Persönliches Fazit

Aus Organspende-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Parteien

Bundestag

Es geht beim Thema Organspende für viele Bundestagsabgeordnete nicht um die Rettung von Menschenleben, sondern

  • um Wählerstimmen einzufangen,[Anm. 1]
  • um persönliche Einstellungen,[Anm. 2]
  • um politische Strategien[Anm. 3]
  • und zum persönlichen politischen Vorteil[Anm. 4]

Dass es um die Kranken gehe, deren Weiterleben von einem transplantierten Organ abhängt, erscheinen bei einer Vielzahl von Bundestagsabgeordneten nur als leere Lippenbekenntnisse. Dies soll hier am Beispiel der Einführung der Erklärungsregelung aufgezeigt werden:

  • Am 16.01.2020 erteilten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags mit 292 Ja- und 379 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen der WSR eine Absage.[1]
  • Statt dessen stimmten sie mit 382 Ja- und 261 Nein-Stimmen bei 28 Enthaltungen für die Erklärungsregelung.
    Die Erklärungsregelung sieht vor,
    • dass ein Transplantationsregister eingeführt wird, in dem die Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger zentral hinterlegt werden können,
    • dass alle Bürgerinnen und Bürger beim Abholen des nächsten Personalausweises auf dem Rathaus gefragt werden, ob sie im Falle ihres Hirntodes zur Organspende bereit sind.
      Damit entschied die Mehrheit der Volksvertreter wissentlich gegen die Mehrheit des Volkes.[Anm. 5]

Schon am 16.01.2020 schienen der Mehrzahl der Bundestagabgeordneten politische Machtspiele wichtiger gewesen zu sein als das Leben der Organpatienten, und/oder sie haben die bereits damals erkennbare Tragweite ihrer Entscheidung nicht erkannt:

  • Da ein Personalausweis 10 Jahre Gültigkeit hat, können erst nach Anlauf von 10 Jahren alle Bürgerinnen und Bürger gefragt werden. 100% Befragung ist somit frühestens nach 10 Jahren erreichbar. Die Organspatienten brauchen bereits jetzt das rettende Organ. Sie sterben bereits jetzt wartend auf der ET-Warteliste.
  • Bei der Befragung kann man angeben, dass man sich noch nicht entschieden hat. Damit verschiebt sich die Befragung dieser Person um weitere 10 Jahre. Es ist mit der beschlossenen Erklärungsregelung somit unmöglich, selbst nach Jahrzehnten von 100% der erwachsenen Bevölkerung eine Entscheidung zur Frage der Organspende zu haben.

Damit war von der Konzeption her die beschlossene Erklärungsregelung von vorne herein eine Totgeburt.
Konnte oder wollte das die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten nicht erkennen?

Heute, am 15.12.2023, blicken wir nicht nur auf 3 Jahre Corona-Pandemie zurück, sondern auch auf ein noch immer nicht einsatzfähiges Transplantationsregister und 2.350 Tote (Quelle ET), die in den 3 Corona-Jahren auf der ET-Warteliste stehend verstarben. Die Dunkelziffer ist höher.[Anm. 6]
Wie die Kritiker der Organspende richtig sagen, starben diese Menschen nicht, weil es zu wenig Organe gibt, sondern sie starben an ihrer Erkrankung. - Wer so argumentiert, blendet erfolgreich § 323c StGB (unterlassene Hilfeleistung) aus. Es ist auch klar, dass nicht alle 2.350 Verstorbene mit mehr Organen hätte gerettet werden können. Vielleicht wären es nur 1.000 oder gar 2.000 Menschen gewesen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die brennende Frage, was der Schutz eines Menschenleben - nach Artikel 2 GG zugesichert - in den politischen Entscheidungen wert ist. Hierbei geht es jährlich um Hunderte von Menschenleben, die mit mehr Organen hätten gerettet werden können!

Heute, am 15.12.2023, blicken wir aber auch auf zunehmende Meldungen, dass die Eintragung der eigenen Entscheidung in das Transplantationsregister gar nicht so einfach ist, wie es uns 2020 verkauft wurde.[2] Der Andrang der Bürgerinnen und Bürger wird somit ausbleiben. Es ist jedoch zu hoffen, dass in den Rathäusern und Arztpraxen Menschen sitzen, die wissen, wie die Sicherheitshürden überwunden und die Einträge vorgenommen werden.
Sollte dort jedoch Jemand sitzen, der die Eintragung nicht korrekt vornehmen konnte, der einzelne Bürger kann es nicht überprüfen, denn sonst könnte er es ja selbst eintragen. Um seine persönliche Entscheidung zur Frage der Organspende sicher kund zu tun, bleibt somit weiterhin der Organspendeausweis. Mit der Einführung der WSR wären sofort 100% Entscheidungen gewesen (Wer nicht widersprochen hat, ist Organspender). Und auch das Transplantationsregister würde nicht eilen, weil es nichts behindert.[Anm. 7]

Es bleibt somit zu hoffen, dass bei der nächsten Abstimmung im Deutschen Bundestag über die Einführung der WSR politische Machenschaften außen vor bleiben und statt dessen den Lippenbekenntnissen zur Rettung von Menschenleben auch lebensrettende Taten folgen, ganz im Sinne des Volkes.

Länder und Kommunen

Es stand die Frage im Raum, wie die Parteien neben der Organspende auch zu anderen Themen aufstellen. Die Wahl fiel dabei auf die "geschlechtergerechte Sprache", so der bei Google eingegebene Suchbegriff. Das Ergebnis war sehr überraschend: 3 Parteien weisen auf ihren Internetseiten - auf Bundesebene, Länderebene und Kommunalebene summarisch - mehr Seiten für die "geschlechtergerechte Sprache" mehr Seiten auf als für die "Organspende": GRÜNE 9:2; LINKE 7:2 und SPD 12:4. Bei den GRÜNEN kommt der "Veggietag" mit 9:2 gegenüber der "Organspende" mit hinzu.

Wenn von der Hälfte unserer großen Parteien die ""geschlechtergerechte Sprache" wichtige ist als die "Organspende" und damit das Retten von Menschenleben, dann brauchen wir uns nicht wundern, dass auch in der Bevölkerung andere Themen wichtiger sind, als den von den Krankenkassen zugesandten und vielerorts ausliegenden Organspendeausweis auszufüllen, damit im Falle des eigenen Hirntods die Hinterbliebene nicht über die Frage der Organspende entscheiden müssen.

Die Situation in den Kliniken

Dass die ahnungslosen Hinterbliebenen aus Sorge vor einer falschen Entscheidung lieber "Nein" zur Organspende sagen, belegen die repräsentative Umfragen, die im Widerspruch der Entscheidungen am Totenbett stehen:

  • Von den Organspendern, die selbst ihre Entscheidung getroffen haben, stimmten 75% zu, 18% widersprochen, 4% übertrugen die Entscheidung einer anderen Person.[3]
    Diese Zahlen decken sich mit den Antworten der gleichen Studie auf Seite 26.
  • Stellvertretend für einen hirntoten Familienangehörigen, dessen Entscheidung zur Organspende unbekannt ist, würden 54% der Organentnahme zustimmen, 36% würden widersprechen, 10% wissen es nicht.[4]
  • Standen im Jahr 2012 und 2013 noch 78% der Organspende positiv gegenüber, so waren es im Jahr 2022 schon 84%.[5][Anm. 8]
  • Nach dem DSO-Jahresbericht 2022, Seite 52, gab es 3.256 organbezogene Kontakte, von denen 869 zur Organspende führten, bei 1.285 Fällen gab es keine Zustimmung zur Organspende.
    Auf Seite 56 ist aufgeführt, dass 81 (6,8%) schriftlich widersprochen haben, 181 (15,1%) haben mündlich widersprochen, bei 456 (38,2%) haben die Hinterbliebenen den Widerspruch vermutet, bei 389 (32,6%) haben die Hinterbliebenen widersprochen.
Damit wirklich alle Bürgerinnen und Bürger ihr Selbstbestimmungsrecht auch für den Fall ihres Hirntodes wahrnehmen, sollte rasch die Widerspruchsregelung eingeführt werden.

Abstimmung am 16.01.2020

Eine Studie untersuchte den Willen der Parteimitglieder zur Einführung der WSR und die Abstimmung im Deutschen Bundestag am 16.01.2020. Der Vergleich der Parteimitglieder und der Bundestagsabgeordneten gegen die WSR ist ernüchternd:[6]

Fraktionen Parteimitglieder
gegen die WSR
Abgeordnete
gegen die WSR
Protagonisten
gegen die WSR
CDU/CSU 44 % 41 %
SPD 41 % 39 % Christine Lembrecht
Ulla Schmidt
Hilde Mattheis
AfD 53 % 92 % ("Vertrauensregelung")
FDP 27 % 74 % Christian Lindner
DIE LINKE 45 % 55 % Katja Kipping
Die Grünen 28 % 90 % Annalena Baerbock

Bei den Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU und der SPD spiegelt sich die Meinung der Parteimitglieder in den Zahlen der Bundestagsabgeordneten. Bei den übrigen Parteien stimmte ein deutlich größerer Anteil der Bundestagsabgeordneten gegen die WSR als die Mitglieder der Partei. Bei der AfD waren es "nur" doppelt so viele, bei der FDP waren es 2,7 mal mehr und bei den GRÜNEN sind es sogar 3,2 mal mehr.

Dies gibt zu denken, wie das Volk von seinen Abgeordneten "vertreten" bzw. ignoriert wird.
Dies zeigt, wie der Wille des Volkes von Abgeordneten einiger Parteien mit Füßen getreten wird.


Anhang

Anmerkungen

  1. Mit Halb- und Unwahrheiten sowie mit Forderungen, die seit Jahrzehnten bereits durch Gesetze und Vorschriften erfüllt sind, wird Populismus betrieben und zuweilen sogar Panik verbreitet. Damit stellt sich diese Partei als der Retter in der Not dar.
    So, wie sich eine Pandemie (1918-1920 die Spanische Grippe; 2020-2022 die Corona-Pandemie) nach 100 Jahren wiederholt hat, so zeichnet sich derzeit in Deutschland nach 100 Jahren eine Wiederholung der politischen Situation ab.
  2. Auf welchen fundierten Sachkenntnissen diese beruhen, bleibt offen.
  3. Einem politischen Gegner wird bei einem Thema dort entgegengetreten, wo er schwächelt. Damit versetzt man ihn in eine politische Niederlage, im schlimmsten Fall sogar dessen politisches Aus.
  4. Als Galionsfigur eines Gegenvorschlags, den man erfolgreich durchgebracht hat, geht man als Sieger hervor und steigt damit auf der politischen Karriereleiter weiter nach oben, bis hin zum Außenminister.
  5. Alle im Jahr 2019 durchgeführten Umfragen zur Frage der WSR zeigten auf, dass die Mehrheit der Bevölkerung für die Einführung der WSR war. Dieser Wille des Volkes wurde am 16.01.2020 ignoriert.
  6. So wird z.B. bei den auf der Warteliste verstorbenen Patienten nicht mitgezählt, wessen Gesundheitszustand so schlecht ist, dass er noch nicht einmal HU gelistet werden kann, weil er die Operation der Transplantation noch nicht einmal überleben würde, und deshalb von der Warteliste heruntergenommen wurde.
  7. Als Klinikseelsorger an einem Universitätsklinikum erlebe ich hautnah die Not der Patienten auf der Warteliste bei ET, ihrer Familie und ihrem Freundeskreis. Oft steht dabei die quälende Frage im Raum:
    Wer ist schneller - ET mit der Zuteilung des rettenden Organs oder mein eigener Tod?

    Diese Frage stellt sich nicht einmal, sondern ständig, täglich, für HU-gelistete Patienten oft über Wochen und Monate. Für diese Menschen wird es zur alles bestimmenden Frage. Wenn sie ins künstliche Koma gelegt werden müssen, stellt sich die Frage: "Werde ich wieder aufwachen, hoffentlich mit dem rettenden Organ in mir, oder werde ich im Koma versterben?" Während für den Komapatienten die Fragerei ein Ende gefunden hat, bleibt sie der Familie weiterhin erhalten.
    Die persönliche Betroffenheit macht es sehr schwer, dieses Fazit möglichst sachlich zu verfassen. Dem Drang, verbal grob zu werden, hatte ich ständig zu widerstehen. Man möge es mir verzeihen, wo es mir nicht gelungen ist.
    Ich wünschte, jeder einzelne Bundestagsabgeordnete wäre beim Thema Organspende nur halb so betroffen wie ich.

  8. Die Rede vom Vertrauensverlust ist somit nicht nachvollziehbar.

Einzelnachweise

  1. https://dserver.bundestag.de/btp/19/19140.pdf Zugriff am 15.12.2023.
  2. Einige dieser Meldungen sind:
  3. Caille-Brillet, A.-L., Schielke, C. K. M., Stander, V.: Bericht zur Repräsentativstudie 2016 „Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende“. BZgA-Forschungsbericht. Köln 2017, 12. Nach: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/organ_und_gewebespende_2016_ergebnisbericht--75523e97477f610f5e5f58746c143363.pdf Zugriff am 17.12.2023.
  4. Caille-Brillet A.-L., Schmidt K., Watzke D., Stander V.: Bericht zur 2014 Repräsentativstudie „Wissen. Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende“. Köln 2015, 28. Nach: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/organ_und_gewebespende_2014_ergebnisbericht--82df21a37c4e1be6b33adc6d0654efe8.pdf Zugriff am 17.12.2023.
  5. Zimmering, R., Hammes, D.: Bericht zur Repräsentativstudie 2022. „Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende“. BZgA-Forschungsbericht. Köln 2023, 201. Nach: https://www.organspende-info.de/fileadmin/Organspende/05_Mediathek/04_Studien/BZgA_Repraesentativbefragung_Organ-und_Gewebespende_2022_bfrei.pdf Zugriff am 17.12.2023.
  6. https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=656
    Die Zahlen der Parteimitglieder liegen mir als Word-Datei ohne Quellenangabe vor. Im Internet konnte ich diese Angaben nicht finden.