Behandlungskosten

Aus Organspende-Wiki
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Grundsätzliches

si Die Behandlungskosten sind nach der Feststellung des Hirntodes wie folgt geregelt:

  1. Mit der Feststellung des Hirntodes ist medizinisch und juristisch der Tod des Menschen festgestellt. Damit erlischt das Versicherungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Versichertem. Die Krankenkasse bezahlt keine intensivmedizinische Weiterbehandlung über den Hirntod hinaus.
    Wenn die Hinterbliebenen auf eine Weiterbehandlung bestehen, kann die Klinik die Hinterbliebenen einen Vertrag unterschreiben lassen, dass sie nun alle weiteren Kosten übernehmen.
  2. Liegen transplantable Organe und eine Zustimmung zur Organspende vor, so bezahlen die Krankenversicherungen der Organempfänger die Fortsetzung der intensivmedizinischen Behandlung bis zur Organentnahme.
  3. Ist die Hirntote schwanger, bezahlt die Krankenkasse der Hirntote die Kosten für die intensivmedizinische Weiterbehandlung bis zur Geburt des Kindes.

Beispiel Worms

Wie KAO in einer Pressemitteilung vom 26.02.2016[1] mitteilte, war ein Patient "nach einer Wiederbelebung mit Hirnödem auf einer Intensivstation behandelt worden. Eine Organspende lehnten die Angehörigen ab. Trotzdem wurde der Patient an die Deutsche Stiftung Organtransplantation gemeldet und ohne ihr Wissen eine Hirntoddiagnostik durchgeführt. Dazu wurde keine Zustimmung eingeholt."[Anm. 1]

Nachdem der Hirntod festgestellt war, wurde dies den Hinterbliebenen mitgeteilt. Da von vornherein klar war, dass keine Organspende gewünscht ist, wurde den Hinterbliebenen gesagt, dass nun die künstliche Beatmung abgeschaltet wird. Die Hinterbliebenen "wehrten sie sich gegen die Einstellung der Therapie und unterschrieben unter diesem Druck ein Schriftstück, in dem ihnen - quasi als Sanktion - die Behandlungskosten ab dem Zeitpunkt der Hirntod-Diagnose aufgebürdet wurden."[Anm. 2]

Nach dem irreversiblen Herzstillstand forderte Klinikum Worms forderte von den Hinterbliebenen 27.000 Euro Behandlungskosten. Der Streit endete schließlich vor Gericht. Das Verfahren endete mit einem Vergleich. Die Hinterbliebenen waren bereit,[Anm. 3] "für die Behandlung ihres „toten“ Verwandten" 10.000 Euro in Raten zu zahlen. Mit Anwalts- und Gerichtskosten soll die Gesamtsumme für die Hinterbliebenen "weit über 20.000 Euro" betragen haben.

KAO "rät allen Mitgliedern, wie auch auf ihrem Nicht-Organspender-Ausweis angegeben, dieser Diagnostik zu widersprechen. Sie ist für eine intensivmedizinische Behandlung oder einen Behandlungsabbruch nicht notwendig."
Zur Klarstellung:

  • Die HTD ist für keine intensivmedizinische Behandlung notwendig, da die HTD zum Zweck des Behandlungsabbruchs durchgeführt wird.
  • Die HTD ist für den Behandlungsabbruch nicht notwendig, wenn die Angehörigen diesem zustimmen, z.B. durch vorliegende Patientenverfügung.
  • Die HTD ist für den Behandlungsabbruch notwendig, wenn die Angehörigen eine Weiterbehandlung fordern, es medizinisch jedoch deutliche Anzeichen von Hirntod vorliegen. Damit wird einer Weiterbehandlung eines Hirntoten vorgebeugt.
Fazit:
  • Es ist Aufgabe des Arztes, den Tod des Menschen festzustellen, auch den Hirntod.
  • Mit Feststellung des Hirntodes ist der medizinisch und juristisch Mensch tot, auch wenn dies einige Menschen anders sehen.
  • Ab dem Zeitpunkt der Feststellung des Hirntodes zahlt keine Krankenkasse für die Weiterbehandlung des Hirntoten. - Bei Organspendern zahlen die Krankenkassen der Organempfänger die Kosten der Weiterbehandlung bis zur Organentnahme.
  • Wehren sich die Hinterbliebenen gegen den Behandlungsabbruch (z.B. weil sie den Hirntod nicht als Tod des Menschen anerkennen), haben sie die Kosten der Weiterbehandlung zu zahlen.

Horst Lippke

Silvia Matthies berichtete am 17.06.2015 in "Der Freitag" von Horst Lippke (73), der sich beim Festessen seiner goldenen Hochzeit verschluckt haben und einen Atemstillstand erlitten haben soll. Er wurde zweimal reanimiert und gegen 20.30 Uhr ins Klinikum Worms eingeliefert. Dort stellten die Ärzte die Diagnose: Hirnschaden aufgrund von Sauerstoffmangel. 18 Tage später wurde der Hirntod diagnostiziert. Der Oberarzt will hierauf die künstliche Beatmung beenden, doch die Hinterbliebenen sind dagegen. Der Oberarzt versuchte, die Einstellung der Beatmung über das Vormundschaftsgericht zu erzwingen. Der Richter stellte fest, er könne das nicht entscheiden, vielmehr solle sich der Arzt mit den Angehörigen einigen. Frau Lippke unterschrieb nach der Feststellung des Hirntods eine Kostenübernahmeerklärung. Für die 11-tägige Behandlung des Hirntoten auf der Intensivstation soll sie 27.560 Euro bezahlen.[2] - Es hat den Anschein, als würde es sich hierbei um den von KAO dargestellten Fall handeln, der oben beschrieben ist.

Beispiel aus eigenem Erleben

Ich wurde als Klinikseelsorger auf die Intensivstation zum Therapieende bei einem Patienten gerufen. Die Ärzte rangen schon seit Tagen um das Leben des Patienten, der seit 3 Tagen an der ECMO (Herz-Lungen-Maschine) angeschlossen war. Sein Blutdruck betrug etwa 60:20. Die Ärzte sagten der Ehefrau, dass er diesen Zustand keineswegs überleben kann, denn das Herz ist zu schwach, die Lunge arbeitet nicht mehr, die Niere und die Leber funktionieren nicht mehr. Dieses Multiorganversagen ist nicht zu überleben.
Mit diesem Wissen habe ich dem Sterbenden den Sterbesegen gespendet und damit Gott gebeten, dass er sich auch ihm als der gute Hirte - habe Psalm 23 gebetet - erweisen und ihn gut von unserer Welt in den Himmel begleiten möge. - Damit unterstrich ich die aussichtslose Situation, die der Stationsarzt zuvor der Ehefrau beschrieben hatte.
Nach dem Sterbesegen wollte der Stationsarzt die Geräte abstellen. Die Ehefrau forderte, dass alles getan werden sollte, um das Leben ihres Ehemannes zu erhalten.

Solche Situationen erlebe ich als Klinikseelsorger selten. Häufiger ist die Situation, dass entgegen der vorliegenden Patientenverfügung, die für den aktuellen Zustand die Beendigung der Therapie wünscht, die bevollmächtigte Person auf die Weiterbehandlung besteht.[Anm. 4]

Anhang

Anmerkungen

  1. Um eine HTD durchführen zu können, bedarf es keine Zustimmung. Es ist sogar die Pflicht der Ärzte, den eingetretenen Tod festzustellen, auch den eingetretenen Hirntod. Siehe: Todesfeststellung
  2. Mit der Feststellung des Hirntodes ist der Tod des Menschen festgestellt. Daher zahlt die Krankenkasse ab Feststellung des Hirntodes keine Weiterbehandlung. Die Klinik wollte aber nicht auf den Kosten sitzen bleiben und ließ die Hinterbliebenen ein Schriftstück unterschreiben, mit dem sie die Folgekosten übernehmen würden. - Dies ist völlig verständlich. Wie dies jedoch in der Klinik kommuniziert wurde, bleibt offen.
  3. "Die Angehörigen müssen nun 10.000 Euro in Raten für die Behandlung ihres „toten“ Verwandten zahlen." Diese Aussage auf der Seite von KAO ist unkorrekt. Wie ein Elektronischer Brief vom 19.12.2019 des Landgerichts Mainz bestätigt, wurde ein Vergleich geschlossen. Damit waren die Hinterbliebenen freiwillig dazu bereit 10.000 Euro für die Behandlungskosten zu zahlen.
  4. Bei einem solchen Interessenkonflikt könnte sich der behandelnde Arzt an das Amtsgericht wenden. Der Richter würde die Sache prüfen und dann die Beendigung der Therapie anordnen. - Damit wäre zwar dem Willen des Patienten entsprechend seiner Patientenverfügung entsprochen, aber der/die Hinterbliebene(n) würden in der Öffentlichkeit erzählen, dass dieser Arzt bzw. diese Klinik die Menschen tötet/umbringt. Um diese zu vermeiden, wird dem Wunsch des Bevollmächtigten entsprochen.

Einzelnachweise

  1. KAO: Pressemitteilung 26.02.16. Nach: xyzs://archiv.initiative-kao.de/kao-aktuell-26-02-16-2-urteil-kostenbeteiligung-hirntot-organspendewiderspruch.html Zugriff am 08.12.2018.
  2. Silvia Matthies: Das Maß der Dinge. In: Der Freitag (17.06.2015). Nach: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/das-mass-der-dinge Zugriff am 17.05.2022.