Hippocampus
Der Hippocampus ist ein Teil des Gehirns, der erstmals bei Reptilien auftrat (siehe: Archicortex). Er befindet sich am inneren Rand des Temporallappens und ist eine zentrale Schaltstation des limbischen Systems. Es gibt einen Hippocampus pro Hirnhälfte (Hemisphäre).
Im Hippocampus fließen Informationen verschiedener sensorischer Systeme zusammen, die verarbeitet und von dort zur Großhirnrinde (Cortex) zurückgesandt werden. Damit ist er enorm wichtig für die Gedächtniskonsolidierung, also die Überführung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis. Menschen, bei denen beide Hippocampi entfernt oder zerstört wurden, können keine neuen Erinnerungen formen und weisen somit eine anterograde Amnesie auf. Alte Erinnerungen bleiben jedoch meist erhalten (siehe Patient H.M.). Der Hippocampus wird somit als Struktur gesehen, die Erinnerungen generiert, während die Gedächtnisinhalte an verschiedenen anderen Stellen in der Großhirnrinde gespeichert werden.
Im Hippocampus gibt es "Ortszellen", die sich Orte im Raum merken. So wissen wir, wo der Lichtschalter in unserer Wohnung ist. Wir finden ihn auch im Dunkeln. Anhand der "Ortszellen" finden sich auch Blinde zurecht.[1]
"Durch Ausdauersport entstehen im Hippocampus neue Gehirnzellen, die für neues Wissen genutzt werden können. ... Durch Ausdauersport werden Botenstoffe ausgesendet, die uns glücklich machen, unsere Aufmerksamkeit und sogar unsere Lernbereitschaft und Erinnerungsfähigkeit erhöhen. ... Zweitklässler, die im Unterricht Zahlen räumlich erleben - wenn beispielsweise ein Zahlenstrahl auf dem Boden liegt, den sie entlanggehen können -, entwickeln ein deutlich besseres Verständnis für Zahlen. Und das schlägt sich in ihren mathematischen Fähigkeiten nieder."[2]
Der Hippocampus hat beim Abspeichern neuer Informationen und beim und Abrufen gespeicherter Informationen eine Schlüsselrolle inne. Man nennt ihn daher auch der "Hüter des Gedächtnisses".[3]
Das Abspeichern neuer Informationen erfolgt vor allem nachts. Daher ist für das Lernen ausreichend Schlaf so wichtig. - Täglich erzeugt der Hippocampus etwas 1.000-2.000 neue Nervenzellen. Dies ist bei Erwachsenen der einzige Ort, an dem dies geschieht.[4]
Zitate
Die Hauptfunktion des Hippocampus "ist Überführung neuer Eindrücke aus dem Kurz- in das Langzeitgedächtnis. Alles, was wir neu erleben, wird zunächst im Hippocampus und damit im limbischen System abgespeichert. Allerdings handelt es sich - ähnlich wie bei einem Computer - lediglich um einen Zwischenspeicher. Ob die neuen Eindrücke in den Langzeitspeicher übernommen werden, hängt von einer genialen Einrichtung unseres Gehirns ab: dem Papez-Kreis."[5]
Der Hippocampus liefert uns auch ein „inneres Kartensystem“ und hilft uns so bei der Orientierung. Alle Wege, die wir einmal gegangen oder gefahren sind, speichert er ab. „Auf diese Weise verfügen wir über eine Sammlung unbewusst gespeicherter 'innerer Karten', sodass man ohne nachzudenken bekannte Ziele erreichen kann.“[6]
"MRI Studien von Soldaten mit PTBS und Kindern, die körperlichen und sexuellen Missbrauch erlebt haben, weisen einen geschrumpften Hippocampus auf und damit verbunden Erinnerungsdefizite. Allgemein ist das Ausmaß des Schrumpfens des Hippocampus proportional zur Schwere des erlebten Traumas. Diese anatomischen Veränderungen werden mit verringerter synaptischer Plastizitiät verbunden, verminderter Neurogenese und dem Tod der Neuronen, der auf hohe Cortisol-Level zurückgeführt werden kann. Die Hippocampusgröße verringert sich im Lauf der Zeit, nicht unmittelbar nach dem Trauma."[7]
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Christiane Stenger: Wer lernen will, muss fühlen. Wie unsere Sinne dem Gedächtnis helfen. Reinbeck 2016, 88.
- ↑ Christiane Stenger: Wer lernen will, muss fühlen. Wie unsere Sinne dem Gedächtnis helfen. Reinbeck 2016, 172.
- ↑ Henning Beck, Sofia Anastasiadou, Christopher Meyer zu Reckendorf: Faszinierendes Gehirn. Eine bebilderte Reise in die Welt der Nervenzellen. Heidelberg 2016, 44.
- ↑ Henning Beck, Sofia Anastasiadou, Christopher Meyer zu Reckendorf: Faszinierendes Gehirn. Eine bebilderte Reise in die Welt der Nervenzellen. Heidelberg 2016, 45.
- ↑ Christof Kessler: Glücksgefühle. Wie Glück im Gehirn entsteht und andere erstaunliche Erkenntnisse der Hirnforschung. München 2017, 68.
- ↑ Christof Kessler: Glücksgefühle. Wie Glück im Gehirn entsteht und andere erstaunliche Erkenntnisse der Hirnforschung. München 2017, 73.
- ↑ David Schnrach: Brain Talk. Wie wir das Gehirn nutzen, um uns selbst und andere besser zu verstehen. München 2020, 252.