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=== Der Vorfall ===
=== Der Vorfall ===
Im Weidener Krankenhaus lag eine Frau, die an einer fortgeschrittenen Krebserkrankung mit Tumoren im Kopf litt. Die Ärzte bezeichneten diese als inoperabel. Die Folge war eine massive Hirnschwellung. Am 31.08.2023 ergab eine [[CTA]] kaum noch Blutzufuhr zum Gehirn. Am 29.09.2023 ergab ein [[EEG]] eine Nulllinie. Ein Arzt stellte den [[Hirntod]] fest. Ein Neurologe aus Bamberg bestätigte den Befund. Damit war der Hirntod regelkonform festgestellt. Doch der Ehemann und der 31-jährige Sohn erkannten das nicht als den Tod der Patientin an, da diese sich noch bewegte.<ref name="Ascherl I">Ascherl, Christine: Patientin gilt als hirntot: Familie wehrt sich gegen Abschalten. In. Oberpfalzecho (22.11.2023) Nach: https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/patientin-gilt-als-hirntot-familie-wehrt-sich-gegen-abschalten. Zugriff am 29.11.2023.</ref>
Im Weidener Krankenhaus wurde am 10.08.2024 Petra F. eingeliefert, die schon 17 Jahre erfolgreich gegen ihren Brustkrebs kämpfte. Nun aber hatte sich der Krebs auch in ihrem Gehirn ausgebreitet. Die Ärzte sahen keine Chance, jetzt noch wirksam einzugreifen und schlugen eine Verlegung auf eine Palliativstation vor, um das Sterben möglichst gut zu gestalten. Doch Petra F. wollte noch nicht sterben und verlangte von den Ärzten jegliche mögliche Weiterbehandlung. Als Petra F. künstlich beatmet werden musste setzte ihr Mann Michael F. den Wunsch seiner Frau fort. Aufgrund der massiven Hirnschwellung und neurologischen Ausfälle sprachen die Ärzte mit Michael F. über die Durchführung einer Hirntoddiagnostik. Da informiert Michael F. Polizei und Staatsanwaltschaft und drohte, die Diagnostik nicht anzuerkennen und rechtlich dagegen vorzugehen. Hierauf ließen sich die Weidener Ärzte weiterhin 4 Wochen Zeit, bis sie schließlich am 29.09.2024 die [[HTD]] durchführen. Für das EEG lassen sie sich statt der geforderten 30 Minuten sogar 40 Minuten Zeit. Die beiden untersuchenden Ärzte stellten unabhängig voneinander den Hirntod von Petra F. fest.<ref name="Zeit">Kasten Poleke-Majewski: Petra darf nicht sterben. In: Die Zeit (11.07.2024). Nach: https://www.zeit.de/2024/30/medizin-hirntod-rechtsstreit-krankenhaus-gericht?freebie=5c6fc77a Zugriff am 12.08.2024.</ref>
 
Die Situation von Petra F. mit der fortgeschrittenen Krebserkrankung und mit Tumoren im Kopf bezeichneten Ärzte als inoperabel. Die Folge war eine massive Hirnschwellung. Am 31.08.2023 ergab eine [[CTA]] kaum noch Blutzufuhr zum Gehirn. Am 29.09.2023 ergab ein [[EEG]] eine Nulllinie. Ein Arzt stellte den [[Hirntod]] fest. Ein Neurologe aus Bamberg bestätigte den Befund. Damit war der Hirntod regelkonform festgestellt. Doch der Ehemann und der 31-jährige Sohn erkannten das nicht als den Tod der Patientin an, da diese sich noch bewegte.<ref name="Ascherl I">Ascherl, Christine: Patientin gilt als hirntot: Familie wehrt sich gegen Abschalten. In. Oberpfalzecho (22.11.2023) Nach: https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/patientin-gilt-als-hirntot-familie-wehrt-sich-gegen-abschalten. Zugriff am 29.11.2023.</ref>


Eine Verlegung nach Haus in den Landkreis Schwandorf wurde kurz diskutiert, aber sogleich verworfen, da die Hirntote beatmungspflichtig war. Außerdem dürfen in einem Rettungswagen nach dem Gesetz keine Tote und damit auch keine Hirntote transportiert werden.<ref name="Ascherl I"></ref>  
Eine Verlegung nach Haus in den Landkreis Schwandorf wurde kurz diskutiert, aber sogleich verworfen, da die Hirntote beatmungspflichtig war. Außerdem dürfen in einem Rettungswagen nach dem Gesetz keine Tote und damit auch keine Hirntote transportiert werden.<ref name="Ascherl I"></ref>  


Am 21.10.2023 zog das Klinikum Frank Erbguth, er war über 20 Jahre Chef der Neurologie am Klinikum Nürnberg, für eine erneute [[HTD]] hinzu. Auch er stellte den [[Hirntod]] fest. Da der Ehemann über diesen Schritt nicht informiert war, empfand die Anwältin der Familie dies als „hinterrücks“. Für den Ehemann und den Sohn lebt die Hirntote. Daher wehrten sie sich sogar gerichtlich gegen eine Beendigung der künstlichen Beatmung, was zum Herzstillstand binnen Minuten führen würde.<ref name="Ascherl I"></ref>  
Die Ärzte befürchten einerseits, dass die Angehörige an die Öffentlichkeit gehen und dass sie von den Angehörigen gerichtlich angeklagt werden. Sie wollen daher verständlicher Weise dieses brandheiße Eisen loswerden. Daher trägt ein Oberarzt auf der [[Todesbescheinigung]] "ungeklärt" ein, damit die Staatsanwaltschaft als unabhängige Stelle den Fall übernimmt und somit staatlich gesicherte Rechtssicherheit herstellt. Doch mit diesem "ungeklärt" gaben die Ärzte alle Handlungsmöglichkeiten an die Justiz ab. Für die Eintragung "ungeklärt" muss die Kriminalpolizei klären und bestimmt, dass die intensivmedizinische Therapie weiter fortgesetzt werden muss. Der Staatsanwalt lässt sich mit seiner Entscheidung Zeit, die Michael F. dazu nutzt, beim Gerichts seines Heimatortes eine einstweilige Verfügung zu erwirken, dass die intensivmedizinische Behandlung weiter fortgesetzt werden muss, denn für ihn lebt noch seine Frau. Ein Gutachter wird später feststellen, dass Petra F. an den Folgen ihrer Krebserkrankung gestorben ist, somit natürlicher Tod.<ref name="Zeit"></ref>
 
Als die Amtsrichterin von Michael F. und dessen Sohn von den Bewegungen von Petra F. hört, kommen ihr "nicht zu beseitigende Zweifel", dass Petra F. hirntot sei. Entgegen aller Argumente der Ärzte ordnet die Richterin an, dass die intensivmedizinische Therapie wie auch die Krebstherapie fortgesetzt werden muss.<ref group="Anm.">Persönliche Anmerkung: "Wenn man schon keine Ahnung hat, sollte man den Mut zur Entscheidung haben." Die Amtsrichterin scheint diesem Spruch gefolgt zu sein.</ref> Doch gerade dies wollte das Klinikpersonal - Ärzte und Pflegekräfte - mit diesem "ungeklärt" verhindern. Nun aber wurden sie gerichtlich dazu verpflichtet. Auch wies die Amtsrichterin den Antrag der Klinik zurück, dass Familie F. für die Behandlungskosten seit der Feststellung des Hirntodes aufzukommen. Die Krankenkassen zahlen jedoch nach der Todesfeststellung keine Weiterbehandlung, dies gilt auch bei Hirntod.<ref name="Zeit"></ref>
 
Am 21.10.2023 zog das Klinikum [[Frank Erbguth]], er war über 20 Jahre Chef der Neurologie am Klinikum Nürnberg, für eine erneute [[HTD]] hinzu. Auch er stellte den [[Hirntod]] fest. Da der Ehemann über diesen Schritt nicht informiert war, empfand die Anwältin der Familie dies als „hinterrücks“. Für den Ehemann und den Sohn lebt die Hirntote. Daher wehrten sie sich sogar gerichtlich gegen eine Beendigung der künstlichen Beatmung, was zum Herzstillstand binnen Minuten führen würde.<ref name="Ascherl I"></ref>  
 
Die Klinik wollte die Therapie beendet wissen und holte daher den Neurologen [[Frank Erbguth]] hinzu. Auch er führte eine [[HTD]] durch und belegte in seinem 30-seitigen Gutachten: "Zweifellos ist Frau F. seit dem 29. September 2023, 22 Uhr hirntot." Dies war das Datum, an dem die erste [[HTD]] an Petra F. durchgeführt wurde. Dem Landgericht Weiden reichte das im Berufungsverfahren nicht aus. Die Richter bestätigten am 21.11.2023 das Urteil der Amtsrichterin auf Weiterbehandlung bis zur Hauptverhandlung am 20.12.2023. Nun bestellte das Landgericht die Neurologin Stefanie Förderreuther als Gutachterin für eine erneute [[HTD]]. Ein Fall, wie dieser sei ihr noch nie untergekommen. Petra F. ist schon lange hirntot. Die Richter hören Stefanie Föderreuther an und vertagt sich. Mitte Januar 2024 will man sich wieder treffen. Doch am 12.01.2024 bleibt für immer das Herz von Petra F. stehen.<ref name="Zeit"></ref>
 
Vor einer Gerichtsverhandlung habe der Ehemann sich in die Materie eingelesen und verschiedene „Fachleute“ kontaktiert, wobei es sich wohl um Kritiker des Hirntodkonzepts handeln dürfte. So telefonierte der Ehemann vor der Gerichtsverhandlung mit [[Rainer Beckmann]], seit 2000 Richter am [[Bayerische Anordnung|Amtsgericht Würzburg]].<ref name="Ascherl I"></ref>  In den Jahren 1996 bis 2020 veröffentlichte [[Rainer Beckmann]] mindestens 6 Artikel, in denen er die Gleichsetzung von Hirntod und Tod des Menschen bestreitet. Da sich die Familie gegen die Durchführung der [[HTD]] wehrte, stellt sich die Frage, ob sie dies aus dem von Adelheit von Stösser am 13.01.2020 verfassten offenen Brief an die Mitglieder des deutschen Bundestags hat.<ref>Adelheid von Stösser: Widerspruch tut Not. (13.01.2020) Nach: https://pflegeethik-initiative.de/2020/01/13/widerspruch-tut-not Zugriff am 29.11.2023.</ref>
 
"Die 1. Zivilkammer am Landgericht Weiden fällt am Freitag ein eindeutiges Urteil. Aus Sicht der Richter ist der Hirntod an einer 58-jährigen Patientin im Klinikum Weiden im September völlig korrekt festgestellt worden."<ref name="ope">https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/landgericht-weiden-kein-zweifel-an-hirntoddiagnose Zugriff am 01.12.2024.</ref><br>
"Links Anwältin Alexandra Glufke-Böhm, rechts Klinik-Justiziarin Dr. Christa Kraemer und Anwalt Dr. Philip Schelling. Foto: Christine Ascherl"<ref name="ope"></ref><br>
"Damit wäre der Totenschein mit Datum vom 29. September 2023 gültig. Ab diesem Zeitpunkt zahlt die Krankenkasse nicht mehr. Für die 106 Tage der Behandlung auf der Intensivstation müsste damit die Familie aufkommen. Der Betrag ist sechsstellig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich."<ref name="ope"></ref><br>
 
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Die Kostenfrage war am Freitag ohnehin nicht das Thema. Es ging vielmehr um die ursprüngliche Klage des Ehemanns. Darin beantragte er die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen und der Tumortherapie bei seiner Frau. Dieser Punkt „hat sich erledigt“, sagt Anwältin Alexandra Glufke-Böhm, Vertreterin des Ehemanns, trocken. Die Klägerin ist letzten Freitag verstorben. Ihr Herz hat aufgehört zu schlagen.
 
Aktuell bleibt aber nach wie vor der zweite Aspekt der Klage: Darin beantragt der Ehemann, die Hirntodfeststellung und damit die Todesbescheinigung für ungültig zu erklären. Er war am Freitag nicht selbst zur Verhandlung gekommen.
Richter: „Kein Zweifel an Hirntod“
 
Die 1. Zivilkammer am Landgericht Weiden unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Josef Hartwig entscheidet gegen ihn. Um 12.10 Uhr verkündet Hartwig das Urteil. Die Klage wird komplett abgewiesen, der Ehemann müsste auch die Kosten des Rechtsstreits tragen.
 
Die Entscheidung basiert auf der Hauptverhandlung vom 20. Dezember 2023. An diesem Termin hatte das Gericht das mündliche Gutachten einer Sachverständigen, Dr. Stefanie Förderreuther, eingeholt, die am Vormittag die Patientin untersucht hatte. „Sie hat aus unserer Sicht klar und deutlich und nachvollziehbar dargelegt, was medizinisch Fakt war“, so Richter Hartwig. Und weiter: „Wir haben keinerlei Zweifel daran, dass der Hirntod gegeben war.“
Warum hat sich Gerichtsverfahren so gezogen?
 
Hartwig fasst kurz die Chronologie der Ereignisse zusammen: Die seit Jahren krebskranke Frau kommt im Juli 2023 ins Klinikum, sie hat Schluckbeschwerden und Sehstörungen. Das MRT zeigt Tumore im Gehirn. Ende August fällt sie ins Koma: eine Folge der Krankheit (so die Ärzte), die Folge einer Fehlbehandlung (sagt der Ehemann). „Dieser Punkt ist für die Zivilkammer irrelevant“, meint der Vorsitzende Richter. Parallel läuft ein Ermittlungsverfahren der Kripo, in Gang gesetzt vom Ehemann.
 
Das Gericht geht davon aus, dass die Patientin schon im Sommer 2023 hirntot war. Die Ärzte diagnostizieren im August einen „mit dem Überleben nicht zu vereinbarenden Gehirnschaden“, verursacht durch Sauerstoffmangel. Sie schlagen ein Abschalten der Beatmung vor. Der Ehemann wehrt sich. „Vielleicht auch aufgrund der Vorgeschichte“, sagt Richter Hartwig: Beinahe zwei Jahrzehnte hat die Patientin an Krebs gelitten und Prognosen der Ärzte um viele Jahre überdauert.
Drei ärztliche Gutachter, fünf Gerichtstermine
 
Es kommt zu drei Terminen auf der Intensivstation, an denen insgesamt fünf Mediziner die Frau untersuchen: Ende September, im Oktober und Dezember. Sie kommen zum Schluss, dass ein irreversibler Ausfall der Hirnfunktion vorliegt. Parallel kommt es zu fünf Gerichtsterminen. Noch vor der Hirntod-Feststellung beantragen die Kliniken (vergeblich) einen vorläufigen Betreuer statt des Ehemanns einzusetzen. Begründung: das hohe Konfliktpotenzial und der psychische Ausnahmezustand des Ehemanns.
 
Es folgt ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Fortführung der Therapie. Das Amtsgericht entscheidet im Oktober im Sinne des Ehemanns, ebenso das Landgericht Weiden in der Berufung im November: Die Maschinen bleiben zunächst an. Die Entscheidung soll letztlich die 1. Zivilkammer am Landgericht treffen. Das Gericht beruft eine eigene, dritte Gutachterin. In einer Verhandlung im Dezember bestätigt die Neurologin den Hirntod. Ein Urteil wird für den heutigen Freitag, 19. Januar, geplant. Die Entscheidung „Abstellen oder nicht“ muss letztlich niemand mehr stellen: Eine Woche zuvor hört das Herz der Patientin zu schlagen auf.
Letzter Krankenbesuch mit Polizeibegleitung
 
Weitere Gerichtstermine sind nötig, weil sich der Ehemann gegen ein Hausverbot wehrt, begründet mit aggressivem Verhalten. Der 61-Jährige darf seit Oktober nicht mehr an das Krankenbett seiner Frau. Erst zum Verabschieden an ihrem Todestag gewährt man dem Ehemann nach eigener Auskunft Einlass – in Polizeibegleitung.


Vor einer Gerichtsverhandlung habe der Ehemann sich in die Materie eingelesen und verschiedene „Fachleute“ kontaktiert, wobei es sich wohl um Kritiker des Hirntodkonzepts handeln dürfte. So telefonierte er mit [[Rainer Beckmann]], seit 2000 Richter am Amtsgericht Würzburg.<ref name="Ascherl I"></ref>  In den Jahren 1996 bis 2020 veröffentlichte [[Rainer Beckmann]] mindestens 6 Artikel, in denen er die Gleichsetzung von Hirntod und Tod des Menschen bestreitet. Da sich die Familie gegen die Durchführung der [[HTD]] wehrte, stellt sich die Frage, ob sie dies aus dem von Adelheit von Stösser am 13.01.2020 verfassten offenen Brief an die Mitglieder des deutschen Bundestags haben.<ref>Adelheid von Stösser: Widerspruch tut Not. (13.01.2020) Nach: https://pflegeethik-initiative.de/2020/01/13/widerspruch-tut-not Zugriff am 29.11.2023.</ref>
Das Gericht geht davon aus, dass der Rechtsstreit mit dem Urteil vom Freitag kein Ende finden wird. „Es ist uns schon klar, dass das Ganze noch einmal beim Oberlandesgericht Thema wird“, vermutet Hartwig. Die Kammer wisse nicht, „warum es zu dieser außergewöhnlichen Situation gekommen ist, warum hier ein vernünftiges Gespräch offensichtlich nicht mehr möglich war“.
Hirntoddiagnostik über Transplantationsgesetz geregelt


Am Ende habe der Ehemann das gesamte Hirntod-Konzept in Abrede gestellt. Der Landgerichtsvizepräsident: „Wir sehen uns hier nicht in der Veranlassung, uns über die Rechtmäßigkeit der Richtlinie zu äußern.“ Zur Erklärung: In Deutschland wird die Hirntod-Diagnostik gemäß dem Transplantationsgesetz (TPG) von der Bundesärztekammer geregelt. Zuletzt wurde die in Deutschland dafür maßgebliche Richtlinie im Dezember 2018 überarbeitet. <ref name="ope"></ref>
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=== Fazit ===
=== Fazit ===
Sie verschließen die Augen vor der Wahrheit und klagen über mangelnde Klarheit. Statt dessen klagen sie über das "zermürbenden Verfahren“ und sprechen davon, dass alles "grausam" ist. Sie fordern seit September Untersuchungen und verhindern die Durchführung der Hirntoddiagnostik. Als diese gerichtlich angeordnet durchgeführt und der Hirntod festgestellt wurde, erkennen sie es nicht an, dass die Ehefrau und Mutter tot ist. Sie blockieren alles und stellen sich als Opfer dar. Ja, sie sind Opfer. Opfer, dass sie um eine Verstorbene zu trauern haben. Alle andere Beschwernisse verursachen sie sich selbst. Es entsteht der Eindruck, dass sie von Gegnern des Hirntodkonzepts nicht nur verblendet, sondern vielleicht auch instrumentalisiert wurden. Damit sind sie Opfer der Gegner des Hirntodkonzepts.
Die Familie F. verschließt die Augen vor der Realität und klaget über mangelnde Klarheit. Statt dessen klagen sie über das "zermürbenden Verfahren“ und sprechen davon, dass alles "grausam" ist. Sie fordern seit September Untersuchungen und verhindern die Durchführung der Hirntoddiagnostik. Als diese gerichtlich angeordnet durchgeführt und der Hirntod festgestellt wurde, erkennen sie es nicht an, dass die Ehefrau und Mutter tot ist. Sie blockieren alles und stellen sich als Opfer dar. Ja, sie sind Opfer. Opfer, dass sie um eine Verstorbene zu trauern haben. Alle andere Beschwernisse verursachen sie sich selbst. Es entsteht der Eindruck, dass sie von Gegnern des Hirntodkonzepts nicht nur verblendet, sondern vielleicht auch instrumentalisiert wurden. Damit sind sie Opfer der Gegner des Hirntodkonzepts.
 
{{Zitat|Doch müssten im Angesicht des Todes nicht andere Maßstäbe gelten? Müssen Gerichte nicht auch die sozialen Folgen beachten: die vielwöchige mentale Belastung der Pflegekräfte und Ärzte, die eine Tote versorgen müssen? Die enormen Ausgaben (bis zu 2.000 Euro kann eine Intensivbehandlung am Tag kosten), ein für Notfälle monatelang nicht verfügbares Intensivpflegebett? Weder die Richter noch der Gerichtspräsident wollen sich dazu äußern.<ref name="Zeit"></ref>}}


{{Zitat|Stirbt doch jemand, muss eine Katastrophe dahinterstecken, mindestens muss jemand einen Fehler gemacht haben. Deshalb fordern Angehörige Krankenakten an und laufen zu Anwälten und Gerichten. Deshalb behandeln Ärzte lieber zu viel als zu wenig, um sich nichts vorwerfen zu lassen. Deshalb kann eine Amtsrichterin die Todesfeststellung von vier Ärzten nicht akzeptieren, wenn ein Angehöriger ein Augenkneifen gesehen haben will. Deshalb zieht sich ein Gericht auf die formale Verfahrensweise zurück. Bürokratische Prozesse sind mehr wert als die Wahrung der Totenruhe.<ref name="Zeit"></ref>}}
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=== Ungeklärte Fragen ===
=== Ungeklärte Fragen ===
Unklar ist auch, warum das Klinikum nicht, wie Jahre zuvor das [[Behandlungskosten|Klinikum Worms]], sich nach der Feststellung des Hirntodes für die Fortsetzung der intensivmedizinischen Behandlung vom Ehemann nicht die Kostenübernahme unterschreiben ließ. Diese Möglichkeit hätte dem Klinikum Weiden zugestanden, da ab Feststellung des Hirntodes die Krankenkasse die Kosten der Weiterbehandlung ablehnt. Im Falle einer Organentnahme bezahlen die Krankenkassen der Organempfänger die Kosten der Weiterbehandlung bis zur Organentnahme, im Falle einer schwangeren Hirntoten die Krankenkasse der Hirntote bis zur Geburt des Kindes.  
Unklar ist auch, warum das Klinikum nicht, wie Jahre zuvor das [[Behandlungskosten|Klinikum Worms]], sich nach der Feststellung des Hirntodes für die Fortsetzung der intensivmedizinischen Behandlung vom Ehemann nicht die Kostenübernahme unterschreiben ließ. Diese Möglichkeit hätte dem Klinikum Weiden zugestanden, da ab Feststellung des Hirntodes die Krankenkasse die Kosten der Weiterbehandlung ablehnt. Im Falle einer Organentnahme bezahlen die Krankenkassen der Organempfänger die Kosten der Weiterbehandlung bis zur Organentnahme, im Falle einer schwangeren Hirntoten die Krankenkasse der Hirntote bis zur Geburt des Kindes.  


Unklar ist auch, warum das Gericht die Klage überhaupt angenommen hat bzw. nach der Feststellung des Hirntodes nicht damit abgeschlossen hat. Was wollte das Gericht über den festgestellten Hirntod der Frau hinaus noch entscheiden?
Unklar ist auch, warum das Gericht die Klage überhaupt angenommen hat bzw. nach der Feststellung des Hirntodes nicht damit abgeschlossen hat. Was wollte das Gericht über den festgestellten Hirntod der Frau hinaus noch entscheiden?
 
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== Anhang ==
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[[Kategorie: Recht]]
[[Kategorie: Behandlungskosten]] [[Kategorie: Recht]]
 
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* 22.11.2023 https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/patientin-gilt-als-hirntot-familie-wehrt-sich-gegen-abschalten
* 13.12.2023 https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/ehemann-zweifelt-an-hirntod-weitere-tumortherapie-waere-moeglich
* 20.12.2023 https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/auch-die-dritte-gutachterin-sagt-diese-frau-ist-tot
* 14.01.2024 https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/106-tage-nach-hirntodfeststellung-patientin-58-stirbt-im-klinikum
* 17.01.2024 https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/hirntodfeststellung-am-landgericht-wird-weiter-verhandelt
* 19.01.2024 https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/landgericht-weiden-kein-zweifel-an-hirntoddiagnose
 
* 21.11.2023 https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2023-N-35247?hl=true
 
 
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Aktuelle Version vom 7. Dezember 2024, 13:49 Uhr

Der Vorfall

Im Weidener Krankenhaus wurde am 10.08.2024 Petra F. eingeliefert, die schon 17 Jahre erfolgreich gegen ihren Brustkrebs kämpfte. Nun aber hatte sich der Krebs auch in ihrem Gehirn ausgebreitet. Die Ärzte sahen keine Chance, jetzt noch wirksam einzugreifen und schlugen eine Verlegung auf eine Palliativstation vor, um das Sterben möglichst gut zu gestalten. Doch Petra F. wollte noch nicht sterben und verlangte von den Ärzten jegliche mögliche Weiterbehandlung. Als Petra F. künstlich beatmet werden musste setzte ihr Mann Michael F. den Wunsch seiner Frau fort. Aufgrund der massiven Hirnschwellung und neurologischen Ausfälle sprachen die Ärzte mit Michael F. über die Durchführung einer Hirntoddiagnostik. Da informiert Michael F. Polizei und Staatsanwaltschaft und drohte, die Diagnostik nicht anzuerkennen und rechtlich dagegen vorzugehen. Hierauf ließen sich die Weidener Ärzte weiterhin 4 Wochen Zeit, bis sie schließlich am 29.09.2024 die HTD durchführen. Für das EEG lassen sie sich statt der geforderten 30 Minuten sogar 40 Minuten Zeit. Die beiden untersuchenden Ärzte stellten unabhängig voneinander den Hirntod von Petra F. fest.[1]

Die Situation von Petra F. mit der fortgeschrittenen Krebserkrankung und mit Tumoren im Kopf bezeichneten Ärzte als inoperabel. Die Folge war eine massive Hirnschwellung. Am 31.08.2023 ergab eine CTA kaum noch Blutzufuhr zum Gehirn. Am 29.09.2023 ergab ein EEG eine Nulllinie. Ein Arzt stellte den Hirntod fest. Ein Neurologe aus Bamberg bestätigte den Befund. Damit war der Hirntod regelkonform festgestellt. Doch der Ehemann und der 31-jährige Sohn erkannten das nicht als den Tod der Patientin an, da diese sich noch bewegte.[2]

Eine Verlegung nach Haus in den Landkreis Schwandorf wurde kurz diskutiert, aber sogleich verworfen, da die Hirntote beatmungspflichtig war. Außerdem dürfen in einem Rettungswagen nach dem Gesetz keine Tote und damit auch keine Hirntote transportiert werden.[2]

Die Ärzte befürchten einerseits, dass die Angehörige an die Öffentlichkeit gehen und dass sie von den Angehörigen gerichtlich angeklagt werden. Sie wollen daher verständlicher Weise dieses brandheiße Eisen loswerden. Daher trägt ein Oberarzt auf der Todesbescheinigung "ungeklärt" ein, damit die Staatsanwaltschaft als unabhängige Stelle den Fall übernimmt und somit staatlich gesicherte Rechtssicherheit herstellt. Doch mit diesem "ungeklärt" gaben die Ärzte alle Handlungsmöglichkeiten an die Justiz ab. Für die Eintragung "ungeklärt" muss die Kriminalpolizei klären und bestimmt, dass die intensivmedizinische Therapie weiter fortgesetzt werden muss. Der Staatsanwalt lässt sich mit seiner Entscheidung Zeit, die Michael F. dazu nutzt, beim Gerichts seines Heimatortes eine einstweilige Verfügung zu erwirken, dass die intensivmedizinische Behandlung weiter fortgesetzt werden muss, denn für ihn lebt noch seine Frau. Ein Gutachter wird später feststellen, dass Petra F. an den Folgen ihrer Krebserkrankung gestorben ist, somit natürlicher Tod.[1]

Als die Amtsrichterin von Michael F. und dessen Sohn von den Bewegungen von Petra F. hört, kommen ihr "nicht zu beseitigende Zweifel", dass Petra F. hirntot sei. Entgegen aller Argumente der Ärzte ordnet die Richterin an, dass die intensivmedizinische Therapie wie auch die Krebstherapie fortgesetzt werden muss.[Anm. 1] Doch gerade dies wollte das Klinikpersonal - Ärzte und Pflegekräfte - mit diesem "ungeklärt" verhindern. Nun aber wurden sie gerichtlich dazu verpflichtet. Auch wies die Amtsrichterin den Antrag der Klinik zurück, dass Familie F. für die Behandlungskosten seit der Feststellung des Hirntodes aufzukommen. Die Krankenkassen zahlen jedoch nach der Todesfeststellung keine Weiterbehandlung, dies gilt auch bei Hirntod.[1]

Am 21.10.2023 zog das Klinikum Frank Erbguth, er war über 20 Jahre Chef der Neurologie am Klinikum Nürnberg, für eine erneute HTD hinzu. Auch er stellte den Hirntod fest. Da der Ehemann über diesen Schritt nicht informiert war, empfand die Anwältin der Familie dies als „hinterrücks“. Für den Ehemann und den Sohn lebt die Hirntote. Daher wehrten sie sich sogar gerichtlich gegen eine Beendigung der künstlichen Beatmung, was zum Herzstillstand binnen Minuten führen würde.[2]

Die Klinik wollte die Therapie beendet wissen und holte daher den Neurologen Frank Erbguth hinzu. Auch er führte eine HTD durch und belegte in seinem 30-seitigen Gutachten: "Zweifellos ist Frau F. seit dem 29. September 2023, 22 Uhr hirntot." Dies war das Datum, an dem die erste HTD an Petra F. durchgeführt wurde. Dem Landgericht Weiden reichte das im Berufungsverfahren nicht aus. Die Richter bestätigten am 21.11.2023 das Urteil der Amtsrichterin auf Weiterbehandlung bis zur Hauptverhandlung am 20.12.2023. Nun bestellte das Landgericht die Neurologin Stefanie Förderreuther als Gutachterin für eine erneute HTD. Ein Fall, wie dieser sei ihr noch nie untergekommen. Petra F. ist schon lange hirntot. Die Richter hören Stefanie Föderreuther an und vertagt sich. Mitte Januar 2024 will man sich wieder treffen. Doch am 12.01.2024 bleibt für immer das Herz von Petra F. stehen.[1]

Vor einer Gerichtsverhandlung habe der Ehemann sich in die Materie eingelesen und verschiedene „Fachleute“ kontaktiert, wobei es sich wohl um Kritiker des Hirntodkonzepts handeln dürfte. So telefonierte der Ehemann vor der Gerichtsverhandlung mit Rainer Beckmann, seit 2000 Richter am Amtsgericht Würzburg.[2] In den Jahren 1996 bis 2020 veröffentlichte Rainer Beckmann mindestens 6 Artikel, in denen er die Gleichsetzung von Hirntod und Tod des Menschen bestreitet. Da sich die Familie gegen die Durchführung der HTD wehrte, stellt sich die Frage, ob sie dies aus dem von Adelheit von Stösser am 13.01.2020 verfassten offenen Brief an die Mitglieder des deutschen Bundestags hat.[3]

"Die 1. Zivilkammer am Landgericht Weiden fällt am Freitag ein eindeutiges Urteil. Aus Sicht der Richter ist der Hirntod an einer 58-jährigen Patientin im Klinikum Weiden im September völlig korrekt festgestellt worden."[4]
"Links Anwältin Alexandra Glufke-Böhm, rechts Klinik-Justiziarin Dr. Christa Kraemer und Anwalt Dr. Philip Schelling. Foto: Christine Ascherl"[4]
"Damit wäre der Totenschein mit Datum vom 29. September 2023 gültig. Ab diesem Zeitpunkt zahlt die Krankenkasse nicht mehr. Für die 106 Tage der Behandlung auf der Intensivstation müsste damit die Familie aufkommen. Der Betrag ist sechsstellig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich."[4]


Fazit

Die Familie F. verschließt die Augen vor der Realität und klaget über mangelnde Klarheit. Statt dessen klagen sie über das "zermürbenden Verfahren“ und sprechen davon, dass alles "grausam" ist. Sie fordern seit September Untersuchungen und verhindern die Durchführung der Hirntoddiagnostik. Als diese gerichtlich angeordnet durchgeführt und der Hirntod festgestellt wurde, erkennen sie es nicht an, dass die Ehefrau und Mutter tot ist. Sie blockieren alles und stellen sich als Opfer dar. Ja, sie sind Opfer. Opfer, dass sie um eine Verstorbene zu trauern haben. Alle andere Beschwernisse verursachen sie sich selbst. Es entsteht der Eindruck, dass sie von Gegnern des Hirntodkonzepts nicht nur verblendet, sondern vielleicht auch instrumentalisiert wurden. Damit sind sie Opfer der Gegner des Hirntodkonzepts.

Doch müssten im Angesicht des Todes nicht andere Maßstäbe gelten? Müssen Gerichte nicht auch die sozialen Folgen beachten: die vielwöchige mentale Belastung der Pflegekräfte und Ärzte, die eine Tote versorgen müssen? Die enormen Ausgaben (bis zu 2.000 Euro kann eine Intensivbehandlung am Tag kosten), ein für Notfälle monatelang nicht verfügbares Intensivpflegebett? Weder die Richter noch der Gerichtspräsident wollen sich dazu äußern.[1]
Stirbt doch jemand, muss eine Katastrophe dahinterstecken, mindestens muss jemand einen Fehler gemacht haben. Deshalb fordern Angehörige Krankenakten an und laufen zu Anwälten und Gerichten. Deshalb behandeln Ärzte lieber zu viel als zu wenig, um sich nichts vorwerfen zu lassen. Deshalb kann eine Amtsrichterin die Todesfeststellung von vier Ärzten nicht akzeptieren, wenn ein Angehöriger ein Augenkneifen gesehen haben will. Deshalb zieht sich ein Gericht auf die formale Verfahrensweise zurück. Bürokratische Prozesse sind mehr wert als die Wahrung der Totenruhe.[1]



Anhang

Anmerkungen

  1. Persönliche Anmerkung: "Wenn man schon keine Ahnung hat, sollte man den Mut zur Entscheidung haben." Die Amtsrichterin scheint diesem Spruch gefolgt zu sein.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Kasten Poleke-Majewski: Petra darf nicht sterben. In: Die Zeit (11.07.2024). Nach: https://www.zeit.de/2024/30/medizin-hirntod-rechtsstreit-krankenhaus-gericht?freebie=5c6fc77a Zugriff am 12.08.2024.
  2. a b c d Ascherl, Christine: Patientin gilt als hirntot: Familie wehrt sich gegen Abschalten. In. Oberpfalzecho (22.11.2023) Nach: https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/patientin-gilt-als-hirntot-familie-wehrt-sich-gegen-abschalten. Zugriff am 29.11.2023.
  3. Adelheid von Stösser: Widerspruch tut Not. (13.01.2020) Nach: https://pflegeethik-initiative.de/2020/01/13/widerspruch-tut-not Zugriff am 29.11.2023.
  4. a b c https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/landgericht-weiden-kein-zweifel-an-hirntoddiagnose Zugriff am 01.12.2024.