Spinale Reflexe
Ein Reflex ist eine unwillkürliche, stets gleich verlaufende Antwort eines Organs (z.B. Muskel) auf einen bestimmten Reiz (z.B. Dehnung). Ein Reflex wird immer über das ZNS vermittelt. Anatomische Grundlagen der Reflexe sind Reflexbögen.[1] |
Ein Reflex ist eine zweckgerichtete, stereotypische Antwort auf einen definierten Reiz unter gleichbleibenden Bedingungen. Reflexe dienen der Stabilisierung eines Zustands oder Vorgangs. Bei spinalen Reflexen liegt das Reflexzentrum im Rückenmark.[2] |
Nervensystem im Rückenmark
Spinale Reflexe sind unbedingte Reflexe, die im Gegensatz zu den erworbenen bedingten Reflexen genetisch determiniert sind.[2] |
Viele periphere vegetative Neurone sind spontan aktiv; die Effektorzellen werden durch Erhöhung und Erniedrigung dieser Aktivität beeinflusst.[3] |
Viele Typen von vegetativen Neuronen sind unter Ruhebedingungen spontan aktiv (z.B. Vasokonstrikorneurone, Kardiomotoneurone, Sudomotoneurone, mortilitäsregulierende Neurone zu den Eingeweiden). Andere werden nur unter speziellen Bedingungen aktiviert. Die Spontakaktivität ist wichtig für die Regulation der Durchblutung von Organen, des peripheren Widerstandes und des Herzminutenvolumens. ... Die Spontanaktivität in den vegetativen Neuronen hat ihren Ursprung in Hirnstamm und Rückenmark."[3] |
Die spinalen parasympathischen und sympathischen Systeme unterliegen hemmenden und erregenden Einflüssen von Hirnstamm und Hypothalamus. Dort werden die spinalen Systeme zu Funktionskomplexen höherer Ordnung organisiert".[4] |
Die spinale vegetative Reflexmotorik ist in die suprasinal organisierten vegetativen Regulationen integriert. Sie funktioniert auch nach Durchtrennung des Rückenmarks im chronischen Zustand.[5] |
Das Verhältnis von Motoneuronen zu Interneuronen im Rückenmark beträgt etwa 1:30.[6]
Muskeldehnungsreflexe
Muskeldehnungsreflexe sind Eigenreflexe, die der Lagestabilisierung dienen. Sie sind teils phasischer (monosynaptisch verschaltet), teils tonischer Natur (meist di-, aber auch poysynaptisch verschaltet). Sie sind die einfachsten spinalen Reflexe. Da Sensor und Effektor den gleichen Muskel betreffen, sind sie Eigenreflexe.[7]
Muskeldehnungsreflexe sind die einfachste Form eines Reflexes, der bei plötzlicher Dehnung eines Muskels reflektorisch zu seiner raschen Kontraktion führt.[8]
Einfluss des Hirnstamms
Regelkreise, die den Hirnstamm einbeziehen, ermöglichen die aufrechte Körperhaltung und weitere stützmotorische Funktionen. |
[9]}}
Durch Einbeziehung von motorischen Zentren im Hirnstamm wird das Gleichgewicht gehalten.[9]
Hemmungungen
Die Renshaw-Hemmung im Rückenmark dient dazu, die Aktivität der Motoneuronen zu bremsen und so eine überschießende Antwort auf einen Reiz zu verhindern. Ein Ausschalten dieser Hemmung, z.B. im Rahmen einer Tetanus-Erkrankung (= Wundstarrkrampf) führt dann zu erhöhter motorischer Aktivitätsbereitschaft: überschießende Reflexe schon bei kleinsten Reizen, Trismus (Kieferklemme), Opisthotonus (Überstrecken des Rumpfes). Mit Hilfe der Renshaw-Hemmung kann die Muskelkraft an unterschiedliche Erfordernisse angepasst werden.[10]
Neben der Renshaw-Hemmung gibt es auf der Ebene des Rückenmarks noch die präsynaptische Hemmung.[11]
Eine Hyperreflexie sit auch bei Funktionsstörungen der deszendierenden zentralen Bahnen (z.B. nach einem Infarkt im motorischen Kortex wegen fehlender präsynaptischer Hemmung zu beobachten. Die pathophysiologisch gesteigerten Eigenreflexe werden dann von einer Erhöhung des Muskeltonus (Spastizität) begleitet.[12] |
Anatomie der Reflexe
Spinale Reflexe (lat. spinalis = Rückenmark)[13] sind vom Rückenmark ausgehende Reflexe. Sie sind benannt nach den 5 Abschnitten der Wirbelsäule:[14]
- Halswirbel (Pars cervicalis) 8 Segmente (C1–C8):
Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für:- C1 = Kopf, Gesicht, Blutzufuhr zum Kopf, Gehirn, Ohren, Sympaathikus
- C2 = Gesichtshöhlen Augen, Stirn, Zunge, Sehnerv
- C3 = Wangen, Zähne, Ohren, Gesichtsknochen
- C4 = Mund, Lippen, Nase, Ohrtrompete
- C5 = Stimmbänder, Rachenhöhle, Halsdrüsen
- C6 = Halsmuskel, Mandeln, Schulter
- C7 = Schulterschleimbeutel, Ellenbogen, Schilddrüse
- Brustwirbel (Pars thoracica) 12 Segmente (Th1–Th12):
Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für:- Th1 = Unterarm und Hand, Luftröhre, Speiseröhre
- Th2 = Herzklappen, Herzkranzgefäße, Arme
- Th3 = Brustkorb, Lunge, Brüste, Bronchien, Arme
- Th4 = Gallenblase, Gallengänge
- Th5 = Leber, Blut, Sonnengeflecht
- Th6 = Magen, Knie
- Th7 = Zwölffingerdarm, Pankreas
- Th8 = Milz, Zwerchfell, Knie
- Th9 = Nebennieren
- Th10 = Nieren
- Th11 = Harnröhren, Nieren
- Th12 = Dünndarm, Eileiter, Blutkreislauf, Arm
- Lendenwirbel (Pars lumbalis) 5 Segmente (L1–L5):
Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für:- L1 = Dickdarm, Arm
- L2 = Bauch, Oberschenkel, Blinddarm
- L3 = Geschlechtsorgane, Blase, Knie
- L4 = Ischias-Nerv, untere Rückenmuskeln, Prostata
- L5 = Bein, Fußknöchel, Fuß, Hüfte, Gesäß, Mastdarm, After
- Kreuzbein (Pars sacralis): 5 Segmente (S1–S5)
Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für: Hüftgelenk, Gesäß - Steißbein (Pars coccygis): 1 Segment (Co1)
Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für: Mastdarm, After
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Martin Trepel: Neuroanatomie. Struktur und Funktion. 7. Auflage. München 2017, 93.
- ↑ a b Robert F. Schmidt, Florian Lang (Hg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 30. Auflage. Heidelberg 2007, 146.
- ↑ a b Robert F. Schmidt, Florian Lang (Hg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 30. Auflage. Heidelberg 2007, 454.
- ↑ Robert F. Schmidt, Florian Lang (Hg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 30. Auflage. Heidelberg 2007, 456.
- ↑ Robert F. Schmidt, Florian Lang (Hg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 30. Auflage. Heidelberg 2007, 457.
- ↑ Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 829.
- ↑ Robert F. Schmidt, Florian Lang (Hg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 30. Auflage. Heidelberg 2007, 149.
- ↑ Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 824.
- ↑ a b Robert F. Schmidt, Florian Lang (Hg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 30. Auflage. Heidelberg 2007, 160.
- ↑ Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 831.
- ↑ Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 832.
- ↑ Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 838.
- ↑ Pschyrembel: Medizinisches Wörterbuch. spinal. Seite 1566.
- ↑ http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCckenmark#Gliederung Zugriff am 8,3.2014.
- http://www.medizinfo.de/ruecken/anatomie/wirbelsaeule.shtml Zugriff am 8.3.2014.
- http://www.biokurs.de/skripten/12/bs12-40.htm Zugriff am 8,3.2014.
- http://www.dornfinder.org/eckert Zugriff am 8,3.2014.
- http://www.naturheilpraxis-stolle.de/Wirbelverlagerung/wirbelverlagerung.html Zugriff am 8,3.2014.