Jürgen Nielsen-Sikora

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Schriften

Menschenwürde und Freiheitsrechte versus ... (o.J.)

Jürgen Nielsen-Sikora veröffentlichte den offenen Brief "Menschenwürde und Freiheitsrechte versus Organbereitstellungspflicht und 'Widerspruchslösung'".[1] Dieser wurde unterschrieben von Dietrich Böhler, Jürgen Nielsen-Sikora, Anna Bergmann, Wolfgang Frühwald, Vittorio Hösle, Johannes Hoff und Ralf Seidel. Darin heiß es:

„Gegen den Strom“ sowohl der Transplantationsmedizin als auch der landläufigen Schmalspurethik, die Verantwortung mit Mitleid verwechselt, erhob der deutsch-jüdisch-amerikanische Verantwortungsethiker Hans Jonas 1968 und 1974, 1980 und 1985 wohlbegründeten Einspruch.

Siehe: Hans Jonas

Die Hirntoddefinition setzt das Zerrbild des Menschenleibes als einer (cartesianischen) Maschine voraus und birgt – das ist Jonas’ schärfstes moralisches Argument – die Gefahr der „Vivisektion“:

Siehe: Vivisektion

Wer kann wissen, wenn jetzt das Seziermesser zu schneiden beginnt, ob nicht ein Schock [...] einem nichtzerebralen, diffus ausgebreiteten Empfinden zugefügt wird, das noch leidensfähig ist [...]?“

Siehe: Schmerz

Eben diese aber werden von Befürwortern einer Widerspruchslösung, die auf eine „Organbereitstellungspflicht“ (Bischof em. Wolfgang Huber) hinausläuft, zum moralischen Ein undAlles erhoben.

Siehe: Widerspruchsregelung

Dass „hirntote“ Menschen nicht schon tot sind, sondern noch im Sterben liegen, hat Hans Jonas als erster öffentlich ausgesprochen sowie in bis heute gültiger Präzision begründet, und es ist auch heute die Überzeugung vieler renommierter Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen, wie es der aktuelle Bericht des Deutschen Ethikrats (2016) verdeutlicht.

Siehe: Hans Jonas, Todesverständnis

Die Für-tot-Erklärung bis dato als Lebende anerkannter „hirntoter“ Patienten durch ein Harvard Ad Hoc-Committee im Jahr 1968 wurde vor wenigen Monaten (zu ihrem 50jährigen Jubiläum) von dem US-amerikanischen Bioethiker Robert Truog im renommierten Journal of the American Medical Association (JAMA) erneut als konzeptionell inkohärent kritisiert.

Siehe: Ad-Hoc-Kommission, Robert Truog, Todesfeststellung, Todeserklärung

Es ist alles andere als bewiesen, dassein noch lebender Organismus ohne messbare Hirnfunktionen wirklich jedes Bewusstsein und Schmerzempfinden verloren hat, weshalb häufig „Schmerzmittel, ein Opioid, auf jeden Fall aber muskelentspannende Mittel zur Unterdrückung von Bewegungen verabreicht“ werden. Denn „bis zu 75% der Hirntoten sind noch in der Lage, auf [die Entnahmeprozedur] etwa mit Hochziehen der Schulter oder Beine, Spreizen der Finger oder Schwitzen, Hautrötungen, erhöhtem Blutdruck und Puls zu reagieren.“

Siehe: Schmerz, spinale Reflexe

Niemand darf es ‚mir‘ verwehren, mich des Urteils und einer rechtsverbindlichen Erklärung darüber zu enthalten, ob ‚ich‘ mein Leben noch zu Ende leben und das eigentlich „unveräußerliche“ Menschenrecht auf mein Sterben behalten will oder aber nicht.

Siehe: Widerspruchsregelung#Beispiele_von_Schweigen_.3D_Zustimmung, Widerspruchsregelung#Staatliche_Regelungen_bei_Unt.C3.A4tigkeit

Die der Widerspruchslösung zugrundeliegende reduktionistische Gleichsetzung menschlichen Lebens mit messbaren Hirnfunktionen entzieht sich dem Menschenwürdegebot;

Siehe: § 3 TPG

Angesichts der starken und von unangefochtenen Wissenschaftlern wie Hans Jonas vertretenen Argumente gegen die Gleichsetzung des „Hirntods“ mit dem Tod des Menschen und der bestehenden wissenschaftlichen Kontroverse ist es unerträglich und unwürdig, dass in der aktuellen Debatte von politischer Seite wie auch in den Medien gebetsmühlenartig von „postmortaler“ Organspende die Rede ist, als ob es diese Kontroverse nicht gäbe.

Siehe: Hans Jonas, Todesverständnis

Wer die wissenschaftliche „Hirntod“-Kontroverse jetzt im Vorfeld einer parlamentarischen Debatte zu vertuschen sucht, der könnte erleben, dass sie als Bumerang zurückkehrt und die Widerspruchslösung einen von niemandem intendierten umgekehrten Effekt auf die Organspendebereitschaftder Bürgerinnen und Bürger zur Folge hat.

Siehe: Transparenz

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Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Jürgen Nielsen-Sikora: Menschenwürde und Freiheitsrechte versus Organbereitstellungspflicht und 'Widerspruchslösung'. Nach: https://www.hans-jonas-zentrum.de/files/cto_layout/downloads/Gegen%20die%20Widerspruchsloesung%20offener%20Brief.pdf Zugriff am 27.11.2020.