Chronik/Hirntod

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Chronik des Hirntods

Michaela Keller schreibt in ihrem Artikel "Der 'Hirnntod' und das informierte Gewissen":[1]

Nach der Einführung der künstlichen Beatmung suchten die Mediziner 1963 nach Kriterien für den Behandlungsabbruch eines beatmeten Komapatienten. Spätestens durch die Herztransplantationen ergab sich 1968 die "Notwendigkeit" einer neuen Todesdefinition, da man Organe von Leichen nicht mehr verpflanzen kann.

Ganz so einfach ist es mit der Geschichte des Hirntods nicht. Sie fiel nicht einfach so vom Himmel, sondern hatte eine Jahrtausend alte Entwicklung:

Bis 18. Jahrhundert

  • um 500 v.C. - Vermutung: Gehirn als Organ der Sinneswahrnehmung
    Alkmaion von Kroton vermutete das Gehirn das Organ der Sinneswahrnehmung.[2]
  • um 400 v.C. - Gehirn für Empfindungen und Inteligenz
    Hippokrates von Kos (460-370 v.C.) erklärte das Gehirn für Empfindungen und Intelligenz verantwortlich.[2]
  • 387 v.C. - Plato lehrte, dass mentale Vorgänge im Gehirn verankert seien.[2]
  • um 900 - Beschreibung von Hirnnerven und Spinalnerven
    Abu Bakr Muhammad ibn Zakariya ar-Razi (um 864-925) beschrieb 7 Hirnnerven und 31 Spinalnerven.[2]
  • ca. 1020 - Sehen erfolgt im Gehirn
    Abu Ali al-Hasan ibn al-Haitham (um 964-1039) erklärte, dass das Sehen nicht im Auge erfolgt, sondern im Gehirn.[2]
  • um 1200 – ohne Gehirn = tot?
    Moses Maimonides (1135–1204) erwog erstmals, dass der Verlust von Hirnfunktionen mit dem Tod gleichzusetzen sei. Die krampfhaften Zuckungen von Enthaupteten brachten Maimonides auf den Gedanken, dass sie nicht als Lebenszeichen zu werten seien, da die zentrale Kontrolle des Gehirns fehle.[3]
  • um 1250 - Beschreibung der 3 Hirnventrikel
    Albertus magnus (um 1200-1280) beschrieb 3 Hirnventrikel (Hohlräume im Gehirn: ein vorderer, ein mittlerer und ein hinterer. Der Prozess von Wahrnehmung über Denken zur Erinnerung erfolge über sie, so wie das Wasser im Römischen Brunnen fließt.[2]
  • 16. Jh. - Bei Autopsie noch ein schlagendes Herz
    Der Anatom Andreas Vesalius (1514-1564) wurde des Mordes beschuldigt, nachdem er bei einer Autopsie ein noch schlagendes Herz freigelegt hatte.
  • 1649 - Zirbeldrüse als Kontaktstelle zwischen Körper und Geist
    René Descartes (1596-1650) erklärt die Zirbeldrüse als Kontaktstelle zwischen Körper und Geist und verwendet die Orgel als Modell für die Hirnfunktion.[2]
  • 1664 - Großhirnrinde als Sitz des Denkens
    Thomas Willis (1621-1675) veröffentlicht seine "Cerebri anatome" und erklärte die Großhirnrinde als Sitz des Gedächtnisses, während das Kleinhirn alle unwillkürlichen Funktionen des Nervensystems bewirken sollten.[2]
  • 17. Jh. - Nur Fäulnis ist sicheres Todeszeichen
    Der päpstliche Ärzt Paolo Zacchias (1584-1659) erkannte nur Fäulnis als sicheres Todeszeichen an.

18. Jahrhundert

  • 1789 – erste nachgewiesene elektr. Reizung des Herzens
    An Guillotinierten wurde durch elektrische Schläge das Herz zum Schlagen angeregt.
  • 1794 – erste elektrische Wiederbelebung des Herzens
    Die Royal Human Sociely (London) berichtet von einer Wiederbelebung des Herzens durch einen Stromstoß.
  • 1796 - Buch: "Über das Organ der Seele"
    Samuel T. Soemmerring (1755-1830) veröffentlicht sein Buch "Über das Organ der Seele".[2]
  • 18. Jh. - Der Begriff „Hirntod“ wurde gebildet
    Marie François Xavier Bichat (1771-1802) regten die ersten erfolgreichen Wiederbelebungsversuche zu ausgedehnten anatomischen, histologischen und physiologischen Untersuchungen an. Er grenzte vegetative Grundfunktionen (Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel) als "organisches Leben" von dem Komplex höherer Gehirnleistungen (Bewusstsein, Sinneswahrnehmungen) ab. In Konsequenz dieser Ergebnisse griff er erst viel später entwickelten Erkenntnissen vor und prägte den Begriff "Hirntod".[4]

19. Jahrhundert

  • 1809 - galvanische Reizung der Hirnrinde
    Luigi Rolando (1773-1831) reizte die Hirnrinde galvanisch.[2]
  • 1811 - Entdeckung des Atemzentrums im Hirnstamm
    Julien Jean Legallois (1770-1814) entdeckte das Atemzentrum im Hirnstamm.[2]
  • 1863 - Buch: "Reflexes of the Brain"
    Iwan Michailowitsch Setschenow (1829-1905) veröffentliche das Buch "Reflexes of the Brain" (Reflexe des Gehirns).[2]
  • 1870 - Nachweis der elektrischen Reizbarkeit des Gehirns
    Gustav Theodor Fritsch (1838-1927) und Eduard Hinzig (1836-1907) wiesen die elektrische Reizbarkeit des Gehirns nach.[5] [2]
  • 1875 - Nachweis der elektrischen Aktivität der Gehirnrinde an Tieren
    Richard Caton (1842-1926) wies erstmals elektrische Aktivität an der Hirnrinde von Tieren nach,[2] zuerst an einer Ratte.[5] [2]
  • 1876 - Buch: "The Functions of the Brain"
    David Ferrier (1843-1928) veröffentlichte das Buch "The Functions of the Brain" (Die Funktion des Gehirnes).[2]
  • 1885 - Unterscheidung zwischen Lang- und Kurzzeitgedächtnis
    Hermann Ebbinghaus (1850-1909) unterschied in seinem Buch "Über das Gedächtnis" zwischen Lang- und Kurzzeitgedächtnis.[2]
  • 1887 - Erstes EKG beim Menschen aufgezeichnet
    Augustus Desiré Waller (1856-1922) zeichnete das erste EKG vom Herzen eines Menschen auf.[5]
  • 1889 - Karte der Hirnrinde für motorische Handlungen
    Victor Horsley (1857-1916) erstellte bei Affen eine Karte der Hirnrinde für motorischen Handlungen.[2]
  • 1894 – Artikel über den Tod durch cerebrale Kompression
    Victor Horsley (1857-1916) publizierte seinen Artikel "Über den Tod durch cerebrale Kompression und seine Prävention". Darin beschreibt er erstmals Patienten, die man heute als hirntot bezeichnen würde.
  • 1898 - Einführung des Begriffs "Autonomen Nervensystem"
    John Newport Langley (1852-1925) führte den Begriff des "Autonomen Nervensystems" ein, auch "Vegetatives Nervensystem" genannt.[2]
  • 1900 - Einführung des Begriffs "Blut-Hirn-Schranke"
    Max Lewandowsky (1876-1918) führte den Begriff "Blut-Hirn-Schranke" ein.[2]

20. Jahrhundert

  • 1903 - Einführung des Begriffs "konditionierter Reflex"
    Iwan Petrowitsch Pawlow (1849-1936) entdeckte, dass Hunde bereits beim Anblick von Fressen Speichel bilden. Mit dem Ertönen einer Glocke vor dem Verteilen des Fressens belegte er es und nannte dies "konditionierter Reflex".[2]
  • 1908 - Erste elektrische Stimulierung der sensorischen Hirnrinde
    Harvey Cushing (1869-1939) stimulierte elektrisch die sensorische Hirnrinde am Menschen.[2]
  • 1924 – Erfindung des EEG
    Der Jenenser Psychiater Hans Berger (1873-1941) entwickelte eine Methodik der Ableitung von Hirnströmen und legte damit den Grundstein für das EEG.
  • 1929 – Ableitung des EEG am Menschen
    Hans Berger leitete in Jena das 1. EEG am Menschen ab.
  • 30er Jahre – Hirnforschungsinstitut in Berlin-Buch.
    In den 30er Jahren wurde das von Oskar (1870-1959) und Cécile Vogt (1875-1962) geleitet Hirnforschungsinstitut in Berlin-Buch zum Mekka der Elektroenzephalographie in der Welt.
    Alois Eduard Kornmüller (1905-1968) war einer der Pioniere der Hirnforscher.
    Jan Friedrich Tönnies (1902-1970) brachte die Entwicklung entsprechend geeigneter Verstärker
  • 1947 – 1. elektrische Defibrillation am Menschen
    Sweet () und Beck () führten im Jahre 1947 die erste erfolgreiche Defibrillation am offenen Herzen eines Menschen durch.
  • 50er Jahre - Einführung der künstlichen Beatmung
    In den 50er Jahre kamen immer mehr Geräte für die künstliche Beatmung auf die Intensivstationen. In den 60er Jahren wurde es Standard. Damit konnte die ausgefallene Eigenatmung ersetzt werden.
  • 50er Jahre - Vladimir A. Negovskij, der sich auf dem Gebiet der Reanimationsforschung verdient gemacht hatte, entwickelte in den 1950er Jahren das Konzept des „biologischen Todes“, wie er ihn nannte. Dabei ging er davon aus, dass der Mensch als tot anzusehen ist, wenn sein Gehirn nicht mehr arbeitet.[6]
  • 1954 - Nachweis der strukturelle Autonomie der Nervenzelle
    Sanford Palay (*1918) und George Emil Palade (1912-2008) bewiesen mit Hilfe des Elektronenmikroskops die strukturelle Autonomie der Nervenzelle als zelluläre Individuen.[2]
  • 1956 – 1. elektrische Defibrillation am geschlossenen Torax
    Paul Maurice Zoll (1911-1999) führte die erste erfolgreiche Defillibration eines Menschen ohne Operation durch.
  • 1956 - Nachweis des Zusammenhangs zwischen Gehirn und Verhalten
    Roger Wolcott Sperry (1913-1994) wies durch Experimente am Frosch nach, dass Verhaltensleistungen unmittelbar auf korrekten Mustern neuronaler Kontakte beruhen.[2]
  • 1957 – Papst Pius XII. lehnte eine Verpflichtung ab der Weiterbehandlung ab.
    Papst Pius XII. (1876/1939-1958) lehnte die Verpflichtung ab, auch bei aussichtslosen Patienten die Therapie der künstlichen Beatmung unbedingt fortzusetzen. Gleichzeitig hielt er fest, dass es den Ärzten obliege, den Zeitpunkt des Todes festzulegen.
  • 1959 – Hirntod wurde als „Coma depassé“ klar beschrieben
    Pierre Mollaret (1898-1987) und Maurice Goulon (1919-2008) beschrieben 1959 erstmals unter dem Begriff "Coma depassé" (jenseits/unterhalb des Komas, "überschrittenes Koma" und "Ultra-Koma"; Hirntoten wurden als "Falschlebende" bezeichnet) einen Zustand, welcher bei künstlicher Beatmung keinerlei Lebenszeichen des Gehirns erkennen ließ, der nicht umkehrbar war und irgendwann zum Herztod führte. Der Begriff „Hirntod“ von Bichat wurde von ihnen nicht aufgegriffen. Die Veröffentlichung regte eine Diskussion um ein neues Todeskriterium an. Der Artikel erschien nur auf Französisch, weswegen er international kaum Beachtung fand.
  • 1960 - Beendigung einer künstlichen Beatmung
    Wertheimer, Rougement, Jouvet und Descotes veröffentlichten in einem Artikel, dass sie eine künstliche Beatmung beendet haben. Als Kriterien für ihr Handeln nannten sie: Nachweis der völligen Areglexie, keine Eigenatmung, das EEG weist eine Nulllinie auf und eine angiographische Darstellung der Hirndurchblutung.
  • 1962 - Übernahme des Konzepts von Vladimir A. Negovskij
    Judith Hockaday hatte das Konzept von Vladimir A. Negovskij übernommen. Drei Mitarbeiter ihrer Forschergruppe präsentierten 1962 auf einem Kongress der EEG-Gesellschaft ein begrifflich ausgereiftes hinbezogenes Todeskonzept. Dabei wurde davon gesprochen, dass das Erlöschen der Hirnfunktionen als Zeichen des Todes zu verstehen sei.[7]
  • 1964 – erstes einfaches Diagnoseschema
    Auf dem Deutschen Chirurgenkongress wurde eine erste einfache HTD verabschiedet.[8]
  • 1965 - Veröffentlichung über die Schmerzwahrnehmung
    Ronald Melzack (*1929) und Patrick David Wall (1925-2001) publizieren ihre Gate-Theory der Schmerzwahrnehmung.[2] [Anm. 1]
  • 1966 – Einführung des Begriffs "Locked-in-Syndrom"
    Fred Plum (1924-2010) und Jerome Posner () führten den Begriff "Locked-in-Syndrom" für Patienten ein, die zwar (fast) alles wahrnehmen können, aber (fast) vollständig gelähmt sind, unfähig sich mitzuteilen.
  • 1966 - Franzosen definieren Hirntote als Tote
    Am 10.5.1966 stellte die Kommission der frz. "Académie Nationale de Médicine" das Ergebnis ihrer Arbeit vor: Der irreversible Funktionsverlust des Gehirns wurde als neues Todeskriterium eingeführt.[9]
  • 1968 - Deutsche definieren Hirntote als Tote
    April 1968 stellte diese Kommission der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie das Ergebnis ihrer Arbeit unter dem Titel "Todeszeichen und Todeszeitbestimmung" vor. Nach der frz. medizinischen Akademie bejaht auch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie das Hirntodkonzept. Menschen mit irreversiblen Funktionsverlust des Gehirns werden als Tote angesehen.[10]
  • 1968 – Ad-Hoc-Kommission definiert den Hirntod
    Eine aus Medizinern, Juristen und Theologen gebildete Ad-Hoc-Kommission der Harvard University schuf am 5.8.1968 das sogenannte Hirntod-Konzept. Am Anfang dieser Definition steht der Grund:
Unser primäres Anliegen ist es, das irreversible Koma als neues Todeskriterium zu definieren. Es gibt zwei Gründe für den Bedarf an einer neuen Definition:
  1. Der medizinische Fortschritt auf den Gebieten der Wiederbelebung und der Unterstützung lebenserhaltender Funktionen hat zu verstärkten Bemühungen geführt, das Leben auch schwerstverletzter Menschen zu retten. Manchmal haben diese Bemühungen nur teilweisen Erfolg: Das Ergebnis sind dann Individuen, deren Herz fortfährt zu schlagen, während ihr Gehirn irreversibel zerstört ist. Eine schwere Last ruht auf den Patienten, die den permanenten Verlust ihres Intellekts erleiden, auf ihren Familien, auf den Krankenhäusern und auf solchen Patienten, die auf von diesen komatösen Patienten belegte Krankenhausbetten angewiesen sind.
  2. Überholte Kriterien für die Definition des Todes können zu Kontroversen bei der Beschaffung von Organen zur Transplantation führen.[Anm. 2]
  • 1968 - In den USA wurde ein Gesetz zur Organspende verabschiedet (Uniform Anatomical Gift Act).
  • 1968 – Deklaration des Weltärztebundes zur Definition des Todes
  • 1968 – eingehende Beschreibung der Todeszeichen
    Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie verfasste eine eingehende Beschreibung der Todeszeichen.[11]
  • 1969 – Empfehlung zur Bestimmung der Todeszeit
    Die Deutsche EEG-Gesellschaft empfahl () als Bestimmung der Todeszeit.
  • 1969 – Der Begriff "irreversibles Koma" wurde durch „Hirntod“ ersetzt
    Der Begriff "irreversibles Koma" wurde als Basis genommen, durch verschiedene Kriterien (z.B. EEG-Nullinie, 24 Stunden später keine Verbesserung) erweitert und dies als "Hirntod" definiert.
  • 1971 – Finnland erkannte als erstes europäisches Land die Hirntod-Definition an
  • 1972 – Einführung des Begriffs des "vegetativen Zustands"
    Bryan Jennett (1926-2008) und Fred Plum führten den Begriff des "vegetativen Zustands" ein. Dieser ist definiert als "Wachheit ohne Bewusstsein" (Wachkoma, eigentlich appallisches Syndrom).
  • 1976 – Rechtssprechung im Fall Karen Ann Quinlan
    Im Fall der im Wachkoma liegenden Karen Ann Quinlan wurde die Patientenverfügung und die Ethikkommissionen durch das Urteil gestärkt, die Therapie zu beenden.
  • 1977 – Erste Studie zum Hirntod in den USA
    Es wurde die erste und einzige interdisziplinäre prospektive multizentrische Studie zum Hirntod in den USA durchgeführt.
  • 1978 – Scheitern des Transplantationsgesetzes
    In Deutschland legte die Bundesregierung einen Entwurf zum TPG vor und scheiterte am Gesetzgebungsverfahren.
  • 1979 – Beginn der "Entscheidungshilfe zur Feststellung des Hirntodes"
    Eine durch den Wissenschaftlichen Beirat der BÄK gebildete Kommission begann mit der Ausarbeitung einer "Entscheidungshilfe zur Feststellung des Hirntodes". Diese wurde 1986, 1991 und 1997 aktualisiert.
  • 1982 – BÄK: Entscheidungshilfe zur HTD
    Die BÄK gab eine Entscheidungshilfe zur HTD heraus.[8]
  • 1983 – Deklaration des Weltärztebundes zur Def. des Todes
  • 1982 – BÄK: Entscheidungshilfe zur HTD
    Die BÄK gab eine Entscheidungshilfe zur HTD heraus.[8]
  • 1986 – BÄK: Entscheidungshilfe zur HTD - 1. Fortschreibung
    Die BÄK gab die 1. Fortschreibung der Entscheidungshilfe zur HTD heraus. Die Unterscheidung zwischen primär supratentoriellen und infratentoriellen Hirnschädigungen in der HTD machte dies notwendig.[8]
  • 1987 – Verabschiedung des TX-Kodexes
    Unter dem Vorsitz von Rudolf Pichlmayr wurde am 7.11. in Marburg die 1. Fassung des Transplantations-Kodexes von der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Transplantations-Zentren einstimmig verabschiedet.
  • 1990 – Rechtsurteil im Fall Nancy Cruzan
    Im Rechtsstreit Nancy Cruzan entschieden die Richter, dass es keinen juristischen Unterschied zwischen künstlicher Ernährung und künstlicher Beatmung gebe und dass diese Hilfen bei Patienten mit irreversiblen Wachkoma abgesetzt werden können.
  • 1991 – BÄK: Entscheidungshilfe zur HTD
    Die BÄK gab ein Entscheidungshilfe zur HTD heraus (2. F.). Der technische Fortschritt, insbesondere bei den neurophysiologischen und nuklearmedizinischen Verfahren und die Einführung der transkraniellen Dopplersonographie machten dies erforderlich.[8]
  • 1991 – Start zum TPG
    Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder beauftragten im Oktober die Arbeitsgemeinschaft der leitenden Medizinalbeamten mit der Vorbereitung einer Gesetzesregelung für die Organtransplantation.
  • 1992 – Formulierung des Prokolls zur NHBD-Regelung
    An der Universität Pittsburgh wurde das Protokoll zur „Organspende mit Herzstillstand“ verabschiedet.
  • 1993 – Transplantationsgesetz auf dem Weg
    Die Gesundheitsminister der Länder billigten auf ihrer Sitzung im November den ihnen vorgelegten Entwurf eines Mustergesetzes über die Entnahme und Übertragung von Organen (TPG)
  • 1994 – Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für klininische Neurophysiologie
    Die Deutsche Gesellschaft für klinische Neurophysiologie brachte eine Empfehlung zur Bestimmung des Hirntodes heraus.
  • 1995 – Praktische Parameter zur HTD bei Erwachsenen
    In den USA wurden praktische Parameter zur HTD bei Erwachsenen veröffentlicht.
  • 1997 – Deutschland verabschiedet das TPG
    Das TPG wurde am 2.6. vom Bundestag verabschiedet, am 26.9. vom Bundesrat bestätigt und trat am 1.12.1997 in Kraft. - In § 3 wird die Totspende nur erlaubt, wenn "der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist."
  • 1997 – BÄK: Richtlinie zur HTD
    Die BÄK gab die Richtlinie zur HTD heraus. Sie ist im Laufe der Geschichte die 3. Fortschreibung.[8]

21. Jahrhundert

  • 2011 - "Es gibt nur einen Tod"
    Im Jahre 2011 brachte die "Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften" (SAMW) die Schrift "Es gibt nur einen Tod" heraus.

Anhang

Anmerkungen

  1. Melzack und Wall gingen davon aus, dass für die Weiterleitung von Schmerzinformationen zum Gehirn ein "Gate" (Tor) geben müsse, die zugefügte Schmerzreize u.U. nicht zum Gehirn gelangen lassen. Dadurch kann der Sinneseindruck Schmerz nicht entstehen und Schmerz nicht wahrgenommen werden. (Siehe: http://www.ems-tens.biz/gate-control-theorie.htm Zugriff am 18.3.2014.) Sie belegten, dass die Information des Schmerzes nicht nur über Nervenbahnen an das Gehirn geleitet und dort "verarbeitet" wird, sondern dass das Gehirn wesentlich dazu beiträgt, die bewusste Wahrnehmung von Schmerzen überhaupt erst erzeugt und bewertet. (Siehe: http://portal.uni-freiburg.de/schmerz/Thema Zugriff am 18.3.2014.)
  2. Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche von Hoff. In: Schmitten (Hg.): Wann ist der Mensch tot? Reinbek 1994, S.157.
    Original Zitat: "Our primary purpose is to define irreversible coma as a new criterion for death. there are two reasons why there is need for a definition: (1) Improvements in resuscitative and supportive measures have led to increased efforts to save are desperately injured. Sometimes these efforts have only partial success so that the result is an individual whose heart continues to beat whose brain is irreversibly damaged. The burden is great on patients who suffer permanent loss of intellect, on their families, on the hospitals, and on those in need of hospital beds already of death can lead to controversy in obtaining organs for transplantation." ('AD HOC' COMMITTEE (1968). S. 337.)

Einzelnachweise

  1. http://kath.net/news/25261 Zugriff am 22.2.2014.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y Robert-Benjamin Illing: Stationen der Gehirnforschung durch die Jahrtausende. Zugriff im Internet unter: http://www.uniklinik-freiburg.de/neurobiologie/live/geschichte.html Zugriff am 15.3.2014.
  3. Hans Förstl: Theory of Mind. Neurobiologie und Psychologie sozialen Verhaltens. Berlin 2012, 404: "Erste Gedanken zu diesem Thema sind zurückzuverfolgen sogar bis zu Moses Maimonides, einen Rabbiner und Arzt im 13. Jahrhundert, der in den Muskelzuckungen der Enthaupteten keine Zeichen des Lebens sah (Soloveichik 1979)."
    Dag Moskopp: Hirntod. Konzept - Kommunikation - Verantwortung. Stuttgart 2015: "Begonnen sie aber zunächst mit dem jüdischen Gelehrten, Moses Maimonides (...). Auch wenn er vor 8 Jahrhunderten lebe und sein Denken nur schwer mit Themen der heitigen modernen Intensivmedizin in Zusammenhang gebracht werden kann, so lässt sich doch näherungsweise und vorsichtig formulieren, dass er dem Wesen nach bereits im 12.Jh. im Zusammenhang mit Hinrichtungen Detailaspekte der heutigen Problematik ansprach und damit im Grunde bereits diejenigen Kritikpunkte entkräftete, die sich um spinale Relfexe ranken.
    Auch wenn der Vergleich mit einer Dekapitation für Angehörige von Intensivpatienten emotional schwierig sein dürfte, so ist doch letztlich die Tatsache, dass ein real Enthaupteter nie wieder ins Leben zurückkehrt, eine jahrtausendealte Binsenweisheit. Denn nach diesem Prinzip werden seit Menschengedenken Hinrichtungen inszeniert. Mit der Enthauptung ist definitiv ein Punkt der Unumkehrbarkeit ('point of no return') überschritten. Auch nach den Darlegungen in der Mishna ist ein Tier nach der Enthauptung sicher tot, die Bewegungen des Restkörpers stehen dieser Ansicht nicht im Wege.
    Im Wesentlichen geht es bei den Erwägungen zum Hirntod-Konzept genau um diese einfache Überleung in Analogie: nämlich ob man in einem intensivmedizinischen Bett einen - vom Nervensystem her betrachtet - funktionell Enthaupteten vor sich hat, der im Gegensatz zu einer realen Enthauptungssituation aber nicht ausgeblutet ist, sondern gut versorgt mit Flüssigkeit und Nährstoffen sowie Sauerstorr vom Beatmungsgerät."
    Dag Moskopp, Hansdetlif Wassmann: Neurochirurgie. Handbuch für die Weiterbildung und interdiszipliniäres Nachschlagwerk. Stuttgart 2014, 49: "Gar nicht berücksichtigt wurde 1974 bei der Erstellung der GCS ein Phänomen, über das schon vor fast eintausend Jahren von Maimonides (zitert nach Wijdicks 2001) berichtet wurde, der Spontanbewegungen bei Enthaupteten beobachtet hatte." Michael de Ridder: wie wollen wir sterben? Ein ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin. München 2011.
  4. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Deutsche Stiftung Organtransplantation: Kein Weg zurück ... Informationen zum Hirntod. Frankfurt a.M. 2012, Seite 10.
  5. a b c http://www.vde.com/wiki/chronik_neu/Wiki-Seiten/Elektromedizin.aspx Zugriff am 15.3.2014.
  6. Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 55.
  7. Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 55.
  8. a b c d e f http://www.aerzteblatt.de/archiv/6339/Bekanntmachungen-Stellungnahme-des-Wissenschaftlichen-Beirates-der-Bundesaerztekammer-Kriterien-des-Hirntodes-Entscheidungshilfen-zur-Feststellung-des-Hirntodes Zugriff am 3.2.2015.
  9. Siehe: Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 99.
  10. Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 113f.
  11. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Deutsche Stiftung Organtransplantation: Kein Weg zurück ... Informationen zum Hirntod. Frankfurt a.M. 2012, Seite 30.