Nervensystem

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Das Nervensystem umfasst die gesamten Nervenzellen und Gliazellen eines Organismus im gemeinsamen Zusammenhang. Dieses Organsystem der Gewebetiere hat vermutlich ihren Ursprung in der Aufgabe, Veränderungen der äußeren Umwelt und inneren Umgebung eines Organismus als Signal aufzunehmen, aufeinander zu beziehen und mit früheren zu vergleichen.

So kann es gegebenenfalls Veränderungen des Organismus als Reaktionen veranlassen, mit denen eine bessere Anpassung an wechselnde Umgebungsbedingungen möglich wird. Damit realisiert das Nervensystem die Reizbarkeit und Erregbarkeit eines vielzelligen tierischen Lebewesens, welche die Grundeigenschaften seines Lebens sind.

In dem Buch "Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie" (Schmidt und Lang, 30. Aufl. Heidelberg 2007) sind auf den Seiten 144 bis 269 (= 125 Seiten) die "Integrative Leistungen des Nervensystems" beschrieben.

Evolution des Nervensystems

Das Nervensystem hat eine über 550 Mio. Jahre alte Entwicklung.

"In der Evolution begann die Entwicklung von Nervensystemen mit einfachen Netzwerken von Neuronen, die sich später zu kleinen hirnartigen Haufen versammelten und von hier aus Nervenfasern in die peripheren Regionen des Körpers entsandten."[1]

An den Fossilien und den heute lebenden Tieren kann man die Evolution des Nervensystems deutlich erkennen:[2]

  • Nervennetzwerk
    Hohltiere, wie z.B. Schwämme und Hydra, besitzen kein Nervensystem, sondern lediglich ein peripheres Nervennetzwerk.
  • Zentralnervensystem
    • Plattwurm
      Ein ZNS tritt erstmals bei Plattwürmern auf. Sie besitzen eine Ansammlung von einem paarigen Ganglion. Paarige Nervenstränge durchziehen den Körper. Auch andere Weichtiere haben diese Grundstruktur, so z.B. Tintenfische.
    • Insekten
      Insekten haben ein "Strickleiternervensystem". Ihr Gehirn besteht aus 3 Untereinheiten, von dem die Hauptnervenfasern ausgehen. Diese Faserstränge sind untereinander mit Querverbindungen - wie eine Strickleiter - verbunden.
    • Wirbeltiere
      Die mit Abstand höchstentwickelten Nervensysteme haben die Wirbeltiere. Typisch ist bei ihnen die Aufgliederung in eine zentrales und ein peripheres Nervensystem. Die Evolution des Gehirns unterscheidet sich in Komplexität und Aufbau sehr. Je größer das Wirbeltier, desto größer sein Gehirn. Relativ zu ihrer Körpermasse haben jedoch kleine Tiere große Gehirne: die Spitzmaus 10%, der Mensch 2%, der Blauwal 0,01%.

Die Besonderheit des menschlichen Gehirns liegt vor allem in seinem inneren Aufbau. Menschliche Gehirne haben sich vor allem im Laufe der letzten 4 Mio. Jahren enorm weiterentwickelt. So hatte der Australapithecus afircanus ein Hirnvolumen von ca. 0,4 Litern, was etwa der Hirngröße heutiger Schimpansen entspricht. Der Homo erectus hatte ein Hirnvolumen von fast 1,0 Litern. Der heute lebende Homo sapiens hat eine Hirngröße von etwa 1,6 Litern. Ein noch größeres Gehirn hatte der ausgestorbene Homo neanderthalensis mit rund 2,0 Litern. Doch die alleinige Größe eines Gehirns sagt nur bedingt etwas über dessen Leistungsfähigkeit aus.[3]

"Evolutionär gesehen, hat es den Anschein, als sei das autonome Nervensystem das neurale Instrument gewesen, mit dessen Hilfe das Gehirn von Organismen, die weit einfacher beschaffen waren als wir, in die Regulation ihres inneren Haushalts eingegriffen hat. Als das Leben noch hauptsächlich darin bestand, die ausgewogene Funktion einiger weniger Organe zu sichern, und als die Wechselwirkung mit der Umgebung nach Art und Zahl sehr begrenzt waren, steuerten das Immun- und das Hormonsystem das meiste dessen, was es zum steuern gab. Dazu brauchte das Gehirn einige Signale über den Zustand der verschiedenen Organe und ein Mittel, um diesen Zustand angesichts bestimmter äußerer Bedingungen zu verändern. Genau das lieferte ihm das autonome Nervensystem: ein Netz, das ihm Signale über viszerale Veränderungen zutrug, und ein Netz, das motorische Befehle zu diesen Viscera beförderte. Später entwickelten sich motorische Reaktionen von komplexerer Form, Reaktionen, wie sie beispielsweise der Bewegung der Hande und des Stimmapparats steuern. Reaktionen letzterer Art waren auf eine immer komplexere Differenzierung des periphären motorischen Systems angewiesen, denn es galt, die Tätigkeit feinster Muskeln und Gelenke zu steuern beziehungsweise Berührung, Temperatur, Schmerz, Gelenkstellung und Ausmaß der Muskelkontraktion zu signalisieren."[4]

"Aus heutiger Sicht schufen die neu auf der Bildfläche erschienenen Nervensysteme für vielzellige Lebewesen die Möglichkeit, die Homöostase im ganzen Organismus besser zu regulieren, und das wiederum machte eine Vergrößerung von Körper und Funktionsumfang möglich. Die Nervensysteme entwickelten sich als Diener für den übrigen Organismus - oder genauer gesagt, für den Körper - und nicht andersherum. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sie bis zu einem gewissen Grad auch heute noch Diener geblieben sind."[5]

Nervensystem des Menschen

Das Nervensystem ist die Gesamtheit des Nervengeweges als morphologisches und funktionale Einheit mit der Befähigung zur Reizaufnahme in den Endapparaten (Rezeptoren), der spezifischen Erregungsbildung in den Rezeptoren, der Weiterleitung der Erregung, deren Verarbeitung im ZNS (Zentralnervensystem] und der Reizbeantwortung zu den peripheren Empfängern (Effektoren). Es wird topographisch eingeteilt in:[6]

Funktionell wird das Nervensystem unterschieden in:

Das Nervensystem beginnt am 17. Tag nach der Befruchtung mit seiner Entwicklung als gerade Neuronalplatte. Diese krümmt sich, bis sich am 27. Tag die beiden Enden verbinden. Damit das Neuralohr entstanden. Aus ihm entstehen alle Teile des Nervensystems. Am 32. Tag entstehen 5 sekundäre Hirnbläschen, die Vorläufer der Hirnstrukkturen. In der Innenwand des Neuralohrs liegen Stammzellen. Sie bilden in Spitzenzeiten bis zu 20.000 neue Nervenzellen pro Minute. Die neuen Neuronen wandern an die Außenseite des Neuralohrs und nehmen dort einen Platz ein, den sie nie wieder verlassen. So entsteht das Gehirn.
Das Gehirn eines Neugeborenen hat erst 25% seiner endgültigen Größe erreicht. Es wächst bis zur Pubertät weiter. Bis ins hohe Alter passt sich das Gehirn an und wächst weiter.[8]

Zentralnervensystem

Bei Wirbeltieren bilden Gehirn und Rückenmark das Zentralnervensystem (ZNS), dessen Strukturen und Steuerungen auch als zentralnervös bezeichnet werden.

Das ZNS erfüllt in einem komplexeren Lebewesen verschiedene Aufgaben:

  • Integration aller sensiblen Reize, die ihm von innerhalb oder außerhalb des Organismus zugeleitet werden (Afferenzen),
  • Koordination sämtlicher motorischer Eigenleistungen des Gesamtorganismus
  • Regulation aller dabei ablaufenden innerorganismischen Abstimmungsvorgänge zwischen den organismischen Subsystemen oder Organen, einschließlich solcher humoraler und insbesondere hormoneller Art.

Das ZNS besteht aus Nervengewebe. Dieses setzt sich aus Nervenzellen (Neuronen) und Stützzellen (Gliazellen) zusammen. Neuronen empfangen und codieren Informationen, die sie an andere Nervenzellen übermitteln.

Peripheres Nervensystem

Hirnnerven

Spinalnerv

Periphere Ganglien)

Funktionelle Unterscheidung

somalisches Nervensystem

vegetatives (autonomes) Nervensystem

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1538.
  2. Henning Beck, Sofia Anastasiadou, Christopher Meyer zu Reckendorf: Faszinierendes Gehirn. Eine bebilderte Reise in die Welt der Nervenzellen. Heidelberg 2016, 28f.
  3. Henning Beck, Sofia Anastasiadou, Christopher Meyer zu Reckendorf: Faszinierendes Gehirn. Eine bebilderte Reise in die Welt der Nervenzellen. Heidelberg 2016, 29.
  4. Antonio R. Damasio: Descartes´ Irrtum. Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn. 6. Auflage. Berlin 2010, 278.
  5. Antonio Damasio: Im Anfang war das Gefühl. Der biologische Ursprung menschlicher Kultur. München 2017, 70.
  6. Pschyrembel, 1151.
  7. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 392.
  8. Henning Beck, Sofia Anastasiadou, Christopher Meyer zu Reckendorf: Faszinierendes Gehirn. Eine bebilderte Reise in die Welt der Nervenzellen. Heidelberg 2016, 24f.