Maria Overdick-Gulden
Schriften
Silber statt Gold (2010)
In LebensForum 94 (2010) veröffentlichte Maria Overdick-Gulden den Artikel "Silber statt Gold".[1] Darin heißt es:
Der Hirntote ist keine Leiche,das ist mittlerweile bei allen amThema Interessierten und auchbei den meisten Operateuren kaum mehrstrittig. (18) |
Juristen wie Professor Wolfram Höfling und Matthias Herdegen (2003) widersprachen sehr klar: »Erst hirntote Menschen sind todgeweihte Personen«, doch »noch keine Leichname«. (19) |
Lässt sich diese »Ungeheuerlichkeit« (Linus S.Geisler) mit der hippokratischen Ärzte-Tradition vereinbaren, die Ungeheuerlichkeit nämlich, »den Tod eines Menschen herbeizuführen, um ihn zur Therapie eines anderen Menschen zu instrumentalisieren?« (20) |
Wird uns gerade in der Hirntoddebatte nicht deutlich bewusst, dass uns die scharfe, kristallklare Grenzziehung zwischen Leben und Tod wissenschaftlich nicht gelingen kann? (21) |
Ist er, weil sein EEG oder sein EKG eineNulllinie zieht, etwa schon totes Fleisch– ein Kadaver? (21) |
Du sollst nicht töten, auch keinen Sterbenden! Diese Debatte muss, weil unumgänglich, um des Menschen willen am Leben bleiben. (21) |
Siehe: Todesverständnis
Eine Leiche zeigt keinerlei Stoff-wechsel mehr und ist deshalb auch »kalt«. (18) |
Siehe: intermediäres Leben
Ein reflexives »Lazarus-Syndrom« ist bei ihr ebenso undenkbar wie das Heranwachsen eines ungeborenen Kindes im Leib einer Hirn-Toten. (18) |
Siehe: spinale Reflexe, schwangere Hirntote
Erst bei der Leicheist der Kommunikationsabbruch wirklich zur unwiderruflichen Faktizität geworden«, schrieb der Philosoph ThomasMacho bereits 1987. (18) |
Dazu genügt auch der Funktionsausfall des Großhirns.
In den 50er Jahren hatten die Mediziner Mollaret und Goulon das während intensivmedizinischer Behandlung auftretende irreversible Koma als »coma depassé« beschrieben, das eine Rückkehr ins Leben verunmöglicht und das die Autoren – im Gegensatz zum Wachkoma – als Zustand des unumkehrbaren kompletten Hirnversagens deuteten. (19) |
Mollaret und Goulon beschrieben 1959 nicht das "irreversible Koma", sondern das "coma dépassé", d.h. den Hirntod. Hirntod ist medizinisch vom irreversiblen Koma klar zu trennen.
Doch diesen Zustand setzten sie nicht mit dem Tod des Menschen gleich. (19) |
In den 1960-er Jahren nannte Mollaret Hirntote als Tote.
Dieser »Schluss« wurde erst nach den operativ ermöglichten Organtransplantationen 1968 gezogen; »frühere Kriterien der Todesdefinition« hätten nämlich »zu einer Kontroverse bei der Beschaffung von Organenfür die Transplantation führen« können,heißt es in einer Übersetzung aus dem Bericht des Harvard-Ad-hoc-Komitees von 1968. (19) |
Frankreich war mit dieser Definition 2 Jahre, Deutschland um 4 Monate voraus. Siehe: Chronik/Hirntod
Der Neurowissenschaftler Detlef B. Linkehatte bereits 1993 eingewandt: »Kann ein Mensch als tot angesehen werden, wenn 97 Prozent seiner Körperzellen noch funktionieren«, (19) |
Siehe: 97%
Eine Sicht,die Joachim Kardinal Meisner aus christlich-theologischer Erwägung 1997 nachdrücklich unterstrich: weder die Leib-Seele-Einheit des menschlichen Organismus noch ihr endgültiger Zusammenbruch könne apparativ erfasst werden;daher sei die medizinische »Identifikation des Hirntods mit dem Tod des Menschen beim heutigen Stand der Debatte nicht mehr zu halten«. (19) |
Siehe: EKD DBK 1990, DBK 2015, PAS
In der Enzyklika »Evangelium Vitae« (Nr. 15,Absatz 3) heißt es, auch »angesichts anderer, heimlicherer, aber nicht minder schwerwiegender (...) Formen von Euthanasie dürfen wir nicht schweigen. Sie können sich zum Beispiel dann ereignen, wenn man, um mehr Organe für Transplantationen zur Verfügung zu haben, die Entnahme dieser Organe vornimmt, ohne die objektiven und angemessenen Kriterien für die Feststellung des Todes des Spenders zu respektieren.« (19) |
Siehe: Evangelium Vitae
Allerdings hatte die Bundesärztekammer 1982 vorgegeben: »Mit dem Organtod des Gehirns sind für jedes personale menschliche Leben unabdingbare Voraussetzungen, ebenso aber auch alle für das eigenständige körperliche Leben erforderlichen Steuerungsvorgänge des Gehirns endgültig erloschen.« Abgesehen davon, dass die Richtigkeit dieser Beobachtungen schon nicht lückenlos abgesichert ist, kann man völlig unreflektiert kurzerhand weiter schließen: »Die Feststellung des Hirntodes bedeutet damit die Feststellung des Todes des Menschen.« (19) |
Siehe: Sicherheit
1998 wurde diese medizinisch beanspruchte Deutungshoheit einfach fortgeschrieben, indem man konstatierte,mit dem Hirntod sei »naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt«. (19) |
Überschreitet ein solcher »Definitionsanspruch« nicht die Zuständigkeit der Medizin? (19) |
Die Medizin hat hier die fachliche Expertise. Daher steht ihr dies auch zu.
Der Hirntote war und blieb von »phänomenaler Lebendigkeit«:seine Haut war durchblutet, sein Körper warm! Die hirntote Schwangere »versorgte« ihr ungeborenes Kind und ließ es wachsen. (20) |
Siehe: Leben der Hirntoten, schwangere Hirntote
»Lebendig-sein« lässt sich an keiner spezifischen Gehirnfunktion fest-machen. Das verdeutlichte sich zusehends; im Übrigen lassen sich heute Teilfunktionen des Gehirns bereits ersetzen! (20) |
Siehe: Todesverständnis, Datenbank unseres Lebens
Bei denen klinisch und durch ein Nulllinien-EKG nach zehn Minuten der so genannte Herztod zu »belegen«ist? »Herztote« als »non-heart-beatingorgan donors« machten in der Pionierzeit der Transplantationsmedizin die eigentliche »Spendergruppe« aus. (20) |
Siehe: DCD
... selbst von Eurotransplant zugelassen und werden zur »Erhöhung des Spendervolumens« dort auch praktiziert. (20) |
ET kann DCD höchstens empfehlen, aber nicht zulassen. ET hat als Vermittlungsstelle das zu tun, was die einzelnen Nationen vorgeben.
Medizinisch gesehen ist ein solch unbehandelt gebliebener »Herz-toter« übrigens erst nach Ablauf einer Zeit von etwa 25 Sekunden auch »hirntot«! (20) |
Dafür braucht es über 15 Minuten.
Fachmedizinisch wird indessen die Frage angeworfen, ob bei bewusster Beibehaltung des Hirntodkonzepts nicht notwendigerweise verbesserte und differenzierende Diagnostiken (neben Angiographie auch bildgebende Verfahren wie PET, SPECT und fMRT) zu einer validenzeitlichen Festlegung des Hirntodes zu fordern seien (Sabine Müller). (20) |
Viel moderne Technik erhöht hierbei nicht die Sicherheit.
Gewiss ließen sich so die immer wieder aufgedeckten Fehldiagnosen eines »klinischen Hirntodes« minimieren oder schließlich ganz vermeiden – und damit auch die immer möglichen Ängste und Schmerzerfahrungen solcher »hirntoter Spender«. (20) |
Siehe: lebende Hirntote, Schmerz
jede derzeit ge-übte Explantationspraxis trifft den Men-schen in einer »Zwischenwelt des kontrol-lierten Sterbens« (R. Stoecker) an (20) |
Es gibt per Definition kein Zwischenraum zwischen Leben und Tod.
Lassen sich etwa auch neurologisch Schwergeschädigte als »mental« Gestorbene einschätzen und als Organlager vernutzen? (20) |
Nach dem 1997 verabschiedeten § 3 TPG nicht so lange, bis der [Hirntod]] festgestellt ist.
Darf man – um leidenden Dritten zu helfen – »Hirntote« oder »Herztote« doch als irgendwie Tote »bewerten«, sie dann auch zu wissenschaftlichen Versuchen heranziehen oder »fortschrittlich« wie Leichen sezieren? (20) |
Nur bei einer gerichtlich angeordneten Obduktion oder einer Körperspende.
Wären wir ähnlich wie bei der »fremdnützigen« Forschung an lebenden Menschenembryonen dann auch hier beim Kannibalismus der Moderne angekommen? (20) |
Siehe: Diffamierung
Aber ist er auch schon seines Eigenlebens, seiner Menschenwürde, seines Lebensrechts, seines Da-Seins beraubt, wenn uns seine Geistseele nicht mehr technisch »nachweisbar« begegnet und er uns nicht mehr unmittelbar anspricht? (21) |
Wie lässt sich eine "Geistseele" technisch nachweisen?
{{Zitat2|Das Mahnwort des sterbenden Hans Jonas, das diese Grunderfahrung ausdrückte: »Lasst sie zuerst sterben (...)«, blieb von operativen Experten und reflektierenden Ethikräten und vielen Bürgern bislang unberücksichtigt. Siehe: Hans Jonas
Anstatt die Widerspruchslösung einzuführen und Transplantationsbeauftragte für jedes Krankenhaus mit Intensivstation und Chirurgie einzufordern, wäre zuvor doch diese aus der Sicht hippokratischer Medizin weltweit klaffende Wunde zu versorgen. (21) |
Was gibt es denn an Hirntoten zu "versorgen", d.h. hier zu heilen ("klaffende Wunde zu versorgen")? {{Zitat2|
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Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Maria Overdick-Gulden: Silber statt Gold. In: LebensForum 94 (2010), 18-21. Nach: https://aerzte-fuer-das-leben.de/pdftexte/lf_0210-6-silber-statt-gold-organspende-hirntod-kritik.pdf Zugriff am 02.05.2020.