VNS
Das VNS (vegetative Nervensystem), auch viszerales Nervensystem (VNS, lat. viscus, "Eingeweide"), autonomes Nervensystem (ANS) oder Vegetativum (englisch: autonomic nervous system, ANS), genannt, bildet zusammen mit dem somatischen Nervensystem das gesamte periphere und zentrale Nervensystem das Nervensystem.
Die "Autonomie" bezieht sich darauf, dass über das VNS biologisch festliegende, automatisch ablaufende innerkörperliche Vorgänge angepasst und reguliert werden. Diese können deswegen vom Menschen willentlich nicht direkt, sondern allenfalls indirekt beeinflusst werden.
Gliederung des VNS
Man untergliedert das VNS nach funktionellen und anatomischen Gesichtspunkten in
- Sympathisches Nervensystem (Sympathikus)
- Parasympathisches Nervensystem (Parasympathikus)
- ENS (Enterisches Nervensystem), für Magen-Darm-Trakt, das ein vollkommen selbstständiges Regelsystem ist, jedoch durch Signale vom Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst wird.
Das VNS besteht aus dem
- zentralen VNS, den Strukturen der Hirnrinde, des limbischen Systems und dem Hirnstamm
- peripheren VNS, den Nervenbahnen zur Peripherie des Körpers
Es ist zweigeteilt in sympathische und parasympathische Funktionen.[1]
Hirnstamm und Hypothalamus kontrollieren die Aktivitäten des VNS. Darüber hinaus werden Speicherungs- und Entleerungsreflexe gebahnt, etwa die Füllung und Entleerung der Blase und des Enddarmes und die Genitalreflexe bei Mann und Frau.
Der Hypothalamus ist das Zentrum für die Integration vegetativer, hormoneller und somatischer Funktionen mit dem Ziel der Homöostase.[2]
Das VNS wird hormonell durch 4 Stoffgruppen beeinflusst: Mimetika wirken anregend, Lytika wirken hemmend.[3]
"Die Aktivität der präganglionären Neurone von Sympathikus und Parasympathikus wird durch hierarchisch übergeordnete Steuerungszentren im Zentralnervensystem gesteuert. ... Funktionell laufen auf der Ebene des Rückenmarks spinale Reflexe ab, die durch absteigende Bahnen von supraspinalen Zentren kontrolliert werden. Auf der nächsthöheren Ebende der Medulla oblongata erfolgt die Steuerung der sympathischen Grundaktivität, des Weiteren sind dort die präganglionären Neurone des N. vagus in zwei Kerngebieten lokalisiert. Die Medulla oblongata ist wesentlich für die rasche Bedarfsanpassung der Atmung und der Kreisklauffunktion. Der Hypothalamus ist das wesentliche Integrations- und Steuerungszentrum der vegetativen Organfunktionen. Seine Kerngebiete kommunizieren zu diesem Zweck einerseits über neuronale Verbindungen mit einer Vielzahl verschiedener Hirnzentren, andererseits kontrolliert der Hypothalamus direkt die endokrinen Funktionen der Hypophyse."[4]
Regelkreise des VNS
Das VNS besitzt zwei hintereinander geschaltete cholinerge Neurone, bei dem das periphere parasympathische System jeweils ein cholinerges und ein nachgeschaltetes noradrenerges Neuron benutzt.[5]
Das Nebennierenmark wird direkt von Neuronen des Sympathikus innerviert. Da die chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks Adrenalin oder Noradrenalin in die Blutbahn abgeben, kann das Nebennierenmark als ein endokrin wirkendes sympathisches Ganglion und seine Zellen als endokrin wirksame postganglionäre Neurone angesehen werden.[5]
Parasympathikus und Sympathikus wirken meist nicht als absolute Antagonisten. An den meisten Organen führt die Aktivierung durch Sympathikus oder Parasympathikus zu gegensätzlichen Reaktionen, meist hat ein System das Übergewicht. "Die durch den Sympathikus oder den Parasympathikus in den einzelnen Organen ausgelösten Reaktionen werden erst verständlich, wenn sie in ihrer Gesamtheit gesehen werden; dort haben sie ihre Bedeutung in einer gemeinsamen Unterstützung einer homöostatischen Regulation oder einer bestimmten Leistung des Gesamtorganismus."[6]
Das VNS regelt verschiedene Vorgänge im Körper:
- Regelung der Gefäßweite
Die neuronale Regulation der Gefäßweite erfolgt in fast allen Gefäßabschnitten allein durch den Sympathikus.[7] - Pupillenweite
Der Sympathikus wirkt auf die radiären Muskelfasern ein, der Parasympathikus auf die zirkulären Muskelfasern der Pupille.[8] - Herzfrequenz
Die Herzfrequenz wird durch direkten synaptischen Kontakt mit dem Sympathikus und Parasympathikus gesteuert. Dazu erhöht Noradrenalin die Herzfrequenz und Acetylcholin senkt in ab.[9][Anm. 1] - Bronchialmuskulatur
Die Bronchialmuskulatur wird durch Sympathikus und Parasympathikus gesteuert.[10] - Enterisches Nervensystem
Die Kontrolle des Motilität und Sekretion in Speiseröhre, Magen und Darm geschieht im Wesentlichen durch das eigenständige ENS. Es wird jedoch vom Sympathikus und Parasympathikus modulierend beeinflusst.[11]
Gehirn und VNS
Sympathikus und Parasympathikus werden hierarchisch von übergeordneten Steuerungszentren im Gehirn gesteuert. Dabei spielt die Medulla oblongata eine wichtige Rolle. Sie sorgt z.B. für die rasche Bedarfsanpassung der Atmung und des Blutkreislaufs. "Der Hypothalamus ist das wesentliche Integrations- und Steuerungszentrum der vegetativen Organfunktionen. Seine Kerngebiete kommunizieren zu diesem Zweck einerseits über neuronale Verbindungen mit einer Vielzahl verschiedener Hirnzentren, andererseits kontrolliert der Hypothalamus direkt die endokrinen Funktionen der Hypophyse. Seine reziproken Verbindungen zum limibischen System dienen u.a. der Integration emotionaler Verhaltensweisen mit dem Vegetativum.[12]
Anhang
Siehe auch
Siehe auch: Homöostase
Anmerkungen
- ↑ Nahezu jeder 2. gesunde Mensch erleidet, zumeist in jungem Alter, in seinem Leben eine vasovagale Synkope.
Einzelnachweise
- ↑ Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 623.
- ↑ Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 626.
- ↑ Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 627.
- ↑ Pontus B. Persson, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 874.
- ↑ a b Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 867.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 870.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 870.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 871.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 872.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 872f.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 873.
- ↑ Pontus B. Person, Anja Bondke Persson: Neurovegetative Regulation. In: Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7. Auflage. Stuttgart 2014, 874.