Hirnstrukturen
"Zweifellos ist die jeweils ganz spezielle Art und Weise, wie diese unterschiedlichen Strukturen mit der Großhirnrinde interagieren, von entscheidender Bedeutung, doch überdies scheint ihnen allen (insbesondere aber Kleinhirn und Basalganglien) eine grundsätzliche Art der Organisation gemeinsam. Lange, parallel geschaltete Fasern mit multiplen Synapsen verlassen die Großhirnrinde und erreichen nach und nach aufeinander folgende synaptische Stationen innerhalb der kortikalen Anhänge, von wo aus sie schließlich, mit oder ohne Umweg über den Thalamus, zur Großhirnrinde zurückführen. Diese in Reihe geschaltete polysynaptische Architektur unterscheidet sich radikal von der dese thalamokortikalen Systems: Die Verknüpfungen verlaufen hier in aller Regel unidirektional und nicht rezprok, sie bilden lange Schleifen, und zwischen verschiedenen Schaltkreisen gibt es - mit Ausnahme womöglich derjenigen, die lokal für die reziproke Inhibition verantwortlich sind, relativ wenige horizontale Interaktionen. Kurz: diese Systeme scheinen in bewundernswerter Weise geeignet, eine Vielfalt an komplizierten motorischen und kognitiven Routineaufgaben aufzuführen, von denen die meisten in funktioneller Hinsicht voneinander optimal isoliert sein sollten, weil ihnen gerade diese Eigenschaft Geschwindigkeit und Präzision bei der Ausführung ihrer Aufgabe garantiert."[1]
"Die dritte Art von kortikalem Arrangement erinnert weder an ein Netz noch an eine Reihe paralleler Ketten, sondern eher an eine diffuse Sammlung an Verbindungen in Gestalt eines großen Fächers. Den Angelpunkt dieses Fächers bildet eine relativ geringe Anzahl an Neuronen, die zu spezifischen Kernen in Hirnstamm und Hypothalamus zusammengeschlossen sind und betörend eindrucksvolle Fachbezeichnungen tragen, de´´ie sich aus der jeweils von ihnen freigesetzten Substanzen herleiten: Da gibt es den noradrenergen Locus coeruleus, die serotoninergen Raphakerne, dopaminerge Nuclei, cholinerge Nuclei und histaminerge Nuclei. All diese Kerne senden diffuse Projektionen in die meisten, wenn nicht gar in alle Teile des Gehirns.[2]
Der Locus coeruleus im Hirnstammbesteht aus ca. 1.000 Neuronen, "doch geht von ihm ein diffuses, weit ausladendes Fasernetz aus, das wir ein Haarnetz die gesamte Großhirnrinde, Hippocampus, Basalganglien, Kleinhirn und Rückenmark abdeckt und auf diese Weise die Möglichkeit hat, auf Milliarden Synapsen gleichzeitig Einfluss zu nehmen. Die Neuronen dieser Region feuern offenbar, wann immer sich etwas Wichtiges oder Auffälliges ereignet: ein lauter Knall zum Beispiel, ein Lichtblitz oder ein plötzlicher Schmerz. Das Feuern dieser Neurone veranlasst im Gehirn die diffuse Ausschüttung von Chemikalien, die man als Neuromodulatoren bezeichnet und die nicht nur in der Lage sind, die neurale Aktivität zu verändern, sondern auch die neuronale Plastizität beeinflussen - die Synapsenstärke innerhalb neuronaler Schaltkreise zu verändern, heißt das, und dadurch adaptive Reaktionen zu veranlassen."[3]
"Auf unterster Ebene betrachtet sind keine zwei Gehirne genau gleich, nicht einmal die von eineiigen Zwillingen."[4]
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Gerald M. Edelman, Giulio Tononi: Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München 2002, 68.
- ↑ Gerald M. Edelman, Giulio Tononi: Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München 2002, 69.
- ↑ Gerald M. Edelman, Giulio Tononi: Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München 2002, 69.
- ↑ Gerald M. Edelman, Giulio Tononi: Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München 2002, 70.