Scheinleben
Nachdem Ende des 18. Jh. die ersten erfolgreichen Reanimationen durchgeführt wurden, verstanden die Menschen nicht, was da geschah. Waren diese Menschen nur zum Schein tot, waren sie scheintot?
In Anlehnung des Begriffes "Scheintod", wo man den Anschein von Tod sah, wo aber noch kein Tod ist, lässt sich beim Hirntod von "Scheinleben" sprechen. Es hat den Anschein, als würden Hirntote leben. Dabei ist es nur ihr Körper, der dank der intensivmedizinischen Behandlung, der da noch lebt. Der Mensch hingegen ist tot.
Am 30.03.2015 gab das BMG die 4. Fortschreibung der Richtlinie zur Feststellung des Todes bekannt und setzte sie zum 06.06.2015 in Kraft.[1] Darin heißt es auf Seite 6:
Folgende Konstellationen schließen die Diagnose des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls nicht aus: Beim Hirnfunktionsausfall können spinale Reflexe, Extremitäten-Bewegungen (z. B. Lazarus-Zeichen) und vegetative Symptome (z. B. Schwitzen) sowie die Leitfähigkeit des peripheren Abschnittes von Hirnnerven, die periphere Erregbarkeit und spontane Entladungen im Elektromyogramm der Gesichtsmuskeln vorübergehend noch erhalten bleiben oder wiederkehren, solange der Körper-Kreislauf und die Beatmung aufrechterhalten werden. Diagnostische Einschränkungen durch Blutdruckschwankungen oder Fieber sind nicht bekannt. Schon während der Entwicklung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls kann, je nach Temperatur von Umgebung und Beatmungsluft, die Körperkerntemperatur abfallen. Der Zeitpunkt des Auftretens eines Diabetes insipidus variiert. Das Fortbestehen einer Schwangerschaft widerspricht nicht dem eingetretenen irreversiblen Hirnfunktionsausfall der Mutter. Eine Schwangerschaft wird endokrinologisch von der Plazenta aufrechterhalten. |
Alle die hier aufgeführten Anzeichen von Leben verweisen nur auf ein Scheinleben hin. Es ist der Körper, der lebt. Die Person, das Individuum Mensch ist jedoch tot, siehe: Hirntote im Vergleich mit Patienten, bei denen nach Patientenverfügung das Therapieende gewünscht wird.
Fähigkeit | Patientenverfügung | Hirntod | |
---|---|---|---|
Kommunikation | sich mitteilen können | unmöglich | unmöglich |
Können | gehen, sprechen, singen, musizieren, balancieren | unmöglich | unmöglich |
Wahrnehmung | sehen, hören, riechen, schmecken, tasten | möglich | unmöglich |
Bewusstsein | denken, planen, erfinden, kreativ etwas erschaffen | möglich | unmöglich |
Erinnerung | was man erlebt hat (DuL) | möglich | unmöglich |
Wissen | was wir gelernt haben (DuL) | möglich | unmöglich |
Gefühle | Liebe, Hass, Vertrauen, Angst, Hoffnung, Sorge | möglich | unmöglich |
Eigenatmung | atmet selbstständig, wenn auch schwer | möglich | unmöglich |
Hirnstammreflexe | Licht-, Lidschluss-, ... Atem-Reflex | vorhanden | nicht vorhanden |
Homöostase | Körpertemperatur, Wasserhaushalt | gestört | sehr gestört |
Herzschlag | vorhanden | vorhanden | |
Verbesserung des Zustandes? | sehr unwahrscheinlich | völlig unmöglich | |
gewünscht | Mord? |
Das "unmöglich" ist beim Hirntod deswegen dauerhaft, weil die Gehirnzellen im Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm seit Eintritt des Hirntodes so schwer geschädigt sind, dass sie nicht nur nie wieder funktionieren werden (irreversibel). Sie befinden sich in einem so weit fortgeschritten Sterbeprozess, dass dieser unaufhaltsamen geworden ist und der nach Tagen des Hirntodes mit der Auflösung des Gehirns (Autolyse) endet. |
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ DSO: Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls. Nach: https://www.dso.de/organspende-und-transplantation/todesfeststellung.html Zugriff am 22.12.2018.