Künstliche Organe

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künstliche Organe

Künstliche Organe stehen derzeit nur stationär und bedingt zur Verfügung. Einzig für die Unterstützung des Herzens stehen derzeit mobile Geräte zur Verfügung, haben jedoch ihre Einschränkungen. Auch haben die verschiedene Organe völlig unterschiedliche Aufgaben. Daher ist es wichtig, die technischen Möglichkeiten und ihre Grenzen für jedes einzelne Organ zu betrachten.

Herz

Das Herz pumpt mit der rechten Herzkammer das Blut in die Lunge (kleiner Blutkreislauf) und mit der linken Herzkammer das Blut in den Körper (großer Blutkreislauf). Die Kunstherzen werden unterschieden zwischen Unterstützungspumpen (VAD = ventricular assist device) und totalen Kunstherzen (TAH = total artificial heart):[1]

  • VAD
    Meist schwächelt der Herzmuskel der linken Herzkammer. Dann wird ein sogenanntes LVAD (left venticular assit device = Unterstützungsgerät des linken Herzmuskels) in den Körper implantiert.
    Schwächelt der Herzmuskel der rechten Herzkammer, wird ein RVAD (right venticular assit device) in den Körper implantiert.
    Schwächeln beide Herzkammern, kann ein BVAD (both venticular assit device) eingesetzt werden.
  • TAH
    Reicht selbst ein BVAD nicht mehr aus, steht nur noch ein TAH als technische Lösung zur Verfügung.
Grenzen von VAD und TAH sind gleich:
  1. Zur ständigen Energieversorgung muss das Kunstherz immer über ein Kabel mit dem Akkupack verbunden sein. Diese halten inzwischen knapp 24 Stunden. Entlang dieses Kabels können jedoch Keime (Viren, Bakterien und Pilze) tief in den Körper gelangen und eine lebensgefährliche Infektion auslösen.[Anm. 1]
  2. Es gibt pulsierende Kunstherzen, die den Puls des Herzens nachahmen. Aus verschiedenen technischen Gründen werden jedoch meist Rotationspumpen verwendet. Die hohe Schwerkraft in diesen Mini-Pumpen "zerreißt" die roten Blutkörperchen. Daher müssen diese immer wieder durch Bluttransfusionen nachgefüllt werden.
  3. Beim Einsatz von VAD bzw. TAH müssen künstliche Herzklappen gesetzt werden. Trotz Einnahme von Medikamenten zur Blutverdünnung (z.B. Heparin) kann es an den künstlichen Herzklappen zur Thrombosebildung kommen. Löst sich so ein Thrombus, kann dies zu einer Lungenembolie, einem Herzinfarkt oder einem Hirninfarkt (Schlaganfall) führen.
  4. Die Lebensdauer der heutigen VAD und TAH beträgt 5 bis 10 Jahre.[2] Danach sind sie verschlissen und müssen ausgetauscht werden.

Lunge

Die Lunge sorgt für den Gasaustausch. Der für den Stoffwechsel der Körperzellen notwendige Sauerstoff (O2) wird von den Lungenbläschen an das Blut abgegeben und das beim Stoffwechsel anfallende und an das Blut abgegebene Kohlenstoffdioxyd (CO2) wird von den Lungenbläschen an die Atemluft abgegeben.

Extra Corporale Lung Assistance (ECLA) sind stationäre Geräte der Intensivmedizin, die zur Überbrückung bis zur Lungen-TX eingesetzt werden. Dabei wird eine große Arterie angezapft, das vom Herzen kommende Blut in das Gerät abgesaugt, dort das CO2 ausgefiltert, das Blut mit O2 angereichert und über die Arterie an den Körper zurückgepumpt.
ECLA kam in den 70er Jahren auf, ist aber noch immer ein Gerät der Intensivmedizin. Ein Kompaktgerät für den Hausgebrauch ist in den nächsten Jahrzehnten nicht in Sicht.

Uni-Kliniken und große Kliniken haben seit Jahren statt des ECLA die kleinere ECMO in Gebrauch. Sie ist kleiner und erfüllt die Aufgaben von Herz und Lunge. Auch die ECMO ist ein Gerät für die Intensivstation, nicht für den Heimgebrauch.

Leber

Die Leber erfüllt 7 Hauptaufgaben: 1. Entgiftung des Blutes 2. Umwandlung von Fett in Zucker 3. Verarbeitung und Speicherung von Fett 4. Bildung von Bluteiweißen 5. Auf- und Abbau von Cholesterin 6. Speicherung von Eisen und Vitaminen 7. Bildung der Gallenflüssigkeit. Damit ist die Leber wahrlich ein Universalorgan, dessen Arbeit mit einem Chemiewerk verglichen werden kann.
Seit den 90er Jahren wird an einem Dialyseverfahren der Leber gearbeitet. MARS hat sich bei allem Fortschritt für Dauereinsatz - ähnlich der Nierendialyse - bisher nicht bewährt. MARS kann bis heute nur einige Aufgaben der Leber übernehmen. Bei akutem Leberversagen hilft nur eine Leber-TX.

Niere

Für extrem schwache oder ausgefallene Nieren gibt es zur "Blutwäsche" die Dialyse. Anfänge gab es in den 20er Jahren, der Durchbruch erfolgte 1945. Bis heute sind für die Dialyse stationäre Geräte erforderlich, die Zeit und Geld kosten.
Der Zeitfaktor stellt für die Patienten eine große Einschränkung ihres Lebens dar. Dazu nimmt der Gesundheitszustand von Jahr zu Jahr ab. Zwar kann bei einem Nierenversagen mit der Dialyse das Blut "gewaschen" werden, doch bestimmte, von der Niere produzierten Hormone, können damit nicht ersetzt werden.

Auch wenn es immer wieder behauptet wird, so ist die Dialyse kein gleichwertiger Ersatz zur Nieren-TX. Die Gründe sind:
  1. Eine gute Dialyse schafft nur 20% bis 30% einer Nierenleistung.
  2. Dialysepatienten altern biologisch schneller und werden nicht so alt.
  3. Wer Jahrzehnte dialysiert wurde, kann nicht mehr transplantiert werden, weil dann die TX kaum Erfolg hat.

Hinzu kommt, dass Dialysepatienten gegenüber Nierentransplantierten eine geringere Lebensqualität haben.

Bauchspeicheldrüse und Dünndarm

Für Bauchspeicheldrüse und Dünndarm gibt es keinen künstlichen Ersatz.

Fazit

Der aktuelle Stand (2020) für künstliche Organe ist sehr unterschiedlich weit entwickelt. Dieser hängt mit den Aufgaben der Organe zusammen:

  • künstliches Herz
    Künstliche Herzen (VAD und TAH) sind technisch sehr weit gereift, da das Herz eine reine Pumpfunktion besitzt. Das Problem stellt vor allem die Energieversorgung der VAD und TAH dar. Die Energie muss ständig von außen über ein Kabel zugeführt werden. Entlang dieses Kabels kann es zu lebensgefährlichen Infektionen kommen. Dieses Problem ist nicht in den Griff zu bekommen.
  • künstliche Lunge
    O2 in das Blut und CO2 aus dem Blut, so lässt sich die Aufgabe der Lunge kurz beschreiben. Hierzu stehen uns heute hierzu nur Geräte für die Intensivstation zur Verfügung. Ein Gerät für den Heimgebrauch ist in den nächsten Jahrezhnten nicht in Sicht. Dazu kommt die Infektionsgefahr, ähnlich wie beim künstlichen Herzen.
  • künstliche Leber
    Durch die vielfältigen Aufgaben der Leber ("Chemiefabrik" des Körpers) ist eine gleichwertige technische Lösung in den nächsten Jahrzehnten nicht in Sicht. MARS schafft als Großgerät nur einen Bruchteil der Aufgaben und kann heute kein ein kurzfristiges Überleben bis zur Leber-TX sichern.
  • künstliche Niere
    Die künstliche Niere könnte in den nächsten Jahrzehnten marktreife erreicht haben, sodass sie selbst die Dialyse überflüssig macht, zumindest eine Alternative dazu darstellt.
  • künstlicher Dünndarm
    Ein künstlicher Dünndarm könnte über die biologischen 3D-Drucker in den nächsten Jahrzehnten eine echte Option gegenüber einer Dünndarm-TX darstellen.
  • künstliche Pankreas
    Eine künstliche Pankreas ist für die nächsten Jahrzehnte nicht in Sicht.

Das Problem ist: Die Organpatienten brauchen heute das Organ, nicht in Wochen, Monaten, Jahren oder Jahrzehnte. Ihr Weiterleben zum Zeitpunkt der TX wird oft in Wochen oder Tagen angesehen.


Anhang

Anmerkungen

  1. Duschen besitzt ein hohes Infektionsrisiko. Baden und Schwimmen ist für diese Patienten absolut verboten. Das Leben ist dadurch eingeschränkt.

Einzelnachweise