Zirkulation  führt.  Es  ist  nicht  genügend  bekannt,  daß  dies  nicht  nur  nach  Traumen  und  Hirnoperationen,  sondern häufig  auch  nach  Ischämien  oder  Anoxien  vorkommt.}}
 
Loew sagte auf der gleichen Tagung:<ref>Loew: Podiumsgespräch. In: K.  Hutschenreuter,  K.  Wiemers (Hg.): Intensivbehandlung und  ihre  Grenzen. Berlin 1971, 125.</ref>
{{Zitat| Den  Hirntod  müssen  wir  nur  dann positiv  nachgewiesen  haben,  wenn  wir  ein  Organ  entnehmen  wollen,  denn das  dürfen  wir  nur  beim  Toten.  Beim  Sterbenden  können  wir  bestimmte
Behandlungsmaßnahrmen  unterlassen,  wenn  wir  aus  praktisch-klinischer Erfahrung  wissen,  daß  die  Funktionen  sich  nicht  wieder  einspielen,  der Verfall  also  unaufhaltsam  nachfolgt,  und  hierzu  gehört  auch  die  vorzeitige Beendigung  der  Beatmung.  Zusammen  mit  vielen  meiner  neurochirurgischen  Kollegen  bin  ich  aus  der  praktischen  Erfahrung  der  Überzeugung, daß  das  Hirnszerber  durch  die  Kriterien  der  Bewußt-  und  Reflexlosigkeit, fehlender  Spontanatmung  und  fehlender  Pupillenreaktion  so  sicher  nachgewiesen  ist,  daß  wir  (bei  Ausschluß  einer  Intoxikation  und  unter  der  Voraussetzung  einer  direkten  traumatischen  Hirnschädigung)  nach  Ablauf  von 12  Stunden  auch  ohne  EEG  und  ohne  Angiogramm  berechtigt  sind, weitere  therapeutische  Maßnahmen  wie  auch  die  künstliche  Beatmung  einzustellen.  Wir  sind  allerdings  nicht  der  Meinung,  daß  der  Hirnzed  ohne  EEG ausreichend  nachgewiesen  ist,  wenn  wir  Organe  entnehmen  wollen;  dazu bedarf  es,  als  zusätzliches  Kriterium,  der  EEG-Ableitung  oder  des  angiografischen  Nachweises  des  cerebralen  Zirkulationsstillstandes.}}


== Anhang ==
== Anhang ==

Aktuelle Version vom 19. November 2024, 08:08 Uhr

Intoxikation ist eine Vergiftung.
Im Zusammenhang mit Hirntod ist zwischen zwei Formen der Intoxikation zu unterscheiden:

  • nicht tödliche Intoxikation als Ausschlusskriterium bei der HTD
  • tödliche Intoxikation als Ursache des Hirntodes

Intoxikation als Ausschlusskriterium bei der HTD

Im Untersuchungszeitraum dürfen die klinischen Symptome des Hirnfunktionsausfalls nicht durch reversible Einflüsse überlagert sein. Dazu gehören u. a. Intoxikationen, dämpfende Medikamente, neuromuskuläre lockade, reversible Erkrankungen des Hirnstamms oder des peripheren Nervensystems, primäre oder therapeutische Hypothermie, Kreislaufschock, Koma bei endokriner, metabolischer oder entzündlicher Erkrankung.[1]

Bei der HTD gehört die Intoxikation bei den Voraussetzungen zu den Ausschlusskritierien, d.h. sie muss ausgeschlossen sein, bevor mit der HTD begonnen wird.

Beispiel:

Im Jahr 2009 wurde die 41jährige Colleen S. Burns in eine New Yorker Klinik eingeliefert. Sie hatte eine Überdosis Beruhigungsmittel bzw. Drogen[Anm. 1] genommen. Es wurde an ihr trotz dieser Überdosis eine HTD durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass sie hirntot sei. Da eine Zustimmung zur Organspende vorlag, wurde sie bereits auf die Organentnahme vorbereitet, doch dann waren an Colleen S. Burns Lebenszeichen erkennbar. Die Organentnahme wurde nicht begonnen. Colleen S. Burns erwachte wieder ins Leben.
Die Überdosis hatte bei Colleen S. Burns sogar die Hirnstammreflexe gelähmt und damit Hirntod vorgetäuscht. Auch bestimmte Vergiftungen - insbesondere bei Nervengiften (z.B. das Gift des Kugelfisches) - können zu einer Lähmung der Hirnstammreflexe führen. Aus diesem Grunde ist es wichtig, die Voraussetzungen genau zu prüfen, bevor man mit der HTD beginnt.
Insgesamt sollen bei Colleen S. Burns in der Klinik vier Behandlungsfehler begangen worden sein. Daher kam es zu einem Gerichtsverfahren, das im September 2012 mit einer Geldstrafe von 22.000 Dollar - umgerechnet 17.000 Euro - für die Klinik endete.
Colleen S. Burns nahm sich 2011 das Leben.[2]

Intoxikation als Ursache des Hirntodes

Intoxikation (z.B. vom Kugelfisch, von Medikamenten oder Gase) kann über einen Sauerstoffmangel zur Hirnschwellung führen, die in der Folge so stark ansteigt, dass der Hirndruck den mittleren arteriellen Druck übertrifft. Damit stoppt die Durchblutung des Gehirns und der Hirntod tritt ein. Damit gehört die tödliche Intoxikation zur sekundären Hirnschädigung.

Wenn als irreversible Langzeitfolge der Intoxikation eine schwere hypoxische Hirnschädigung auftritt und aufgrund der vorliegenden Befunde klar ist, dass es sich um eine in den Richtlinien der BÄK benannte schwere und irreversible "sekundäre Hirnschädigung" handelt, kann nach Abklingen der Intoxikation eine HTD durchgeführt werden.

Zitate

Auf der XI. gemeinsamen Tagung der Österreichischen, Schweizerischen und Deutschen Gesellschaften für Anaesthesiologie und Wiederbelebung vom 03. bis 06. September 1969 in Saarbrücken sagte Kubicki:[3]

Es ist nicht nötig festzustellen, welches Medikament in welcher Menge genommen wurde- Sie müssen nur in Erfahrung bringen, ob überhaupt mit einer Intoxikation gerechnet werden muß. Diese Antwort können Sie in spätestens 6 Stunden haben. Inzwischen leiten wir das EEG für jeweils 1/, Stunde ab. Selbst kleine Potentialaufbrüche kommen selten in größeren Abständen als 10 min vor, so daß wir sie mit einer Y,stündigen Ableitung überwiegend erfassen. Aus praktischen Gründen kann man andererseits auf einer Intensivstation doch nicht länger störungsfrei, d.h. in Ruhe arbeiten, Schließlich sollte man nach 3-4 Stunden ein cerebrales Arteriogramm machen, und zwar nicht nur bei den schweren Schädel-Hirn-Verletzungen. KÄUFER und PENIN haben erst kürzlich berichtet, daß es bei jeder Form cerebraler Anoxie über die Azidose zu einer schweren Steigerung des Schädelinnendrucks kommen kann, die bis zur Unterbrechung der intrakraniellen Zirkulation führt. Es ist nicht genügend bekannt, daß dies nicht nur nach Traumen und Hirnoperationen, sondern häufig auch nach Ischämien oder Anoxien vorkommt.

Loew sagte auf der gleichen Tagung:[4]

Den Hirntod müssen wir nur dann positiv nachgewiesen haben, wenn wir ein Organ entnehmen wollen, denn das dürfen wir nur beim Toten. Beim Sterbenden können wir bestimmte

Behandlungsmaßnahrmen unterlassen, wenn wir aus praktisch-klinischer Erfahrung wissen, daß die Funktionen sich nicht wieder einspielen, der Verfall also unaufhaltsam nachfolgt, und hierzu gehört auch die vorzeitige Beendigung der Beatmung. Zusammen mit vielen meiner neurochirurgischen Kollegen bin ich aus der praktischen Erfahrung der Überzeugung, daß das Hirnszerber durch die Kriterien der Bewußt- und Reflexlosigkeit, fehlender Spontanatmung und fehlender Pupillenreaktion so sicher nachgewiesen ist, daß wir (bei Ausschluß einer Intoxikation und unter der Voraussetzung einer direkten traumatischen Hirnschädigung) nach Ablauf von 12 Stunden auch ohne EEG und ohne Angiogramm berechtigt sind, weitere therapeutische Maßnahmen wie auch die künstliche Beatmung einzustellen. Wir sind allerdings nicht der Meinung, daß der Hirnzed ohne EEG ausreichend nachgewiesen ist, wenn wir Organe entnehmen wollen; dazu bedarf es, als zusätzliches Kriterium, der EEG-Ableitung oder des angiografischen Nachweises des cerebralen Zirkulationsstillstandes.

Anhang

Anmerkungen

  1. Hier sind sich die Zeitungsberichte nicht einig. Es scheint jedoch so gewesen zu sein, dass sie sich mit der Überdosis das Leben nehmen wollte. 16 Monate später erreichte sie dieses Ziel.

Einzelnachweise

  1. BÄK: Richtlinie für die Regeln zur Feststellung des Todes. (2015), Seite 3.
  2. https://de.nachrichten.yahoo.com/-tote--erwacht-im-krankenhaus-zum-leben-084024615.html Zugriff allesamt am 12.8.2015.
  3. Kubicki: Podiumsgespräch. In: K. Hutschenreuter, K. Wiemers (Hg.): Intensivbehandlung und ihre Grenzen. Berlin 1971, 123.
  4. Loew: Podiumsgespräch. In: K. Hutschenreuter, K. Wiemers (Hg.): Intensivbehandlung und ihre Grenzen. Berlin 1971, 125.