Lebendspende

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Bei der Organspende und Gewebespende gibt es 3 verschiedene Spendeformen:

  1. Lebendspende
    Bei der Lebendspende lebt der Spender nach der Spende der Organe (nur Niere oder Leberlappen möglich) oder des Gewebes (z.B. Blut, Knochenmark) ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen weiter.
  2. Totspende
    Bei der Totspende muss zum Zeitpunkt der Spende der Tod des Menschen festgestellt sein. Bei einer Totspende ist nur eine Gewebespende möglich, d.h. Augenhornhaut, Herzklappen, Blutgefäße, Knochen und Weichteilgewebe, Haut, Eihaut der Fruchtblase (Amnion) sowie Inselzellen.
  3. Hirntotspende
    Bei der Hirntotspende muss zum Zeitpunkt der Spende der Hirntod des Spenders festgestellt sein. Danach ist eine Organspende (Herz, Lunge, Leber, Niere, Pankreas und Dünndarm) und eine Gewebespende der Totspende möglich.


Lebendspende als Gewebespende

Lebendspende als Organspende

Allgemeines

Das TPG erlaubt nur Lebendspende zwischen nahestehenden Personen. In § 8 heißt es dazu, die "Entnahme einer Niere, des Teils einer Leber oder anderer nicht regenerierungsfähiger Organe ist darüber hinaus nur zulässig zum Zwecke der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen."

Alternative zur Totspende

Für Lebendspende kommen nur Niere und Teile einer Leber in Frage.[Anm. 1] Damit kommen Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm als Lebendspende nicht in Frage. - Zudem gibt es für die Lebendspende eine Reihe von Schwierigkeiten:

  • Sie kann den Bedarf der benötigten Organe nicht decken.
  • Sie ist gesetzlich nur im engsten Familienkreis möglich.[Anm. 2]
  • Der Spender kann bleibende gesundheitliche Schäden durch die Organentnahme erlangen.[Anm. 3]

Vorbereitungen zur Lebendspende

Bevor eine Lebendspende durchgeführt werden darf, müssen die Patienten normal gelistet sein. Eine Mindestdauer ist nicht vorgeschrieben, aber es wird nicht innerhalb eines Monats nach der Listung bereits eine Lebendspende durchgeführt.
Hintergrund dieser Regelung: Die Patienten sollen für eine gewisse Zeit die Chance haben, über die Todspende ein "Full-House-Organ" zu erhalten. Damit müsste der Transplantierte keine bis nur sehr wenig Immunsuppressiva einnehmen.

Meist erfolgen Lebendspende zwischen Ehepartnern und von einem Elternteil auf ein Kind. Nur in seltenen Ausnahmefällen wird auch eine Lebendspende von einem erwachsenen Kind[Anm. 4] durchgeführt. Frauen, die ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, werden wegen der hohen Belastung der Organe während der Schwangerschaft als Spenderinnen grundsätzlich abgelehnt.[Anm. 5]

Neben dem normalen Aufklärungsgespräch mit Listung - so wie bei der Todspende - kommt bei der Lebendspende noch ein Gespräch mit einer Ethikkommission hinzu. Beide Gespräche dürfen zum Zeitpunkt der TX nicht älter als 6 Monate sein.

Vor einer Lebendspende sollte der Spender mit seiner Krankenkasse und mit seiner Lebensversicherung Kontakt aufnehmen und sich schriftlich geben lassen, dass diese Lebendspende für Krankenkasse und Lebensversicherung keinerlei Auswirkungen hat.[Anm. 6]

Durchführung der Lebendspende

Zuerst wird beim Spender das Organ bzw. Organteil entnommen. Unmittelbar danach (meist im gleichen OP-Saal) wird dieses Organ bzw. Organteil dem Empfänger eingesetzt.
Dem Spender wird immer die kleinere Niere entnommen, damit die bessere Niere bei ihm verbleibt.

Der Spender ist für die Lebendspende etwa eine Woche in der Klinik, der Empfänger mehrere Wochen, davon nach der TX meist 3-5 Tage auf der Intensivstation.

Nach der Lebendspende soll der Spender jährlich zur Kontrolle ins TXZ kommen, um bei evtl. Auffälligkeiten möglichst rasch reagieren zu können.

Der Organempfänger muss 8-12 Wochen schwere körperlichen Anstrengungen (auch Kraftsport und den Bauch belastenden Sportarten bzw. Übungen) unterlassen, damit es zu keinem Narbenbruch kommt.

Cross-over-Spende

Lebendspende sind nach § 8 Abs. 1 TPG beschränkt "auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen." Doch manchmal passen die medizinischen Werte nicht zueinander. Damit ist bei aller Spendebereitschaft eine Lebendspende nach § 8 TPG nicht möglich. Es gibt weitere Paare (Patient und spendebereitem Spender), bei denen die medizinischen Werte nicht passen und bei denen eine Lebenspende nach § 8 TPG nicht möglich ist.

Bei der Cross-over-Spende (Über-Kreuz-Spende) werden zwei spendebereite Paare zusammengebracht. Der Spender von Paar A spendet sein Organ dem Patient von Paar B, während der Spender von Paar B sein Organ dem Patient von Paar A spendet. Damit ist zwei Paaren geholfen.

In anderen EU-Staaten ist die Cross-over-Spende erlaubt. Es kann sein, dass bei der nächsten Revision des TPG die Cross-over-Spende zugelassen wird.

Ringspende

Eine Ringspende ist eine Cross-over-Spende mit 3 oder mehr Paaren.

Infos für den Spender

Grundsätzlich sollte im Vorfeld der Organspende mit dem Kostenträger[Anm. 7] genau geklärt und von diesem schriftlich bestätigt werden, welche Kosten im konkreten Fall übernommen werden. Dies gilt erfahrungsgemäß insbes. bei:[1]

  • Fahrtkosten
  • Höhe des Verdienstausfalls
  • Rehabilitation
  • ggf. Haushaltshilfe

Risiken bei Lebensspenden

Bei Lebendspenden werden weniger als 1% der Empfänger wieder dialysepflichtig.

Bei den Spendern kann es zu Bluthochdruck kommen, der mit Medikamenten behandelt werden muss, mitunter sogar lebenslang.
Auch kommt in seltenen Fällen eine Art Burn-out vor, die bis zur Erwerbsunfähigkeit reichen kann.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied in seinem Urteil (AZ: 3 U 6/16), dass eine Organentnahme nicht dadurch rechtswidrig werde, dass verfahrensregelnde Vorschriften verletzt worden seien. Damit bestätigten sie das Urteil des Landgerichts Essen.[2]

Lebendspende in der Welt

In 11 EU-Staaten ist die Cross-over-Spende erlaubt.

In Österreich betrug in den Jahren 2017-2021 für eine Lebend-Nieren-Spende die Beziehung Spender zu Empfänger: 34,4% ein Elternteil, 30,5% der Ehepartner, 17,9% ein Geschwister, 4,6% ein(e) Freund/in, 4,3% der/die Lebensgefährt/in, 2,6% die Tante/der Onkel, 2,0% ein Kind, 1,0% ein Großelternteil.[3]

Die Spender

Die Lebendspender des Jahres 2022.[4]

Nation A B D H HR NL SLO
altruistischer Spender 1 1 - - - 31 -
anonymer Spender 1 - - - - 6 -
Schwager / Schwägerin - 1 5 - - 10 -
Schwiegervater / Schwiegermutter 2 - 3 - - 8 -
Freunde 1 - 20 6 - 66 -
keine Blutsverwandte 5 3 16 4 - 16 -
Schwiegersohn / Schwiegertochter - - 1 - - 6 -
Ehepartner 20 17 216 11 - 109 1
Bruder / Schwester 4 10 82 10 - 96 -
Cousin - 2 10 - - 3 -
Vater 6 15 79 5 4 39 -
Mutter 17 23 122 15 6 58 1
Großvater / Großmutter 1 - 4 - - 1 -
Neffe / Nichte - - 2 - - 10 -
Sohn / Tochter - 7 6 1 - 37 -
Onkel / Tante - 4 10 1 - 12 -
Summe 57 83 577 56 10 542 2

Tabellarische Übersicht

Die Transplant-Jahresberichte aus Österreich geben ab dem Jahr 2013 die internationalen Zahlen von Lebendspenden an:

Nation 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Belgien 3,0 9,4 9,6 7,9 10,0 8,7 7,9 6,3 5,0
Dänemark 13,5 18,7 19,2 20,6 19,1 16,1 13,3 ? 14,0
Deutschland 10,6 10,1 8,4 8,5 8,0 7,5 8,4 6,9 6,0
Finnland 2,0 2,4 2,7 2,7 4,0 5,3 5,8 4,5 5,6
Frankreich 5,7 6,3 8,0 8,7 9,0 9,7 8,5 4,5 6,2
Großbritannien 16,9 17,8 17,6 16,6 16,1 15,6 15,8 15,6 ?
Italien 5,4 6,1 4,2 5,4 10,6 5,5 5,4 6,1 5,0
Kroatien 3,0 0,9 2,6 1,7 1,7 2,9 1,5 1,7 1,0
Litauen 2,1 2,1 3,8 ? ?
Luxemburg - - - - - - ? - -
Niederlande 29,3 31,1 31,9 30,5 33,9 32,8 30,4 30,3 22,5
Norwegen 16,3 13,5 13,3 12,7 8,9 14,5 13,8 12,4 10,9
Österreich 7,7 9.0 9,1 7,8 7,9 8,2 8,7 10,3 5,8
Polen 1,7 1,9 2,2 2,1 2,0 2,1 1,6 ? ?
Portugal 4,5 5,2 6,0 6,2 6,3 8,5 5,8 7,6 4,1
Schweden 17,2 16,4 16,2 13,3 13,8 12,9 14,5 14,9 11,5
Schweiz 12,6 14,2 15,3 12,5 15,6 16,1 14,1 12,7 9,4
Slowakei 0,6 1,8 2,7 3,5 3,5 2,0 2,0 3,8 3,3
Slowenien - - - - 1,0 1,0 1,0 - 0,5
Spanien 8,2 8,6 9,5 9,1 8,0 7,5 6,8 7,7 5,8
Tschechien 6,8 7,9 5,9 4,5 4,8 4,4 4,6 2,6
Türkei 43,2 46,6 42,5 45,4 45,6 46,3 50,8 52,8 40,7
Ungarn 5,3 1,8 4,7 4,1 3,5 4,1 4,6 3,1 3,1
Nation 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
Belgien
Dänemark
Deutschland
Finnland
Frankreich
Großbritannien
Italien
Kroatien
Litauen
Luxemburg
Niederlande
Norwegen
Österreich
Polen
Portugal
Schweden
Schweiz
Slowakei
Slowenien
Spanien
Tschechien
Türkei
Ungarn

Anhang

Links

Anhörung im Deutschen Bundestag (26.04.2023)

Anmerkungen

  1. Transplantierte Lungenlappen sind keine vollwertige Therapie, sondern diente nur zur zeitlichen Überbrückung, bis hoffentlich eine passende Lunge zur Verfügung steht.
  2. Dadurch wird die Möglichkeit weiter eingeschränkt, ein passendes Organ zu erhalten.
  3. Im schlimmsten Fall ist der Transplantierte nach der TX gesund und der Spender an der Dialyse.
  4. Minderjährige Kinder sind als Spender absolut tabu.
  5. Man will nicht riskieren, dass bei einer nachfolgenden Schwangerschaft deswegen gesundheitliche Probleme auftreten, die im schlimmsten Fall mit dem Tod von Mutter und Kind enden.
  6. Beiträge könnten wegen der Lebendspende erhöht und/oder Leitungen gekürzt oder gar gestrichen werden. Dem sollte schriftlich vorgebeugt werden. Es gab schon Fälle, da wurde von Krankenkassen und Lebensversicherungen dem Lebendspender für diese Tat "Selbstverstüummelung" vorgeworfen.
  7. Das ist die Krankenkasse der Organpatienten. Sie ist für die Leistungen zuständig, die im Rahmen der Lebendspende anfallen. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass es Ärger erspart, die Leistungen (auch alle Voruntersuchungen) vorher mit den Krankenkassen abzuklären.

Einzelnachweise

  1. Marc Albersmeyer: Absicherung der Lebendspender:in: Sozialrechtliche Aspekte. Präsentation des Vortrags vom 19.03.2024 am UKR, Seite 17.
  2. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2016/3_U_6_16_Urteil_20160907.html Zugriff am 18.12.2018.
  3. Gesundheit Österreich: Transplant-Jahresbericht 2021, 66.
  4. ET. E-Mail vom 25.04.2023.