Entlastung der Hinterbliebenen: Unterschied zwischen den Versionen
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# Wie entscheiden Sie, die [[Hinterbliebenen]]? | |||
Es wird somit immer versucht, nach dem schriftlichen, mündlichen oder mutmaßlichen Willen des [[Hirntoten]] zu verfahren. Die [[Hinterbliebenen]] haben erst dann ein Entscheidungsrecht, wenn der primäre Weg nicht gangbar ist. Dies spiegelt sich in den Jahresberichten der [[DSO]] wider. | Es wird somit immer versucht, nach dem schriftlichen, mündlichen oder mutmaßlichen Willen des [[Hirntoten]] zu verfahren. Die [[Hinterbliebenen]] haben erst dann ein Entscheidungsrecht, wenn der primäre Weg nicht gangbar ist. Dies spiegelt sich in den Jahresberichten der [[DSO]] wider. |
Version vom 12. Mai 2023, 09:26 Uhr
Organspende: Ist der Patientenwille unbekannt, lehnen die meisten Angehörigen ab Eine Untersuchung der sieben Universitätskliniken in NRW zeigt, dass die wenigsten Menschen ihren Willen dokumentieren. Das belastet Angehörige sehr, mitunter kommt es sogar zu Konflikten in Familien.[1] Siehe hierzu auch: Der Ausweis |
Beschreibung der Situation
Derzeit müssen nach festgestelltem Hirntod in über 80% der Fälle die Hinterbliebenen nach dem mutmaßlichen Willen des Hirntoten gefragt werden, da keine schriftliche Erklärung zu dieser Frage vorliegt. In über 50% der Fälle vermuten die Hinterbliebene den Willen oder entscheiden selbst, weil sie den Willen des Hirntoten nicht kennen. Dies ist in Anbetracht der Trauer über den raschen Tod eine große Belastung für die Hinterbliebenen, die mit der Widerspruchslösung genommen werden kann.
Entscheidung der Organspender | Entscheidung der Nicht-Organspender |
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Quelle: DSO: Jahresberichte 2008-2017 | Quelle: DSO: Jahresberichte 2008-2017 |
Bereits im Jahr 2009 wurde die Widerspruchsregelung von den Bundesländern ernsthaft diskutiert.[2]
Marcel Huber schrieb im DSO-Jahresbericht 2011 der Region Bayern: "Das Bayerische Gesundheitsministerium hatte sich daher für die Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung eingesetzt, im Sinne einer stärkeren Eigenverantwortung des Einzelnen und einer Entlastung der Angehörigen."[3]
Bis zum Jahr 2012 lag bei weniger als 10% der potentiellen Organspendern eine schriftliche Willenserklärung zur Frage der Organspende vor. Bei den Organspendern lag für ca. 20% eine mündliche Zustimmung vor, bei den Nicht-Organspendern lag bei ca. 30% ein mündlicher Widerspruch vor. Bei rund 70% der Hirntoten hatten die Hinterbliebenen entschieden. Um die Hinterbliebenen in dieser eh´ schon schwierigen Situation des plötzlichen Todes emotional zu entlasten, wurde im Jahr 2012 der Gesetzentwurf zur Änderung von der Zustimmungsregelung zur Erklärungsregelung auf den Weg gebracht.[4]
Die "Barmer" Krankenkasse schrieb in ihrer Broschüre "Gesundheitswesen aktuell 2012" auf Seite 181: "Der wesentliche Fortschritt der Entscheidungslösung besteht in einer Entlastung der Angehörigen. Sie müssen aufgrund der vermehrt dokumentierten Spendebereitschaft seltener als bisher in einer extrem belastenden Situation über die Organentnahme entscheiden."[5]
Im Herbst 2012 wurde das TPG dahingehend geändert, dass sich jeder Bürger ab dem vollendetem 16. Lebensjahr zur Frage der Organspende erklären solle. Die hierfür notwendige Aufklärung und Umsetzung sollten die Krankenkassen übernehmen. Bis zum Jahr 2017 stieg der Anteil der potentiellen Organspender mit schriftlicher Erklärung auf 16,0%. Damit kommen 84% der Bürger dem gesetzlichen Auftrag nicht nach. 5 Jahre haben sich die Krankenkassen und viele Gruppen und Personen darum bemüht, die Bürger zum Ausfüllen des Organspendeausweises zu bewegen und haben wenig erreicht. Das 2012 gesetzte Ziel wurde nicht erreicht.
Damit müssen die Ärzte in der Klinik bei über 80% der potentiellen Organspender die Hinterbliebenen nach dem Willen des Hirntoten fragen. Dies ist für die Hinterbliebenen in dieser Situation eine sehr schwere Frage, die ihre Trauer nur schwerer macht. Um zu verdeutlichen, wie schwer diese Situation ist, in der den Hinterbliebenen die Frage um die Organspende gestellt wird, sei hier kurz ein typischer Ablauf beschrieben:
In den meisten Fällen läuft der zum Hirntod führende Prozess binnen acht Tagen ab: Der Mensch wird durch das todbringende Ereignis – bei über 50% eine massive Hirnblutung, bei je etwa 15% ein massiver Hirninfarkt, ein schweres Schädelhirntrauma (Unfall) oder ein Stillstand des Blutkreislaufs – plötzlich aus dem Leben gerissen. Er kommt komatös auf die Intensivstation. Dort versuchen die Ärzte das Leben des Patienten zu retten und seine Gesundheit wieder herzustellen. Es folgen für die Angehörigen Tage volle Ängste und Hoffnungen. Irgendwann erkennen die Ärzte die Schwere der Erkrankung. Für die Angehörige sinkt die Hoffnung. Schließlich gibt es deutliche Hinweise, dass der Hirntod eingetreten ist. Die Hirntoddiagnostik wird durchgeführt und bestätigt meist binnen 12 Stunden den Verdacht. Dies ist für die Hinterbliebenen ein schwerer Schlag. Erschwerend kommt hinzu, dass der Hirntod ein unsichtbarer Tod ist. Hirntote unterscheiden sich äußerlich in nichts von Komapatienten. In diese Situation der frischen Trauer und des unsichtbaren Todes haben in den meisten Fällen die Ärzte die Hinterbliebenen zu fragen, ob sie einer Organentnahme zustimmen. Für die Hinterbliebenen in dieser Situation eine weitere schwere Belastung.
{{Zitat|Beschreibung der Situationen der Intensivstation bei der Frage um Beendigung der Therapie:
Es liegt eine Patientenverfügung vor, die klar besagt, dass der Patient diesen hoffnungslosen Zustand als nicht lebenswert ansieht und die Beendigung der Therapie wünscht. Es wird vor diesem Schritt immer mit den Angehörigen gesprochen, ob sie den Willen des Patienten um Therapiebeendigung mittragen. Oft sind dann Sätze wie "Das kann ich nicht entscheiden" zu hören.
Es wird immer wieder darauf verwiesen, dass es nicht um die Entscheidung der Angehörigen geht, sondern ob sie den Willen des Patienten mittragen. Mitunter ist dies echt schwere Arbeit, bis die Angehörigen verstanden haben, dass sie nichts zu entscheiden haben, sondern es um die Frage geht, ob sie den Willen des Patienten mittragen. Wenn diese Einsicht erreicht ist, stimmen sie erleichtert bis auf wenige Ausnahmen ganz schnell der Beendigung der intensivmedizinischen Maßnahmen zu.
Entscheidungsfindung nach Zustimmungsregelungen
Ob Zustimmungsregelung, Entscheidungsregelung, oder Erklärungsregelung, es müssen nach der Feststellung des Hirntodes nach § 4 TPG vom Arzt bis zu 4 Fragen an die Hinterbliebenen gestellt werden:
- Liegt eine schriftliche Willenserklärung des Hirntoten vor?[Anm. 1]
- Ist Ihnen eine mündliche Willenserklärung des Hirntoten bekannt?[Anm. 2]
- Was meinen Sie, was der Wille des Hirntoten zur Frage der Organspende sein könnte?[Anm. 3]
- Wie entscheiden Sie, die Hinterbliebenen?
Es wird somit immer versucht, nach dem schriftlichen, mündlichen oder mutmaßlichen Willen des Hirntoten zu verfahren. Die Hinterbliebenen haben erst dann ein Entscheidungsrecht, wenn der primäre Weg nicht gangbar ist. Dies spiegelt sich in den Jahresberichten der DSO wider.
Entscheidungsfindung nach Widerspruchsregelung
Der entscheidende und für die Hinterbliebenen auch den entlastenden Unterschied liegt in der Fragestellung bei der Widerspruchsregelung:
- "Ist Ihnen ein schriftlicher Widerspruch des Hirntoten zur Organentnahme bekannt?"
- "Ist Ihnen ein mündlicher Widerspruch des Hirntoten zur Organentnahme bekannt?"
Damit würden die als sehr belastend empfundenen Fragen 3. und 4. entfallen.
Bei einer doppelten Widerspruchsregelung würden die Hinterbliebenen bei fehlendem Widerspruch des Hirntoten gefragt werden, ob sie mit der offensichtlichen Zustimmung zur Organentnahme durch den Hirntoten einverstanden sind.
Anhang
Anmerkungen
- ↑ Wenn diese vorliegt, wird danach verfahren. Andernfalls kommt es zur Frage 2.
- ↑ Wenn diese vorliegt, wird danach verfahren. Andernfalls kommt es zur Frage 3.
- ↑ Wenn die Hinterbliebenen eine Vorstellung bzw. Meinung haben, wie der Hirntote zur Frage zur Organspende gestanden haben dürfte, wird entsprechend verfahren. Andernfalls kommt es zur 4. Frage.
Einzelnachweise
- ↑ Carolin Nieder-Entgelmeier: Organspende: Ist der Patientenwille unbekannt, lehnen die meisten Angehörigen ab. In: NW-Nachrichten (14.04.2023) Nach: https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/23535300_Organspende-Ist-der-Patientenwille-unbekannt-lehnen-die-meisten-Angehoerigen-ab.html Zugriff am 16.04.2023.
- ↑ http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/137/1613740.pdf Zugriff am 09.01.2019.
- ↑ DSO-Jahresbericht 2011. Region Bayern, 4. Nach: https://www.dso.de/fileadmin/templates/media/Uploads/Archiv_Jahresberichte_ab_2010/04_regJB_Bayern_2011.pdf Zugriff am 09.01.2019.
- ↑ Quellen, die belegen, dass es im Jahr 2012 bei der Änderung von der Zustimmungsregelung zur Erklärungsregelung um die emotionale Entlastung der Hinterbliebenen ging (Zugriff am 09.01.2019):
- https://organspende-aufklaerung.de/organspende_news-organspenderegelung-verabschiedet-26-05-12.html
- http://www.evangelische-krankenhausseelsorge-bayern.de/sites/evangelische-krankenhausseelsorge-bayern.de/files/Aldebert,%20Organtransplantation-Vortrag.pdf
- https://d-nb.info/1029693781/34
- https://www.uetze.de/portal/meldungen/organspendeausweis-im-buergerbuero-erhaeltlich-917000499-21300.html
- http://www.schattenblick.de/infopool/politik/kommen/raub1033.html
- ↑ https://www.barmer.de/blob/71446/127f339e85e745cedee01ddb1ca6e191/data/finanzierung-von-organspende-und-organtransplantation.pdf Zugriff am 09.01.2019.