Individualität
Richard Müller-Freienfels schrieb 1921 von "sieben Erscheinungsweisen der Individualität":[1]
- Bewusstsein
Der "Bewusstseinsstrom" ändert sich ständig. Da dieses unmittelbare Bewusstsein jeden Augenblick neu wird, schreibt Müller-Freienfels vom "Momentbewusstsein". - Leib
Der Leib ist "Träger" des Bewusstseins. Er bringt das Bewusstsein hervor. - Seele
Das Bewusstsein schafft sich die Seele. Sie ist weder das Bewusstsein, noch ist sie leiblich, sondern ist "ein Träger sui generis des wechselnden Bewußtseins." - Ich
Das Bewusstsein ist sich seiner selbst bewusst und kann daher "Ich" sagen. Es ist der geistige Besitzstand (meine Gedanken, mein Körper). - Innenbild
Das Innenbild umfasst unsere körperliche und geistige Selbstwahrnehmung. - Außenbild
Mit dem Außenbild nehmen wir unsere Umgebung wahr, in der wir leben. Es wirkt stark auf das Innenbild ein. - Objektivierung der Individualität in ihrem Wirken
Die Taten und Werke eines Menschen, die meist bei Auszeichnungen und Beerdigungen genannt werden.
Zitate zur Individualität
Richard Müller-Freienfels: "Denn die Individualität 'ist' nicht, sie 'geschieht'. Sie ist nicht so sehr ein in bestimmten Beziehungen stehendes Nebeneinander von Erscheinungen als vielmehr ein sich veränderndes Nacheinander. Wir müssen uns, wollen wir die Individualität wirklich philosophisch erfassen, daran gewöhnen, unser Selbst nicht als etwas Blockbildendes, Festes, Substantielles zu denken, sondern als etwas Gleitendes, Fließendes, beständig in Wandlung Begriffenes."[2]
Richard Müller-Freienfels: "Man gewöhne sich die grobmaterielle Einischätzung des Menschen nach der 'Leistung' ab, und man wird die etwas simple Vorstellung von Entwicklung und 'Höhepunkt' preisgeben. Vom philosophischen Standpunkt gesehen ist der Mensch als Kind ebenso auf der Höhe wie als Greis."[3]
Richard Müller-Freienfels: "Bekanntlich fehlt es nicht an Denkern, die ein solches innerstes Wesen der Individualität leugnen. Für die Denkrichtungen des Assoziationismus, Phänomenalismus, ,Conscientialismus und wie sie alle heißen, ist das Ich überhaupt und also auch das individuelle Ich nur ein Knäul mannigfach verschlungener Fäden, das man bloß aufzudröseln braucht, um das Ich als - Phantom zu entlarven. Wir vermögen uns dieser Denkrichtung nicht anzuschließen."[4]
Richard Müller-Freienfels: "Individualität und Leben sind nur insofern eins, als es kein Leben gibt, das sich nicht individualisierte, und keine Individualität, die nicht lebendig wäre. ... Das Leben ist Veränderung, nicht chaotische, sondern bestimmte gerichtete Veränderung. Hört diese völlig auf, kann man von Leben nicht sprechen."[5]
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Richard Müller-Freienfels: Philosophie der Individualität. Leipzig 1921, 11-13.
- ↑ Richard Müller-Freienfels: Philosophie der Individualität. Leipzig 1921, 36.
- ↑ Richard Müller-Freienfels: Philosophie der Individualität. Leipzig 1921, 37.
- ↑ Richard Müller-Freienfels: Philosophie der Individualität. Leipzig 1921, 197.
- ↑ Richard Müller-Freienfels: Philosophie der Individualität. Leipzig 1921, 201.