Wahrnehmung: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Allgemeines ===
=== Allgemeines ===
[http://de.wikipedia.org/wiki/Wahrnehmung Wahrnehmung] ist die bewusste Verarbeitung von [[Empfindungen]]. Diese Verarbeitung alle Sinneswahrnehmungen erfolgt im Gehirn. Dort werden die [[Empfindung]]en zu Wahrnehmungen bewusst gemacht.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrnehmung Wahrnehmung] ist die bewusste Verarbeitung von [[Reizen]]. Diese Verarbeitung alle Sinneswahrnehmungen erfolgt ausschließlich im Gehirn. Dort werden die einzelnen Informationen zur Wahrnehmung bewusst gemacht.


In Abgrenzung dazu stehen [[Empfindungen]] und die damit verbundenen, vom Rückenmark ausgehenden Reflexe ([[spinale Refelexe]]). Sie sind unbewusste [[Empfindungen]] und zählen damit nicht zu den Wahrnehmungen.
In Abgrenzung dazu stehen [[Transduktion]] und die vom Rückenmark ausgehenden [[spinale Refelexe]]. Sie sind unbewusste Informationen und zählen damit nicht zu den Wahrnehmungen.


Siehe: [[Schmerzempfinden]]  
Siehe: [[Schmerzen]] und [[Wahrnehmungskette]]


Bei Hirntoten ist die Wahrnehmung [[erloschen]], d.h. nichts kann der Hirntote wahrnehmen, weder bewusst, noch im [[Unterbewusstsein]], denn das Unterbewusstsein benötigt hierfür wie auch das Bewusstsein ein funktionierendes Gehirn. Bei Hirntoten ist daher keine Sinneswahrnehmung möglich, weder eine bewusste, noch ein unbewusste.
Aus der Fülle der von den Sinnen kommenden Informationen werden vom [[Integrator]] als dem größten Neuronensystem jene Aktivitäsmuster herausgegriffen, die ihn interessieren. Dies ist keine Analyseleistung, „sondern das Gegenteil, eine Integration, bewerkstelligt durch Kombinatorneurone im Wahrnehmungssystem des [[Integrator]]s“.<ref>Gino Gschwend: Neurophysiologische Grundlagen der Hirnleistungsstörungen. Basel 1998, 16.</ref>


Da beim Hirntoten das Gehirn als biologische Grundlage die Wahrnehmung abgestorben ist, ist dieser Zustand der [[erloschen|erloschenen]] Wahrnehmung dauerhaft.
„Diese Kombinatorneurone des Hautwahrnehmungssystems liegen zwar im gleichen Areal wie die Detektorneurone, aber in einer anderen Zellschicht (...). Das Abbild der Haut sieht allerdings verzerrt aus (...), weil die Rezeptordichte nicht über gleich, sondern vor allem im Mund- und Handbereich groß ist. Entsprechend werden diese funktionell wichtigen Körperteile auch in den Detektoren und Kombinatoren hervorgehoben. Der Mensch ist ein Mund-Hand-, bzw. ein Sprech-Greif-Wesen.<br>
 
Selektion. Der Umweg über die Analyse und den erneuten Zusammenbau im Integrator hat den Vorteil, das nicht die ganze Außenwelt übernommen werden muss, sondern nur der wichtigste Teil davon. Dies ist ein Selektionsprinzip im Dienste der Ökonomie, das verhindern hilft, das Gedächtnisvermögen der Integratorneurone mit unbedeutenden Informationen zu überlasten.<br>
{{PV-Hirntod}}
Erkennen. Die im Wahrnehmungssystem zusammengebauten bioelektrischen Muster aus der Außenwelt werden mit den Gedächntisinhalten der Kombinatorneurone im Wahrnehmungssystem verglichen. Finden sich gleichartige, schon früher einmal eingegangene Muster, wie z.B. Kitzeln, werden die eingegangenen Muster mit den engrammierten ergänzt ins Globalsystem des Integrators weitergegeben, wodurch das Globalsystem diese Muster als bereits bekannte Muster wiedererkennt und erlebt."<ref>Gino Gschwend: Neurophysiologische Grundlagen der Hirnleistungsstörungen. Basel 1998, 17.</ref>


== Sinne des Menschen ==
== Sinne des Menschen ==
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Sinnesorgan (Sinneszellen) - [[Reiz]] - [[Nervenfaser]] - [[Nervenzellen]] (Ganglienzellen) - [[Rückenmark]] - [[Gehirn]]."<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1530.</ref>
Sinnesorgan (Sinneszellen) - [[Reiz]] - [[Nervenfaser]] - [[Nervenzellen]] (Ganglienzellen) - [[Rückenmark]] - [[Gehirn]]."<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1530.</ref>


=== Sehen ===
=== Ablauf der Wahrnehmung ===
Über das [https://de.wikipedia.org/wiki/Visuelles_System visuelle System] nimmt der Mensch seine Umwelt optisch wahr: Die [https://de.wikipedia.org/wiki/Netzhaut Netzhaut] im [https://de.wikipedia.org/wiki/Auge Auge] nimmt die optischen Informationen auf und gibt sie über den [https://de.wikipedia.org/wiki/Sehnerv Sehnerv] an Teile des [https://de.wikipedia.org/wiki/Thalamus Thalamus], des [https://de.wikipedia.org/wiki/Hirnstamm Hirnstamms] und die [https://de.wikipedia.org/wiki/Visueller_Cortex Sehrinde] weiter. Die Sehrinde ist der Teil der [https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fhirnrinde Großhirnrinde], die die visuellen Informationen verarbeitet und dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein Bewusstsein] somit ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Abbild Abbild] der Umwelt liefert.
"Alle Reize führen zu gleichartigen [[Aktionspotential]]en, z.B. Licht ebenso wie Schall. Welchen Sinneseindruck diese Aktionspotentiale auslösen, hängt davon ab, in welchen Hirnregionen sie eintreffen. Würde man etwa den [[Sehnerv]] operativ in das Hörzentrum leiten, würden Lichteinwirkungen als akustische Signale empfunden.<ref group="Anm.">Ein kräftiges Reiben der geschlossenen Augen kann zu wahrgenommenen Lichtblitzen führen. Mechanische Energie wird demnach als optisches Signal empfunden.</ref><ref name="B1482"> Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1482.</ref>


Mit dem visuellen System nimmt der Mensch visuelle Reize wie Helligkeit, Farbe, Kontrast, Linien, Form und Gestalt, Bewegung und Räumlichkeit auf.  
Die [[Rezeptoren]] unterscheiden sich je nach Sinnesorgan. Ab der 1. Nervenzelle erfolgt die Verarbeitung des [[Reiz]]es in vergleichbarer Weise:<ref name="B1482"></ref>
# Überschreitet der [[Reiz]] das [[Aktionspotential]] der [[Rezeptorzelle]], gibt diese einen Impuls an die angeschlossene [[Nervenzelle]] weiter.
# Weiterleitung der Information
## Alle [[Reize]], die nicht zum Kopf gehören, werden zum [[Rückenmark]] geleitet und von dort aus zum Kopf.
## Alle [[Reize]], die die Sinnesorgane des Kopfes angesprochen haben, werden direkt zum Gehirn weitergeleitet.
# Die Informationen gelangen in definierte Hirnareale, den [[Thalamus]], die [[Großhirnrinde]] und die [[Assoziationsfelder]].


Um sehen zu können, benötigen wir Menschen ausreichendes [https://de.wikipedia.org/wiki/Licht Licht]. Im [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetisches_Spektrum elektromagnestischen Spektrum] umfasst es die [https://de.wikipedia.org/wiki/Wellenl%C3%A4nge Wellenlängen] von etwa 380 nm bis 780 nm. Dies entspricht Frequenzen von etwa 789 THz bis 384 THz.
=== Wahrnehmungskette der Sinne ===
Die [[Wahrnehmungskette]] der Sinne beschreibt den Ablauf der Wahrnehmung. Es ist immer der gleiche Ablauf über [[Reiz]] - [[Transduktion]] - [[Verarbeitung]] - [[Wahrnehmung]] - [[Wiedererkennung]] und [[Handeln]]. Somit hat jeder Sinn seine eigene Wahrnehmungskette:
* [[Wahrnehmungskette#Sehen]]
* [[Wahrnehmungskette#Hören]]
* [[Wahrnehmungskette#Riechen]]
* [[Wahrnehmungskette#Schmecken]]
* [[Wahrnehmungskette#Tasten]]


Um die vom Auge kommenden Informationen richtig zu verarbeiten sind rund 1/4 des gesamten Gehirns und 60% der [https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fhirnrinde Großhirnrinde] beschäftigt. Da Sehen nicht nur die Großhirnrinde betrifft, sprechen Neurologen vom "visuellen System". Wie beim Trinken aus deinem Wasserfall filtert das visuelle System bestimmte Informationen heraus, sortiert und verarbeitet sie und gibt ihnen eine Bedeutung. Dies können Formen, Konturen, Bewegungen, Personen oder Farben sein. Diese Verarbeitung beginnt bereits in der Netzhaut, passiert den [https://de.wikipedia.org/wiki/Metathalamus Corpus geniculatum laterale](CGL), wird dort bereits bearbeitet (abgeschwächt oder verstärkt). Im [https://de.wikipedia.org/wiki/Sehbahn primären visuellen Cortex] werden Farbe, Form, Kontrast und Bewegung analysiert, bevor die Informationen schließlich im [https://de.wikipedia.org/wiki/Visueller_Cortex visuellen Cortices] II bis V (Sehrinde) zur eigentlichen visuellen Wahrnehmung zusammengesetzt werden.<ref>https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/sehen/sehen-2013-k-ein-selbstverstaendliches-wunder Zugriff am 5.8.2016.</ref>


Der primäre visuelle Kortex befindet sich in der Tiefe des [https://de.wikipedia.org/wiki/Occipitallappen Sulcus calcarinus], dem hintersten Teil des Großhirns, und in den benachbarten Windungen. Das linke Auge ist mit der rechten und das rechte Auge mit der linken visuellen Rinde verknüpft.<ref>Mathias Bähr, Michael Frotscher: Neurologisch-topische Diagnostik. Anatomie - Funktion - Klinik. 10. Aufl. Stuttgart 2014, 415.</ref>
=== Sonstiges ===
Unser Gehirn sieht nicht das, was die Netzhaut unseres Auges sieht, sondern es verändert die von der Netzhaut kommenden Informationen in ein Bild, wie wir es erwarten. Dabei werden Informationen weggelassen, hinzugefügt oder unterschiedlich interpretiert. Dies kommt bei optischen Täuschungen und Kippbildern deutlich zum Ausdruck. Unser Gehirn arbeitet so, weil es bestimmte Bilder erwartet oder bei der Auswertung bestimmte Fehler macht. "Die Erwartungen des Gehirns sind in die anatomische und funktionelle Organisation der Sehbahn eingelassen; zum Teil sind sie der Erfahrung zu verdanken, weitgehend aber den angeborenen neuronalen Verdrahtungen des Sehsystems."<ref>Eric R. Kandel: Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes. München 2006, 323.</ref>


Lichtstrahlen durchdringen ungehindert die Hornhaut und die klaren Flüssigkeiten der Kammern und des Glaskörpers. Die Pupille reguliert die eintretende Lichtenergie. Auf der Netzhaut entsteht ein auf dem Kopf stehendes Bild.<ref group="Anm.">Die Gesamtbrechkraft des menschlichen Auges beträgt 58,6 Dioptrien. Die Differenz von Naheinstellung und Ferneinstellung beträgt max. 15 Dioptrien. Die Entfernung liegt zwischen 67 mm und unendlich (beim gesunden Auge Jugendlicher).</ref><ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1489.</ref>
"Objekte und Menschen wahrzunehmen und zu erkennen, scheint überhaupt keine Mühe zu machen. Doch wie die Informatiker bitter erfahren mussten, als sie intelligente Maschinen konstruierten, setzen diese Wahrnehmungsunterscheidungen eine Rechenkapazität voraus, zu der kein Computer auch nur annähernd in der Lage ist. Schon das bloße Erkennen eines Menschen ist eine erstaunliche Verbarbeitungsleistung. Alle unsere Wahrnehmungen - Sehen, Hören, Riechen und Tasten - sind analytische Triumphe."<ref>Eric R. Kandel: Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes. München 2006, 323f.</ref>


Die Netzhaut besitzt zwei [[Rezeptor]]typen: Zapfen für das Tagsehen in Farbe und Stäbchen für das Nachtsehen in Schwarz-Weiß. Von den Rezeptoren wird das einfallende Licht in ein elektrisches Signal umgewandelt, das über den Sehnerv zum Chiasma nervi optici an der Schädelbasis weitergeleitet wird. Dort kreuzen sich die Sehnerven des linken und rechten Auges. Von dort wird die Information an die subkortikalen Zentren weitergeleitet, vor allem dem Corpus geniculatum laterale. Von dort gelangen die Impulse über die Radiatio optica (Sehstrahlung) in die primäre Sehrinde de okzipitalen Kortex und die parietalen und temporalen Assoziationsfelder.<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1490.</ref>
"Ein Weltklassesprinter dürfte schon aus den Startblöcken heraus sein und fünf oder sechs Meter zurückgelegt haben, bevor ihm bewusst wir, dass die Startpistole abgefeuert wurde. Er braucht 130 Millisekunden für den Start, aber 400 Millisekunden oder mehr, um den Schuss zu registrieren. Die Überzeugung des Läufers, er habe den Schuss gehört und sei erst dann von den Startblöcken geschnellt, ist nach Libet eine Täuschung, die zustandekommt, weil das Bewusstsein das Geräusch des Schusses eine halbe Sekunde 'vordatiert'."<ref>Oliver Sacks: Der Strom des Bewusstseins. Über Kreativität und Gehirn. Reinbeck 2017, 48.</ref>


==== Evolution des Sehens ====
"Die Stimulierung bestimmter Teile des [[Thalamus]] aktiviert ... neuronale Schaltkreise, über die Berührungsreize verarbeitet werden, und ruft somit ein gut bestimmbares Berührungsgefühl hervor. Überraschend war an seinen Befunden die Tatsache, dass solche schwachen Stimuli eine beträchtliche Dauer der zerebralen Aktivität voraussetzt, damit ein bewusster Eindruck entstehen konnte: etwa 500 Millisekunden - eine halbe Sekunde."<ref>Gerald M. Edelman, Giulio Tononi: Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München 2002, 97.</ref>
"In der Evolution waren es anfangs Lichtflecke (Einzeller), Becher- oder Facettenaugen (z.B. Insekten), bestehend aus mehreren Tausend Facetten jeweils mit einer kleinen Linse und schließlich Einlinsenaugen (z.B. Spinnen), die auch mit Pupillen ausgestattet sind und eine ziemlich scharfe Abbildung auf die Retina (Netzhaut) projizieren können."<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1486.</ref>


Wirbeltiere haben eigene visuelle Systeme entwickelt, das Kameraprinzip. Es bietet eine gesteigerte Sensibilität und Scharfstellung über große Bereiche. Im Gehirn entwickelten sich Sehzentren, welche die von den Rezeptoren der Netzhaut übermittelten Signale erst in Bilder umwandeln können: "das Auge bildet ab, das Gehirn sieht".<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1487.</ref>
=== Wahrnehmungsentzug ===
"Unser Gehirn braucht nicht nur Wahrnehmungsinput, sondern auch Wahrnehmungsveränderung. Mangel an Veränderung kann nicht nur zu Konzentrations- und Aufmerksamkeitslücken, sondern auch Wahrnehmungsstörungen hervorrufen. Egal, ob heilige Männer freiwillig die Dunkelheit und Einsamkeit in Höhlen suchten oder ob sie Gefangenen in lichtlosen Kerkern aufgezwungen wurden - der Entzug des normalen visuellen Inputs kann das innere Auge aktivieren und so Träume, lebhafte Vorstellungsbilder oder [[Halluzinationen]] produzieren. Es gibt sogar einen Fachbegriff für die Sequenzen bunter und vielfältiger [[Halluzinationen]], die uns trösten oder quälen, wenn wir in Isolation und Dunkelheit gehalten werden: 'Gefangenenkino' (Prisoner´s Cinema)."<ref>Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 51.</ref>


Bereits Einzeler wie das Augentierchen ([https://de.wikipedia.org/wiki/Augentierchen Euglena]) besitzen alles, um sich zum Licht hin zu bewegen. Ein an einer verkürzten Geißel hängender Photorezeptor (Augenfleck) nimmt das Licht auf. Euglena nimmt damit den Einfallwinkel des Lichts wahr und bewegt sich mit der normalen Geißel auf das Licht zu.<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1527f.</ref> Diese Fähigkeit wird [https://de.wikipedia.org/wiki/Phototaxis Phototaxis] genannt.
In den 1950-er Jahren wurden 14 Studenten für mehrere Tage in schalldichten Kabinen eingeschlossen, von kurzen pausen zum Essen und Toilettengang abgesehen. Sie hatten Milchglasbrillen zu tragen, mit denen sie nur hell und dunkel sahen. Zunächst schliefen alle Versuchsteilnehmer und langweilten sich nach dem Erwachen. Sie sehnten sich nach [[Reizen]], die sie nicht erhielten. "Dann begann  die Phase der Autostimulation unterschiedlichster Art: mentale Spiele, Zählen, Phantasien und früher oder später, visuelle [[Halluzinationen]] - gewöhnlich eine 'Progression' der [[Halluzinationen]] vom Einfachen zum Komplexen."<ref>Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 52.</ref>  
"Während diese Bilder zunächst wirkten, als seien sie auf einen flache Leinwand projiziert worden, wurden sie nach einiger Zeit für einige der Versuchsteilnehmer 'täuschend dreidimensional', wobei Teile einer Szene manchmal auf dem Kopf standen oder von einer Seite zur anderen schwankten. ... Gewöhnlich verschwanden die [[Halluzinationen]], wenn die Versuchsteilnehmer aufgefordert wurden, schwierige Aufgaben zu lösen, etwa dreistellige Zahlen zu multiplizieren, nicht aber, wenn sie nur gymnastische Übungen machten der mit den Versuchsleitern sprachen."<ref>Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 53.</ref>


Bei einer späteren Studie hatten die Versuchspersonen 96 Stunden lang schwarze Binden zu tragen, die ihnen ermöglichte, die Augen zu öffnen, aber nur Finsternis zu sehen. 10 der 13 Teilnehmer hatten bereits in den ersten Stunden [[Halluzinationen]], aber alle am 2. Tag. Dabei war es unerheblich, ob sie die Augen geöffnet oder geschlossen hatten. Die [[Halluzinationen]] waren plötzlich da, blieben Sekunden oder Minuten, und verschwanden dann ebenso plötzlich wieder. Bei einem Teilnehmer waren diese [[Halluzinationen]] am 3. Tag fast permanent. Die Teilnehmer berichteten von einfachen [[Halluzinationen]] (Lichtblitze, Phosgenen, geometrischen Mustern) bis zu komplexen Figuren (Gesichter, Tiere, Gebäude, Landschaften). Mehrere Probanden berichteten von einer großen Strahlkraft und Farbigkeit ihrer [[Halluzinationen]]. Mehrere Teilnehmern wandelten sich die [[Halluzinationen]], so z.B. auf einem Schmetterling wurde ein Sonnenuntergang, dann ein Otter und schließlich eine Blume. Keiner der Probanden hatte willkürliche Kontrolle über seine [[Halluzinatinen]]. "Keine Halluziniationen zeigten sich, wenn die Teilnehmer durch Sinnestätigkeiten anderer Modalitäten in Anspruch genommen wurden - wenn sie etwa dem Fernseher oder dem Radio lauschten, sprachen oder auch versuchten, Blindenschrift zu lernen."<ref>Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 57.</ref>


https://wisotop.de/evolution-sehen-augen.php
Bei einer anderen Studie, mit [[fMRT]] durchgeführt, hatten die Versuchspersonen die Augen 22 Tage lang verbunden und waren mehrfach im [[fMRT]], wo sie genau anzugeben hatten, wann eine [[Halluzination]] kam und wann sie verschwand. "Der Scanner zeigte in exakter Übereinstimmung mit ihren [[Halluzinationen]] Aktivierungen ihres Sehsystems sowohl im okzipitalen wie auch im inferotemproalen [[Kortex]]. (Als sie hingegen aufgefordert wurde, mit Hilfe ihres visuellen Vorstellungsvermögens die [[Halluzinationen]] aus dem Gedächtnis abzurufen oder zu vergegenwärtigen, zeigten sich zusätzlich erhebliche Aktivierungen in den exekutiven Arealen des Gehirns, das heißt im [[präfrontalen Kortex]], einer Region, die relativ inaktiv war, als die Teilnehmerin nur halluzinierte.) Hier zeigt sich also auf einer physiologischen Ebene eindeutig, dass sich die visuelle Vorstellung grundsätzlich von der visuellen [[Halluzination]] unterscheidet."<ref>Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 58.</ref>


=== Hören ===
== Wahrnehmung bei Hirntoten ==
Über das [https://de.wikipedia.org/wiki/Auditive_Wahrnehmung auditive System] nimmt der Mensch seine Umwelt wahr: Die [https://de.wikipedia.org/wiki/Ohr Ohrmuschel] nimmt die [https://de.wikipedia.org/wiki/Schall Schallwellen] auf und leitet sie über [https://de.wikipedia.org/wiki/Geh%C3%B6rgang Gehörgang], [https://de.wikipedia.org/wiki/Trommelfell Trommelfell], [https://de.wikipedia.org/wiki/Geh%C3%B6rkn%C3%B6chelchen Gehörknöchelchen] an die [https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rschnecke Hörschnecke] weiter. Dort werden die Schallwellen umgewandelt und über den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nervus_vestibulocochlearis#Nervus_cochlearis Hörnerv] zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Auditiver_Cortex Hörzentrum] in der [https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fhirnrinde Großhirnrinde] weitergeleitet. Dort werden die akustischen Signale verarbeitet und dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein Bewusstsein] zugeführt.
Ob beim Sehen, Hören, Tasten (Fühlen), Riechen oder Schmecken, die dabei von den Sinnesorganen gewonnenen Informationen werden immer an das Gehirn zur Filterung, Bewertung und Auswertung weitergeleitet.  


[https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rereignis Hörereignisse] nimmt der Mensch als [https://de.wikipedia.org/wiki/Tonheit Tonheit], [https://de.wikipedia.org/wiki/Klangfarbe Klangfarbe], [https://de.wikipedia.org/wiki/Transparenz_(Akustik) Durchsichtigkeit], [https://de.wikipedia.org/wiki/Raumeindruck Raumeindruck] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Lautheit Lautheit] wahr.
Ein funktionierendes Gehirn ist die Grundlage aller Sinneswahrnehmungen. Ist das Gehirn im tiefen Koma, sind Sinneswahrnehmungen unöglich.<ref group="Anm.">Wenn das Gehirn aus dem tiefen Koma wieder herauskommt, sind Sinneswahrnehmungen wieder möglich. Dies zeigt sich z.B. anhand des Filmrisses bei einem Vollrausch.</ref> Ist das Gehirn abgestorben - so beim Hirntoten - ist die Grundlage jeglicher Wahrnehmung [[erloschen]]. Hirntote können daher nie wieder etwas sehen, hören, spüren, riechen oder schmecken. '''Nie wieder!'''
 
Wir sind in der Lage, Töne von 20 Hz bis 20 kHz wahrzunehmen. Die höchste Wahrnehmungsempfindlichkeit liegt bei etwa 4 kHz. Töne sind physikalisch nur schnelle Luftdruckschwankungen. Im Gegensatz zum Sehen kann unser Gehör bis zu 20 Signale pro Sekunde als einzelne Ereignisse wahrnehmen.
 
Die primäre auditorische Rinde entspricht den Heschl-Querwindungen des [https://de.wikipedia.org/wiki/Auditiver_Cortex Gyrus temporalis superior]. Ihre Impulse erhält sie vom [https://de.wikipedia.org/wiki/Metathalamus#Corpus_geniculatum_mediale Corpus geniculatum mediale].<ref>Mathias Bähr, Michael Frotscher: Neurologisch-topische Diagnostik. Anatomie - Funktion - Klinik. 10. Aufl. Stuttgart 2014, 416.</ref>
 
Das autitorische System besteht aus drei Teilsystemen:<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1506-1509.</ref>
# Äußeres Ohr: Schallaufnahme <br>  Über den 2,5 bis 4 cm langen Gehörgang gelangen die Schallwellen zum 0,1 mm dünnen Trommelfell. Dieses bildet die Grenze zum Mittelohr.
# Mittelohr: Schallübertragung <br>  Die Paukenhöhle des Mittelohrs ist 3 bis 6 mm breit. Darin befinden sich die Gehörknöchelchen. Sie geben die Schwingungen vom Trommelfell an das Innenohr weiter.
# Innenohr: Sensorisches System <br>  Die Öffnung der Schnecke nimmt die Schallwellen auf und leitet sie an den sich verjüngenden Gang der Schnecke weiter. Im gleichen Maße verdickt sich die Basilarmembran. Diese schwingt in Resonanz bei der je eigenen Frequenz, d.h. außen (= dünne Basilarmembran) bei 20.000 Hz, innen (= dicke Basilarmembran) bei 100 Hz. Dadurch können viele Töne gleichzeitig wahrgenommen werden, was z.B. den Klang der Sprache ausmacht.
 
 
<ref>Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1486.</ref>
 
==== Evolution des Hörens ====
Im Verlauf der Evolution kam das Gehör erst hinzu, als die frühen Lebewesen begannen, das Land zu erobern. Schall konnten die ersten Landbewohner nur durch Vibrationen im Wasser oder am Boden wahrnehmen. Die ersten Fische hatten dafür an den Seiten eine Reihe von Haarzellen, die Wasserbewegungen wahrnahmen. Aus diesem so genannten [https://de.wikipedia.org/wiki/Seitenlinienorgan Seitenlinienorgan] entwickelte sich bei den Wirbeltieren das [https://de.wikipedia.org/wiki/Innenohr Innenohr] mit der
[https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rschnecke Hörschnecke] und dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichgewichtsorgan Gleichgewichtsorgan]. Parallel dazu dürfte die Zunahme des Gehirnvolumes verlaufen sein, denn es mussten alle diese Informationen der Sinne verarbeitet werden.<ref>https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/hoeren/hoeren-2013-mehr-als-nur-schall-und-schwingung-2216 Zugriff am 5.8.2016.</ref>
 
=== Tasten ===
Über die [https://de.wikipedia.org/wiki/Sensibilit%C3%A4t_%28Neurowissenschaft%29 Sensibilität] nimmt der Mensch auf unterschiedliche Weise sich und seine Umwelt wahr. Die nach außen gerichteten [https://de.wikipedia.org/wiki/Rezeptor_%28Physiologie%29 Rezeptoren] sind hierbei in der [https://de.wikipedia.org/wiki/Haut Haut] verortet:
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Mechanorezeptor Mechanorezeptoren] nehmen Druck, Vibration, Dehnung wahr.
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Thermorezeption Thermorezeptoren] nehmen Temperatur wahr.
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Nozizeption Nozirezeptoren] nehmen [https://de.wikipedia.org/wiki/Schmerz Schmerz] wahr.
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Chemorezeptor Chemorezeptoren] nehmen chemische Reaktionen wahr.
 
Von diesen [https://de.wikipedia.org/wiki/Rezeptor_%28Physiologie%29 Rezeptoren] leiten [https://de.wikipedia.org/wiki/Nervenbahn Nervenbahnen] die gewonnenen Informationen an das [https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCckenmark Rückenmark] weiter. Dort werden sie gesplittet:
* Über den [https://de.wikipedia.org/wiki/Reflexbogen_%28Physiologie%29 Reflexbogen] wird bei sehr großen Reizen ein Reflex ausgelöst. Er soll das gefährdete Körperteil in Sicherheit bringen.<ref group="Anm.">Ein Beispiel: Die Thermorezeptoren der Hand nehmen große Hitze wahr. Über Nervenbahnen wird dies an das Rückenmark gemeldet. Über den Reflexbogen wird die Hand reflexartig von der heißen Herdplatte zurückgezogen, noch bevor unser Gehirn einen Schmerz in der Hand wahrnimmt.</ref>
* Große Reize werden auch sofort an die Nebenniere zur Ausschüttung von Stresshormonen gemeldet. Damit steht unserem Körper für Kampf oder Flucht größtmögliche Energie und Reaktionsvermögen zur Verfügung.
* Über einen dritten Strang wird die Information unseres Tastsinns an das Gehirn weitergeleitet. Dort wird sie gefiltert<ref group="Anm.">Wenn es um Leben oder Tod geht, werden nur noch größte Schmerzen zum Gehirn zur Wahrnehmung durchgelassen. Damit kann sich das Gehirn auf das Überleben konzentrieren und wird nicht ständig von Informationen kleinerer und mittlerer Schmerzen abgelenkt.</ref> und im [https://de.wikipedia.org/wiki/Telencephalon Großhirn] verarbeitet.
 
Evolutionsgeschichtlich ist der Tastsinn unser älteste Sinn. Auch gehirnlose Tiere (z.B. [https://de.wikipedia.org/wiki/Qualle Quallen]<ref group=Anm.">Verschiedene [https://de.wikipedia.org/wiki/Qualle Quallen] sind aus dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Perm_(Geologie) Perm] (vor rund 300-250 Mio. Jahren) nachgewiesen. [https://de.wikipedia.org/wiki/Dinosaurier Dinosaurier] lebten erst in der  [https://de.wikipedia.org/wiki/Obertrias Obertrias] bis zur [https://de.wikipedia.org/wiki/Oberkreide Oberkreide] vor 235 bis 66 Mio. Jahre. Möglicherweise gehen damit auch die Quallen auf die große Radiation am Beginn des [https://de.wikipedia.org/wiki/Kambrium Kambriums] ([https://de.wikipedia.org/wiki/Kambrische_Explosion Kambrische Explosion]) vor 540 bis 485 Mio. Jahre zurück.</ref>) besitzen einen Tastsinn mit einem sehr einfachen Nervensystem. Dies kommt auch in der Splittung zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Reflexbogen_(Physiologie) Reflexbogen], zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Hormonsystem Hormonsystem] und dem Gehirn zum Ausdruck. Jeder dieser drei Wege funktioniert unabhängig voneinander und stellt durch seine je eigene Art unser Überleben sicher.
 
Mit unserer Haut kommen wir mit unserer Umwelt, die viele Gefahren für uns birgt, in Berührung. Ob heiß oder kalt, glitschig oder rau, vieles kann unsere Gesundheit schaden oder gar unser Leben gefährden. Daher ist der Tastsinn für das Überleben sehr wichtig. Überall in unserer Haut sind die etwa 20 verschiedene Rezeptortypen verteilt. Dabei wandeln die [https://de.wikipedia.org/wiki/Mechanorezeptoren_der_Haut Mechanorezeptoren] die Reize in elektrische Signale um, die zunächst zur Wirbelsäule weitergeleitet werden. Einer der drei Wege führt zum Gehirn. Aus unserem Innern, den Muskeln und Gelenken, melden die Propriorezeptoren die Schmerzen an das Gehirn. Sie sind für unsere Bewegungen auch äußerst wichtig, weil sie z.B. auch in der Finsternis an das Gehirn melden, ob die Hand offen oder zur Faust geballt ist. In diesen Bereich fallen die [https://de.wikipedia.org/wiki/Phantomschmerz Phantomschmerzen], Schmerzen an nicht mehr vorhandenen Körperteilen. Im [https://de.wikipedia.org/wiki/Somatosensorischer_Cortex somatosensorischen Cortex] werden die von den [https://de.wikipedia.org/wiki/Rezeptorzelle Rezeptorzellen] kommenden Signale verarbeitet und in Wahrnehmungen umgewandelt.<ref>https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/fuehlen-koerper/die-welt-und-uns-selbst-erspueren-2013-das-somatosensorische-system Zugriff am 5.8.2016.</ref>
 
=== Riechen ===
Über das [https://de.wikipedia.org/wiki/Olfaktorische_Wahrnehmung Riechen] nimmt der Mensch Geruchsstoffe aus der Umwelt auf. Dabei verlaufen von den Riechzellen Nervenfasern direkt zum primären Riechzentrum, dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Riechkolben Riechkolben]. Über den [https://de.wikipedia.org/wiki/Hippocampus Hippocampus] werden Gerüche im [https://de.wikipedia.org/wiki/Ged%C3%A4chtnis#Langzeitged.C3.A4chtnis Langzeitgedächtnis] gespeichert.
 
Nach Schätzungen sollen wir Menschen über eine Billion verschiedene Riechstoffe unterscheiden können. Damit haben wir mit dem Geruchssinn den genauesten Sinn.
 
Gerüche können durch der Verschaltung zwischen [https://de.wikipedia.org/wiki/Olfaktorische_Wahrnehmung Riechsystem] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Hippocampus Hippocampus] lebhafte Erinnerungen wachrufen. Auch wenn wir sie bewusst nicht wahrnehmen, können sie unseren emotionalen Zustand beeinflussen. Gerüche und Geschmäcker sind immer emotional besetzt. Um den Geruch wahrzunehmen, genügt es wenn unter einer Billion Luftmoleküle ein Duftmolekül ist. Wenn wir bestimmte Gerüche wahrnehmen, spricht der [https://de.wikipedia.org/wiki/Hippocampus Hippocampus] im Langzeitgedächtnis Erinnerungen an, die wir mit diesem Geruch machen durften. Dieses Wachrufen der Erinnerung wird
"Madeleine-Effekt" genannt.<ref>https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/riechen-schmecken/riechen-und-schmecken-oft-unterschaetzt-3506 Zugriff am 5.8.2016.</ref>
 
=== Schmecken ===
Über das [https://de.wikipedia.org/wiki/Gustatorische_Wahrnehmung Schmecken] nehmen wir unsere Umwelt wahr, insbesondere über unsere Speisen. Die Geschmacksrezeptoren liegen vorwiegend auf der Zunge. In Geschmacksknospen liegen die Geschmackssinneszellen, die über Geschmacksporen den Geschmack aufnehmen. Von der Geschmacksknospe werden die Informationen über Nervenfasern zum Gehirn geleitet.


Die Signale des Schmeckens werden im [[Hirnstamm]] verarbeitet und über den [http://flexikon.doccheck.com/de/Tractus_tegmentalis_centralis Tractus tegmentalis centralis] zum [http://flexikon.doccheck.com/de/Nucleus_ventralis_posteromedialis Ncl. ventralis posteromedialis] (ein Teil des [https://de.wikipedia.org/wiki/Thalamus Thalamus]) geleitet. Dort werden die Signale umgeschaltet und über den hinteren Schenkel der [http://flexikon.doccheck.com/de/Capsula_interna?utm_source=www.doccheck.flexikon&utm_medium=web&utm_campaign=DC%2BSearch Capsula interna] zum primären gustatorischen Rindengebiet weitergeleitet. Dieses befindet sich im Bereich der Pars opercularis.<ref>Mathias Bähr, Michael Frotscher: Neurologisch-topische Diagnostik. Anatomie - Funktion - Klinik. 10. Aufl. Stuttgart 2014, 419.</ref>
Bei Hirntoten ist die Wahrnehmung [[erloschen]], d.h. nichts kann der Hirntote wahrnehmen, weder bewusst, noch im [[Unterbewusstsein]], denn das Unterbewusstsein benötigt hierfür wie auch das Bewusstsein ein funktionierendes Gehirn. Bei Hirntoten ist daher keine Wahrnehmung möglich, weder eine bewusste, noch ein unbewusste.


== Sonstiges ==
Da beim Hirntoten das Gehirn als biologische Grundlage die Wahrnehmung abgestorben ist, ist dieser Zustand der [[erloschen|erloschenen]] Wahrnehmung dauerhaft (irreversibel).
=== Ablauf der Wahrnehmung ===


"Alle Reize führen zu gleichartigen [[Aktionspotential]]en, z.B. Licht ebenso wie Schall. Welchen Sinneseindruck diese Aktionspotentiale auslösen, hängt davon ab, in welchen Hirnregionen sie eintreffen. Würde man etwa den [[Sehnerv]] operativ in das Hörzentrum leiten, würden Lichteinwirkungen als akustische Signale empfunden.<ref group="Anm.">Ein kräftiges Reiben der geschlossenen Augen kann zu wahrgenommenen Lichtblitzen führen. Mechanische Energie wird demnach als optisches Signal empfunden.</ref><ref name="B1482"> Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1482.</ref>
Die [[Rezeptoren]] unterscheiden sich je nach Sinnesorgan. Ab der 1. Nervenzelle erfolgt die Verarbeitung des [[Reiz]]es in vergleichbarer Weise:<ref name="B1482"></ref>
# Überschreitet der [[Reiz]] das [[Aktionspotential]] der [[Rezeptorzelle]], gibt diese einen Impuls an die angeschlossene [[Nervenzelle]] weiter.
# Weiterleitung der Information
## Alle [[Reize]], die nicht zum Kopf gehören, werden zum [[Rückenmark]] geleitet und von dort aus zum Kopf.
## Alle [[Reize]], die die Sinnesorgane des Kopfes angesprochen haben, werden direkt zum Gehirn weitergeleitet.
# Die Informationen gelangen in definierte Hirnareale, den [[Thalamus]], die [[Großhirnrinde]] und die [Assoziationsfelder]].
=== Rolle des Gehirns ===
Ob beim Sehen, Hören, Tasten (Fühlen), Riechen oder Schmecken, die dabei von den Sinnesorganen gewonnenen Informationen werden immer an das Gehirn zur Filterung, Bewertung und Auswertung weitergeleitet.
Ein funktionierendes Gehirn ist die Grundlage aller Sinneswahrnehmungen. Ist das Gehirn im tiefen Koma, sind Sinneswahrnehmungen unöglich.<ref group="Anm.">Wenn das Gehirn aus dem tiefen Koma wieder herauskommt, sind Sinneswahrnehmungen wieder möglich. Dies zeigt sich z.B. anhand des Filmrisses bei einem Vollrausch.</ref> Ist das Gehirn abgestorben - so beim Hirntoten - ist die Grundlage jeglicher Wahrnehmung [[erloschen]]. Hirntote können daher nie wieder etwas sehen, hören, spüren, riechen oder schmecken. '''Nie wieder!'''
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=== Einzelnachweise ===
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[[Kategorie: Wahrnehmung]]

Aktuelle Version vom 30. November 2019, 18:17 Uhr

Allgemeines

Wahrnehmung ist die bewusste Verarbeitung von Reizen. Diese Verarbeitung alle Sinneswahrnehmungen erfolgt ausschließlich im Gehirn. Dort werden die einzelnen Informationen zur Wahrnehmung bewusst gemacht.

In Abgrenzung dazu stehen Transduktion und die vom Rückenmark ausgehenden spinale Refelexe. Sie sind unbewusste Informationen und zählen damit nicht zu den Wahrnehmungen.

Siehe: Schmerzen und Wahrnehmungskette

Aus der Fülle der von den Sinnen kommenden Informationen werden vom Integrator als dem größten Neuronensystem jene Aktivitäsmuster herausgegriffen, die ihn interessieren. Dies ist keine Analyseleistung, „sondern das Gegenteil, eine Integration, bewerkstelligt durch Kombinatorneurone im Wahrnehmungssystem des Integrators“.[1]

„Diese Kombinatorneurone des Hautwahrnehmungssystems liegen zwar im gleichen Areal wie die Detektorneurone, aber in einer anderen Zellschicht (...). Das Abbild der Haut sieht allerdings verzerrt aus (...), weil die Rezeptordichte nicht über gleich, sondern vor allem im Mund- und Handbereich groß ist. Entsprechend werden diese funktionell wichtigen Körperteile auch in den Detektoren und Kombinatoren hervorgehoben. Der Mensch ist ein Mund-Hand-, bzw. ein Sprech-Greif-Wesen.
Selektion. Der Umweg über die Analyse und den erneuten Zusammenbau im Integrator hat den Vorteil, das nicht die ganze Außenwelt übernommen werden muss, sondern nur der wichtigste Teil davon. Dies ist ein Selektionsprinzip im Dienste der Ökonomie, das verhindern hilft, das Gedächtnisvermögen der Integratorneurone mit unbedeutenden Informationen zu überlasten.
Erkennen. Die im Wahrnehmungssystem zusammengebauten bioelektrischen Muster aus der Außenwelt werden mit den Gedächntisinhalten der Kombinatorneurone im Wahrnehmungssystem verglichen. Finden sich gleichartige, schon früher einmal eingegangene Muster, wie z.B. Kitzeln, werden die eingegangenen Muster mit den engrammierten ergänzt ins Globalsystem des Integrators weitergegeben, wodurch das Globalsystem diese Muster als bereits bekannte Muster wiedererkennt und erlebt."[2]

Sinne des Menschen

Über die Sinne nimmt der Mensch seine Umwelt wahr. Beim Sehen, Hören, Riechen und Schmecken sind die Sinnesorgane durch Hirnnerven direkt mit dem Gehirn verbunden. Evolutionsgeschichtlich sind sie die jüngsten Sinnesorgane.
Der Tastsinn ist als einziger Sinn über Nervenbahnen mit dem Rückenmark verbunden und splittet sich dort, wobei ein Weg zum Gehirn führt. Evolutionsgeschichtlich dürften die Anfänge des Tastsinns 300 Mio. oder gar 500 Mio. Jahre zurückliegen.

"Sensorische Systeme bestehen aus den folgenden anatomischen Bausteinen und Funktionen:
Sinnesorgan (Sinneszellen) - Reiz - Nervenfaser - Nervenzellen (Ganglienzellen) - Rückenmark - Gehirn."[3]

Ablauf der Wahrnehmung

"Alle Reize führen zu gleichartigen Aktionspotentialen, z.B. Licht ebenso wie Schall. Welchen Sinneseindruck diese Aktionspotentiale auslösen, hängt davon ab, in welchen Hirnregionen sie eintreffen. Würde man etwa den Sehnerv operativ in das Hörzentrum leiten, würden Lichteinwirkungen als akustische Signale empfunden.[Anm. 1][4]

Die Rezeptoren unterscheiden sich je nach Sinnesorgan. Ab der 1. Nervenzelle erfolgt die Verarbeitung des Reizes in vergleichbarer Weise:[4]

  1. Überschreitet der Reiz das Aktionspotential der Rezeptorzelle, gibt diese einen Impuls an die angeschlossene Nervenzelle weiter.
  2. Weiterleitung der Information
    1. Alle Reize, die nicht zum Kopf gehören, werden zum Rückenmark geleitet und von dort aus zum Kopf.
    2. Alle Reize, die die Sinnesorgane des Kopfes angesprochen haben, werden direkt zum Gehirn weitergeleitet.
  3. Die Informationen gelangen in definierte Hirnareale, den Thalamus, die Großhirnrinde und die Assoziationsfelder.

Wahrnehmungskette der Sinne

Die Wahrnehmungskette der Sinne beschreibt den Ablauf der Wahrnehmung. Es ist immer der gleiche Ablauf über Reiz - Transduktion - Verarbeitung - Wahrnehmung - Wiedererkennung und Handeln. Somit hat jeder Sinn seine eigene Wahrnehmungskette:


Sonstiges

Unser Gehirn sieht nicht das, was die Netzhaut unseres Auges sieht, sondern es verändert die von der Netzhaut kommenden Informationen in ein Bild, wie wir es erwarten. Dabei werden Informationen weggelassen, hinzugefügt oder unterschiedlich interpretiert. Dies kommt bei optischen Täuschungen und Kippbildern deutlich zum Ausdruck. Unser Gehirn arbeitet so, weil es bestimmte Bilder erwartet oder bei der Auswertung bestimmte Fehler macht. "Die Erwartungen des Gehirns sind in die anatomische und funktionelle Organisation der Sehbahn eingelassen; zum Teil sind sie der Erfahrung zu verdanken, weitgehend aber den angeborenen neuronalen Verdrahtungen des Sehsystems."[5]

"Objekte und Menschen wahrzunehmen und zu erkennen, scheint überhaupt keine Mühe zu machen. Doch wie die Informatiker bitter erfahren mussten, als sie intelligente Maschinen konstruierten, setzen diese Wahrnehmungsunterscheidungen eine Rechenkapazität voraus, zu der kein Computer auch nur annähernd in der Lage ist. Schon das bloße Erkennen eines Menschen ist eine erstaunliche Verbarbeitungsleistung. Alle unsere Wahrnehmungen - Sehen, Hören, Riechen und Tasten - sind analytische Triumphe."[6]

"Ein Weltklassesprinter dürfte schon aus den Startblöcken heraus sein und fünf oder sechs Meter zurückgelegt haben, bevor ihm bewusst wir, dass die Startpistole abgefeuert wurde. Er braucht 130 Millisekunden für den Start, aber 400 Millisekunden oder mehr, um den Schuss zu registrieren. Die Überzeugung des Läufers, er habe den Schuss gehört und sei erst dann von den Startblöcken geschnellt, ist nach Libet eine Täuschung, die zustandekommt, weil das Bewusstsein das Geräusch des Schusses eine halbe Sekunde 'vordatiert'."[7]

"Die Stimulierung bestimmter Teile des Thalamus aktiviert ... neuronale Schaltkreise, über die Berührungsreize verarbeitet werden, und ruft somit ein gut bestimmbares Berührungsgefühl hervor. Überraschend war an seinen Befunden die Tatsache, dass solche schwachen Stimuli eine beträchtliche Dauer der zerebralen Aktivität voraussetzt, damit ein bewusster Eindruck entstehen konnte: etwa 500 Millisekunden - eine halbe Sekunde."[8]

Wahrnehmungsentzug

"Unser Gehirn braucht nicht nur Wahrnehmungsinput, sondern auch Wahrnehmungsveränderung. Mangel an Veränderung kann nicht nur zu Konzentrations- und Aufmerksamkeitslücken, sondern auch Wahrnehmungsstörungen hervorrufen. Egal, ob heilige Männer freiwillig die Dunkelheit und Einsamkeit in Höhlen suchten oder ob sie Gefangenen in lichtlosen Kerkern aufgezwungen wurden - der Entzug des normalen visuellen Inputs kann das innere Auge aktivieren und so Träume, lebhafte Vorstellungsbilder oder Halluzinationen produzieren. Es gibt sogar einen Fachbegriff für die Sequenzen bunter und vielfältiger Halluzinationen, die uns trösten oder quälen, wenn wir in Isolation und Dunkelheit gehalten werden: 'Gefangenenkino' (Prisoner´s Cinema)."[9]

In den 1950-er Jahren wurden 14 Studenten für mehrere Tage in schalldichten Kabinen eingeschlossen, von kurzen pausen zum Essen und Toilettengang abgesehen. Sie hatten Milchglasbrillen zu tragen, mit denen sie nur hell und dunkel sahen. Zunächst schliefen alle Versuchsteilnehmer und langweilten sich nach dem Erwachen. Sie sehnten sich nach Reizen, die sie nicht erhielten. "Dann begann die Phase der Autostimulation unterschiedlichster Art: mentale Spiele, Zählen, Phantasien und früher oder später, visuelle Halluzinationen - gewöhnlich eine 'Progression' der Halluzinationen vom Einfachen zum Komplexen."[10] "Während diese Bilder zunächst wirkten, als seien sie auf einen flache Leinwand projiziert worden, wurden sie nach einiger Zeit für einige der Versuchsteilnehmer 'täuschend dreidimensional', wobei Teile einer Szene manchmal auf dem Kopf standen oder von einer Seite zur anderen schwankten. ... Gewöhnlich verschwanden die Halluzinationen, wenn die Versuchsteilnehmer aufgefordert wurden, schwierige Aufgaben zu lösen, etwa dreistellige Zahlen zu multiplizieren, nicht aber, wenn sie nur gymnastische Übungen machten der mit den Versuchsleitern sprachen."[11]

Bei einer späteren Studie hatten die Versuchspersonen 96 Stunden lang schwarze Binden zu tragen, die ihnen ermöglichte, die Augen zu öffnen, aber nur Finsternis zu sehen. 10 der 13 Teilnehmer hatten bereits in den ersten Stunden Halluzinationen, aber alle am 2. Tag. Dabei war es unerheblich, ob sie die Augen geöffnet oder geschlossen hatten. Die Halluzinationen waren plötzlich da, blieben Sekunden oder Minuten, und verschwanden dann ebenso plötzlich wieder. Bei einem Teilnehmer waren diese Halluzinationen am 3. Tag fast permanent. Die Teilnehmer berichteten von einfachen Halluzinationen (Lichtblitze, Phosgenen, geometrischen Mustern) bis zu komplexen Figuren (Gesichter, Tiere, Gebäude, Landschaften). Mehrere Probanden berichteten von einer großen Strahlkraft und Farbigkeit ihrer Halluzinationen. Mehrere Teilnehmern wandelten sich die Halluzinationen, so z.B. auf einem Schmetterling wurde ein Sonnenuntergang, dann ein Otter und schließlich eine Blume. Keiner der Probanden hatte willkürliche Kontrolle über seine Halluzinatinen. "Keine Halluziniationen zeigten sich, wenn die Teilnehmer durch Sinnestätigkeiten anderer Modalitäten in Anspruch genommen wurden - wenn sie etwa dem Fernseher oder dem Radio lauschten, sprachen oder auch versuchten, Blindenschrift zu lernen."[12]

Bei einer anderen Studie, mit fMRT durchgeführt, hatten die Versuchspersonen die Augen 22 Tage lang verbunden und waren mehrfach im fMRT, wo sie genau anzugeben hatten, wann eine Halluzination kam und wann sie verschwand. "Der Scanner zeigte in exakter Übereinstimmung mit ihren Halluzinationen Aktivierungen ihres Sehsystems sowohl im okzipitalen wie auch im inferotemproalen Kortex. (Als sie hingegen aufgefordert wurde, mit Hilfe ihres visuellen Vorstellungsvermögens die Halluzinationen aus dem Gedächtnis abzurufen oder zu vergegenwärtigen, zeigten sich zusätzlich erhebliche Aktivierungen in den exekutiven Arealen des Gehirns, das heißt im präfrontalen Kortex, einer Region, die relativ inaktiv war, als die Teilnehmerin nur halluzinierte.) Hier zeigt sich also auf einer physiologischen Ebene eindeutig, dass sich die visuelle Vorstellung grundsätzlich von der visuellen Halluzination unterscheidet."[13]

Wahrnehmung bei Hirntoten

Ob beim Sehen, Hören, Tasten (Fühlen), Riechen oder Schmecken, die dabei von den Sinnesorganen gewonnenen Informationen werden immer an das Gehirn zur Filterung, Bewertung und Auswertung weitergeleitet.

Ein funktionierendes Gehirn ist die Grundlage aller Sinneswahrnehmungen. Ist das Gehirn im tiefen Koma, sind Sinneswahrnehmungen unöglich.[Anm. 2] Ist das Gehirn abgestorben - so beim Hirntoten - ist die Grundlage jeglicher Wahrnehmung erloschen. Hirntote können daher nie wieder etwas sehen, hören, spüren, riechen oder schmecken. Nie wieder!

Bei Hirntoten ist die Wahrnehmung erloschen, d.h. nichts kann der Hirntote wahrnehmen, weder bewusst, noch im Unterbewusstsein, denn das Unterbewusstsein benötigt hierfür wie auch das Bewusstsein ein funktionierendes Gehirn. Bei Hirntoten ist daher keine Wahrnehmung möglich, weder eine bewusste, noch ein unbewusste.

Da beim Hirntoten das Gehirn als biologische Grundlage die Wahrnehmung abgestorben ist, ist dieser Zustand der erloschenen Wahrnehmung dauerhaft (irreversibel).

Hirntote im Vergleich mit Patienten, bei denen nach Patientenverfügung das Therapieende gewünscht wird.

Fähigkeit Patientenverfügung Hirntod
Kommunikation sich mitteilen können unmöglich unmöglich
Können gehen, sprechen, singen, musizieren, balancieren unmöglich unmöglich
Wahrnehmung sehen, hören, riechen, schmecken, tasten möglich unmöglich
Bewusstsein denken, planen, erfinden, kreativ etwas erschaffen möglich unmöglich
Erinnerung was man erlebt hat (DuL) möglich unmöglich
Wissen was wir gelernt haben (DuL) möglich unmöglich
Gefühle Liebe, Hass, Vertrauen, Angst, Hoffnung, Sorge möglich unmöglich
Eigenatmung atmet selbstständig, wenn auch schwer möglich unmöglich
Hirnstammreflexe Licht-, Lidschluss-, ... Atem-Reflex vorhanden nicht vorhanden
Homöostase Körpertemperatur, Wasserhaushalt gestört sehr gestört
Herzschlag vorhanden vorhanden
Verbesserung des Zustandes? sehr unwahrscheinlich völlig unmöglich
gewünscht Mord?
Das "unmöglich" ist beim Hirntod deswegen dauerhaft, weil die Gehirnzellen im Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm seit Eintritt des Hirntodes so schwer geschädigt sind, dass sie nicht nur nie wieder funktionieren werden (irreversibel). Sie befinden sich in einem so weit fortgeschritten Sterbeprozess, dass dieser unaufhaltsamen geworden ist und der nach Tagen des Hirntodes mit der Auflösung des Gehirns (Autolyse) endet.

Anhang

Anmerkungen

  1. Ein kräftiges Reiben der geschlossenen Augen kann zu wahrgenommenen Lichtblitzen führen. Mechanische Energie wird demnach als optisches Signal empfunden.
  2. Wenn das Gehirn aus dem tiefen Koma wieder herauskommt, sind Sinneswahrnehmungen wieder möglich. Dies zeigt sich z.B. anhand des Filmrisses bei einem Vollrausch.

Einzelnachweise

  1. Gino Gschwend: Neurophysiologische Grundlagen der Hirnleistungsstörungen. Basel 1998, 16.
  2. Gino Gschwend: Neurophysiologische Grundlagen der Hirnleistungsstörungen. Basel 1998, 17.
  3. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1530.
  4. a b Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1482.
  5. Eric R. Kandel: Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes. München 2006, 323.
  6. Eric R. Kandel: Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes. München 2006, 323f.
  7. Oliver Sacks: Der Strom des Bewusstseins. Über Kreativität und Gehirn. Reinbeck 2017, 48.
  8. Gerald M. Edelman, Giulio Tononi: Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München 2002, 97.
  9. Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 51.
  10. Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 52.
  11. Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 53.
  12. Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 57.
  13. Oliver Sacks: Drachen, Doppelgänger und Dämonen. Reinbeck 2013, 58.